Nach Rede des US-Präsidenten - Trumps Aussagen über Ukraine und Panama im Check: Was wahr war - und was Lüge
Tumulte, Sprechchöre und ein Saalverweis - die erste Rede von US-Präsident Donald Trump seit seiner Wiederwahl vor dem Kongress sorgte für unterschiedlichste Reaktionen. Trump lobte darin zunächst einmal sich selbst und die bisherige Arbeit seiner Regierung, die in 43 Tagen nach seiner Ansicht mehr erreicht hat als andere US-Regierungen in vier oder acht Jahren. "Und wir fangen gerade erst an", sagte Trump.
Während seiner 100-minütigen Rede vor beiden Kammern des US-Parlaments stellte Trump zahlreiche Behauptungen auf, unter anderem zum Krieg in der Ukraine, zum Handelsstreit, zur Einwanderung oder zum Klimawandel. Deutsche-Welle-Faktencheck hat zentrale Aussagen überprüft.
Donald Trump wiederholte vor dem Kongress seine Behauptung, dass die USA bislang mehr als drei Mal so viel Hilfe geleistet hätten wie die europäischen Partner.
Behauptung: "Wir haben vielleicht 350 Milliarden Dollar ausgegeben. (...) Und sie (die Europäer, Anm. d. Red.) haben 100 Milliarden Dollar ausgegeben. (...) Biden hat mehr Geld für diesen Kampf genehmigt als Europa ausgegeben hat."
DW-Faktencheck: Falsch.
Donald Trump stellte diese Behauptung bereits im Februar auf, lieferte dafür aber keine Belege. Öffentlich zugängliche Quellen sprechen eine andere Sprache: Nach Zahlen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) belaufen sich die US-Hilfen an die Ukraine seit Russlands Invasion im Februar 2022 bis zum 31. Dezember 2024 auf 128 Milliarden US-Dollar.
Demgegenüber stehen knapp 290 Milliarden Dollar, die Europa (inkl. der Türkei) bereitstellt. Also ein völlig anderes Verhältnis der Ukraine-Hilfen zwischen den USA und Europa, als Trump es darstellt. Die Zahlen stammen aus dem "Ukraine Support Tracker", mit dem der deutsche Think Tank IfW die militärische, finanzielle und humanitäre Hilfe für die Ukraine erfasst.
Das US-Verteidigungsministerium berichtet von rund 183 Milliarden US-Dollar
Während das IfW nur die direkt an die Ukraine geleistete Unterstützung berücksichtigt, weichen die Zahlen anderer Erhebungen davon ab, da andere Leistungen erhoben werden, wie zum Beispiel die Wiederauffüllung von US-Waffenbeständen nach Lieferungen an die Ukraine.
Die US-Regierung selbst erhebt Daten zur Ukraine-Hilfe, die ebenfalls nicht mit den Zahlen von Trump übereinstimmen. Laut der Ukraine-Aufsichtsarbeitsgruppe der US-Regierung beläuft sich der US-Beitrag zur Ukraine-Hilfe auf insgesamt 203 Milliarden Dollar.
"Seit der großangelegten Invasion Russlands in die Ukraine im Februar 2022 hat der Kongress fast 183 Milliarden Dollar für die Operation Atlantic Resolve und die umfassendere Ukraine-Reaktion bewilligt oder anderweitig verfügbar gemacht. Zusätzlich haben die Vereinigten Staaten 20 Milliarden Dollar an Krediten im Rahmen der außergewöhnlichen Einnahmenbeschleunigungsinitiative der G7-Nationen bereitgestellt." Auch das US-Verteidigungsministerium berichtet von jenen rund 183 Milliarden US-Dollar.
Es kommt bei der Frage, wer die Ukraine bislang mit wie viel unterstützt hat, also darauf an, welche Leistungen man einbezieht. Legt man die einheitliche Berechnung des Ukraine Support Tracker zu Grunde, haben die europäischen Nationen einschließlich der Institutionen der Europäischen Union deutlich mehr Hilfen an die Ukraine geleistet als die USA, wie ein DW-Faktencheck von Ende Februar nachgewiesen hat.
