Strafverfahren statt Krypto-Gewinn für Raistinger

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Der Fall wurde am Amtsgericht in Weilheim verhandelt (Symbolfoto). © dpa

Auf merkwürdige Weise war Geld auf dem Konto eines Raistingers gelandet, was den Verdacht auf Geldwäsche erhärten ließ. Vor dem Weilheimer Amtsgericht gab er aber an, selbst betrogen worden zu sein.

Raisting – Knapp über 4400 Euro kriminellen Ursprungs soll der 75-jährige Angeklagte in den vergangenen Jahren ins Ausland weitervermittelt und sich folglich als „Finanzagent“ strafbar gemacht haben, lautete der Vorwurf der Staatsanwaltschaft.

Ihren Anfang hatte die Geschichte bereits vor einigen Jahren genommen, erklärte der Raistinger und gab an, im Jahr 2019 „aus Spaß“ mit dem Handel von Kryptowährungen begonnen zu haben. Zunächst habe er nur 250 Euro eingezahlt. Im Fall eines Minusgeschäfts sei diese Summe nämlich noch leicht zu verkraften, beschrieb er seinen Gedankengang.

Aus seinen 250 Euro sei mehr geworden: Tausende von Euro

Ganz entgegen seiner Befürchtungen habe ihn bald die frohe Botschaft erreicht – aus seinen 250 Euro sei mehr geworden, deutlich mehr, Tausende von Euro. Die Freude habe dem Raistinger zufolge aber nicht lange angehalten. Auf seinen erzielten Gewinn habe er nämlich keinen Zugriff gehabt und die 250 Euro offensichtlich doch „in den Sand gesetzt“, war er sich damals sicher gewesen.

Bald darauf sei er allerdings von einer unbekannten Person kontaktiert worden, die ihm überraschenderweise die Auszahlung seines Gewinns in Aussicht gestellt hatte. An seinen Profit würde er jedoch nur mittels einer einmaligen Zahlung in Höhe von 2400 Euro herankommen, habe man ihm mitgeteilt. Da er auf seinen großen Gewinn keinesfalls hatte verzichten wollen, sei er der Forderung nachgekommen.

Kriminelle fordern hohe Geldsummen

Dabei war es in der Folge jedoch nicht geblieben. Anschließend hätte er auch noch eine Versicherung in Höhe von 3000 Euro abschließen sollen. Als ihm dies dann doch zu merkwürdig erschienen war, habe man ihn im nächsten Schritt an eine andere Kontaktperson weitervermittelt. Während eines ständigen Hin und Her, im Zuge dessen er regelmäßig größere und kleinere Geldbeträge weiterüberwiesen hatte, habe er dem zwielichtigen Vorgang schließlich selbst ein Ende bereitet. Bei den Beträgen, so hieß es ihm gegenüber, würde es sich um Bearbeitungsgebühren handeln, die angeblich den Mitarbeitern seiner Kontaktperson, mit der er telefonisch sowie per Mail in Kontakt gestanden hatte, zugute kämen.

Ein Schreiben der Kriminalpolizei ließ anschließend nicht lange auf sich warten. „Bei 250 Euro hätte ich in 100 Jahren nicht an Geldwäsche gedacht“, beteuerte der Angeklagte. „Jemand schuldet ihnen etwas und sie müssen erst einen Betrag zahlen, um ihr eigenes Geld zu bekommen?“, fasste es der Staatsanwalt stirnrunzelnd zusammen und fragte, wie man denn einen solchen Vorgang als legitim erachten könne. „Ich hatte ja zuvor nie mit so etwas zu tun“, er habe lediglich versucht, an das Geld zu kommen, entgegnete der Mann.

Staatsanwalt erstaunt über Ermittlungsakten

Zum Erstaunen des Staatsanwalts traten die Geschädigten in den Ermittlungsakten kaum auf. Es sei doch sicherlich sehr sinnvoll, diese zu vernehmen, wollte man ein ewiges „Stochern im Dunklen vermeiden“, vermutete er. Eine Polizeibeamtin erklärte im Anschluss, dass eine Vernehmung zumeist nur dann erfolge, wenn die geschädigte Person auch eine Anzeige erstattet. Gerade bei Geldwäscheverfahren sei die Zahl an möglichen Geschädigten oft sehr groß und manchmal einfach „nicht handlebar“, sagte sie.

Hinsichtlich der zahlreichen weitertransferierten „Bearbeitungsgebühren“ handelte es sich demzufolge wohl um das Geld der Opfer, die mitunter auf ähnliche Betrugsmaschen hereingefallen waren wie der Raistinger selbst.

Inmitten der lebhaften Debatte erklärte der Staatsanwalt plötzlich, eine Einstellung des Verfahrens – gegen eine Geldauflage von 500 Euro – zu fordern. Eine gänzliche Aufklärung sei mit einem „unverhältnismäßigen Aufwand“ verbunden.

Der Raistinger hatte zuvor mehrfach betont, auf Nachfrage eine Kopie des Ausweises seiner Kontaktperson erhalten zu haben. Den Mann auf dem Ausweis gibt es bestimmt, „der hat aber nichts damit zu tun“, vermutete der Staatsanwalt. Die Kriminellen hätten das Dokument sicherlich „irgendwo abgegriffen“. Dahinter könnte sich ein großes Netzwerk verbergen, bei dem wohl „auch die Geldempfänger noch nicht die Täter sind“, befürchtete er. Das Gericht nahm seinen Vorschlag an. „Finger weglassen“, mahnte Richterin Isabelle von Heydebrand künftig zur Vorsicht. Florian Zerhoch

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