Aufruhr beim Diakonieverein: Rücktritte gefordert

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Tegernsee
  4. Gmund

Kommentare

Die Protestaktion der Diakonie-Mitarbeiter fand während einer Sitzung des Verwaltungsrats statt. Gefordert sind Rücktritte. © Marlies Breitensträter

Ein Jahr nach dem Tod des Diakonieverein-Chefs Eberhard Ziegler ist der Zwist um die Führung neu entbrannt – heftiger als zuvor. Mitarbeiter fordern den Rücktritt von Bernhard Wolf, Leiter des Verwaltungsrats. Dessen Sitzung störten sie gestern mit einer Protestaktion – und drohten mit Streik.

Gmund - Es ging laut zu bei der Protestaktion, deren Wucht Bernhard Wolf und sein Team am Dienstag fassungslos zurückließ. Der Verwaltungsrat, das Führungsgremium des Diakonievereins Tegernseer Tal, hatte sich im Verwaltungssitz in Gmund getroffen, um über das Budget der Tafel, über Zuständigkeiten und Befugnisse zu befinden, als eine wütende Mitarbeiterschar hineinstürmte und einen diktatorischen Führungsstil beklagte. Ihren Protest hatten sie auch auf Plakate geschrieben, mit denen sie sich anschließend fürs Foto vor dem Haus postierten.

Protestaktion mit Plakaten

„Wolf und Zierer raus“ war auf den Plakaten zu lesen, „Manipulierte Verwaltungsratswahl“ und „Demokratie statt Diktatur!“. Auslöser war die Entscheidung Wolfs, drei neue Verwaltungsratsmitglieder zu berufen, um deren Zahl wieder auf sechs aufzustocken. Bei einer Sitzung am 3. Juni hatte er Christine Zierer, Gmunds Dritte Bürgermeisterin, Andreas Kopp-von Freymann, evangelischer Pfarrer in Gmund und Schaftlach, sowie Rudolf Kühleis als neue Mitglieder begrüßt.

Die Bestellung neuer Verwaltungsräte durch den Vorsitzenden sei legitim, versichert Wolf. Laut Rechtsberatung des Landesverbands sei sein Vorgehen absolut richtig: „Und wir haben jetzt einen kompetenten Verwaltungsrat.“

Rückendeckung für Geschäftsführerin Fino

Im Hintergrund jedoch tobt ein schwer durchschaubarer Machtkampf. Eine knappe Stunde nach der Protestaktion überreichten drei Vertreter des Diakonievereins in unserer Redaktion eine schriftliche Erklärung und sprachen über die Situation: die ehemalige Verwaltungsratsvorsitzende Marlies Breitensträter, Pflegedienstleiterin Szilvia Mehringer und Peter Wagner, Fahrer bei der Tagespflege und ehrenamtlicher Helfer bei der Tafel.

Sie berichteten Folgendes: Der Vorsitzende Wolf, dem Breitensträter erst vor drei Monaten das Amt übergeben hatte, benehme sich wie ein Despot und wolle offenkundig Daniela Fino austauschen. Wie berichtet, hat Fino seit Juli 2024 eine Doppelfunktion. Die 52-Jährige ist nicht nur Verwaltungsleiterin, sondern auch Geschäftsführerin. Als solche hat sie die Nachfolge von Eberhard Ziegler übernommen, der im Juni 2024 überraschend gestorben war.

Differenzen im Verwaltungsrat

Die letzten Monate seiner Zeit an der Spitze des Diakonievereins waren vom Ringen um die Führung geprägt gewesen. Damals hatte Christine Zierer auf eine Neuordnung gedrängt. Die Zeichen standen auf Neuanfang, als der Verwaltungsrat mit Fino die Wunschkandidatin Zieglers mit dem Posten betraute.

Doch in der jetzt vorgelegten Erklärung ist von „unüber㈠brückbaren Differenzen“ in der Zusammenarbeit mit Wolf die Rede. Die beiden Verwaltungsräte Wolfgang Breitensträter – Ehemann von Marlies Breitensträter – und Inge Kirchberger fühlten sich den „verbalen Angriffen und eigenmächtigen Handlungen von Wolf“ hilflos ausgesetzt. Darum fordere man seinen Rücktritt, ebenso den von Zierer.

Um den Gesprächstermin in der Redaktion hatte am Dienstag Danielo Fino gebeten, sich persönlich aber wegen Krankheit entschuldigt. Sie fehlte auch bei der Sitzung des Verwaltungsrats, so wie auch schon bei vorangegangenen Treffen.

Rücktritte, sonst Streik

Es kriselt deutlich zwischen ihr und Wolf, dem ehrenamtlichen Chef eines Vereins, der als sozialer Träger im Tegernseer Tal ambulante Pflege leistet, die Tagespflege Hiltl führt, dazu die Tafel und das Sozialkaufhaus Ringelsocke. „Wir bekommen viel Lob“, berichtet Pflegedienstleiterin Mehringer. Etwa 45 Mitarbeiter sind beim Diakonieverein angestellt, dazu kommen etwa ebenso viele ehrenamtliche Helfer.

Mehringer fürchtet, dass Pflege-Mitarbeiter kündigen, wenn die Spannungen anhalten. Die Protestaktion ist noch nicht der letzte Schritt. Wenn Wolf und Zierer der Aufforderung zum Rücktritt nicht bis nächste Woche nachkämen, folge ein Streik, kündigt Mehringer an: „Dann machen wir die Tagespflege zu und in der ambulanten Pflege nur das Nötigste.“

Wolf denkt nicht an Rücktritt. Er sieht sich als Brückenbauer und will mit den neu benannten Verwaltungsräten über das weitere Vorgehen beraten. Danach werde man eine Erklärung abgeben.

Auch interessant

Kommentare