Trump sagt: "Panamakanal wurde von Amerikanern für Amerikaner gebaut"
Trump wiederholte eine weitere ältere Behauptung: Bereits bei seiner Antrittsrede zur Amtseinführung am 20. Januar kündigte der Republikaner an, dass er den Panamakanal wieder "zurückholen" wolle, vor dem Kongress legte er nun nach.
Behauptung: "Der Panamakanal wurde von Amerikanern für Amerikaner gebaut, nicht für andere. Aber andere konnten ihn nutzen. Doch er wurde unter enormen Kosten an amerikanischem Blut und Vermögen gebaut. 38.000 Arbeiter starben beim Bau des Panamakanals (…) Wir haben ihn an Panama gegeben, und wir holen ihn zurück."
DW-Faktencheck: Falsch.
Zunächst einmal war der Panamakanal kein Geschenk der USA an Panama, wie Donald Trump bereits mehrfach behauptetet hat, sondern das Ergebnis langer Verhandlungen, wie ein DW-Faktencheck zeigt.
38.000 Tote beim Bau des Panamakanals?
Grundlage waren zwei Abkommen: Der Panamakanalvertrag, der festlegte dass die Kontrolle der USA über den Kanal am 31. Dezember 1999 endete (siehe Artikel 2, Absatz 2). Und der Neutralitätsvertrag besagt im Artikel 5, dass "nach der Beendigung des Panamakanalvertrags nur die Republik Panama den Kanal betreiben" dürfe.
Zur Aussage Trumps, dass der Kanal von Amerikanern gebaut wurde und dass die Vereinigten Staaten dabei 38.000 Todesopfer zu beklagen gehabt hätten: Die tatsächlichen Zahlen liegen weit darunter.
In der Tat waren die Arbeitsbedingungen beim Bau des Panamakanals, der von den Franzosen begonnen wurde, nach heutigen Maßstäben unmenschlich hart. Die Arbeitsbelastung, aber auch Krankheiten führten zu zahlreichen Toten auf den Baustellen. Auf der Website der Panamakanal-Behörde wird die Zahl der Todesopfer mit etwa 25.000 angegeben.
Laut Krankenhausaufzeichnungen starben 5609 Menschen an Krankheiten und Unfällen während der amerikanischen Bauzeit, in der insgesamt mehr als 55.000 Menschen beschäftigt waren. Die US-Gesundheitsbehörde "Centers for Disease Control and Prevention" (CDC) hat festgestellt, dass die meisten Todesfälle auf Krankheiten zurückzuführen waren.
"Während des Baus des Kanals in den 1880er Jahren starben mehr als 22.000 Arbeiter aus Frankreich, viele von ihnen an Malaria und Gelbfieber, bevor die Ursachen dieser tropischen Krankheiten bekannt waren."
Fast alle Arbeiter beim Bau des Panamakanals aus Barbados
Experten sehen dabei die Todeszahlen der US-Arbeiter im dreistelligen Bereich: Matthew Parker, Autor des Buches "Hell's Gorge: The Battle to Build the Panama Canal", stellt fest, dass fast alle Menschen, die während der US-amerikanischen Bauzeit starben, aus Barbados kamen.
In einem Interview mit der BBC sagte er: "Nur etwa 300 waren Amerikaner." Der inzwischen verstorbene Historiker David McCullough, Autor eines anderen Buches über den Bau des Kanals, schrieb: "Die Zahl der weißen Amerikaner, die ums Leben kamen, betrug etwa 350".
Von Monir Ghaedi, Uta Steinwehr, Aldo Sanchez Vera, Joscha Weber
Das Original zu diesem Beitrag "Faktencheck: Donald Trumps Rede vor dem US-Kongress" stammt von Deutsche Welle.