Geduldsprobe im Amtsgericht: Angeklagte schweigen, Zeuge fehlt

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Das Amtsgericht Ebersberg. © PETER KEES

Dass es am Ebersberger Amtsgericht nicht immer zu einem Urteil kommt, zeigte die jüngste Verhandlung: Weil die drei Angeklagte nicht aussagen wollten und vom einzigen Zeugen jede Spur fehlte, musste der Richter das Verfahren vertagen.

Ebersberg – Es ist bereits kurz nach 11 Uhr, als der Angeklagte – Pferdeschwanz, blaue Jogginghose und Bergschuhe – in den Sitzungsaal des Ebersberger Amtsgerichtes spaziert. Verstohlen blickt er in Richtung des Richtertisches, aus seinem Mund brummt ein schmales „Tut mir leid“. Rund eine Stunde warten Vorsitzender, Staatsanwältin, zwei Dolmetscherinnen und seine beiden Mitangeklagten zu diesem Zeitpunkt schon auf den Italiener.

Der hatte auf kurzzeitige Nachfrage von Richter Frank Gellhaus noch am Telefon versichert, er sei „in zehn Minuten da“. Dass der Mann, vielleicht kulturell bedingt, ein etwas anderes Zeitverständnis hat, soll aber nicht die einzige Geduldsprobe bleiben, der sich das Gericht an diesem Verhandlungstag stellt.

„Das kann was werden“: Zeuge erscheint nicht, Angeklagte wollen nicht aussagen

Denn während der dritte Angeklagte im Bunde trotz ordentlicher Verspätung erschienen ist, fehlt von dem einzig geladenen Zeugen bisweilen noch jede Spur. „Na, das kann ja was werden“, kommentiert Richter Gellhaus das Geschehen seufzend. Auf der Anklagebank brabbeln die zwei peruanischen Brüder (26 & 35) und der Italiener indessen aufgebracht mit ihren Dolmetscherinnen.

„Er möchte nichts aussagen“, gibt die Übersetzerin des 42-jährigen Italieners kurz darauf an den Richtertisch weiter. Ebenso wollen es die Geschwister aus Peru halten. „Wir haben das schon untereinander ausgemacht. Es ist alles in Ordnung“, winkt der Zahnarzthelfer (26) die eigentlich zu verhandelnde Rangelei zwischen dem Trio ab.

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Rangelei bringt Trio vor Gericht: Richter muss Verhandlung aussetzen

Vor über einem Jahr sollen die Männer in einer Grafinger Pizzeria heftig aneinandergeraten seien. Bei dem Streit soll der Italiener (42) zunächst mit einem Besen auf die beiden Brüder eingeschlagen haben. Gemeinsam seien diese anschließend auf ihren Peiniger losgegangen, hätten ihn auf den Boden geschubst und mit den Füßen auf ihn eingetreten. Der Münchner habe dabei eine blutende Kopfplatzwunde erlitten, einer seiner Zähne sei abgebrochen.

Mir ist das egal, ich bin jeden Tag hier.

Vor Gericht winkt der Mann den Vorfall jedoch mit einer schnellen Handbewegung ab. „Darüber gibt es nichts weiter zu sagen“, erklärt er augenrollend. Es habe sich schlichtweg um einen familiären Konflikt gehandelt – und der sei schon geklärt. „So läuft das hier aber nicht“, mahnt Richter Gellhaus mittlerweile in deutlich energischerem Ton. „Ich möchte schon gerne wissen, was damals passiert ist.“ Von den drei Angeklagten erhält er keine Antwort.

„Gut, dann müssen sie halt nochmal kommen. Mir ist das egal, ich bin jeden Tag hier“, prophezeit der Vorsitzende den Männern. Da der Zeuge nicht erschienen ist, müsse das Verfahren verschoben werden. Die Mahnung scheint das Trio nicht sonderlich zu bekümmern, also setzt der Richter die Verhandlung nach zwei Stunden aus. Damit es beim nächsten Termin vorwärtsgeht, lässt er den Zeugen polizeilich vorführen.

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