Erste Einbürgerungsfeier in Weilheim-Schongau: Ehemalige Flüchtlinge freuen sich über deutschen Pass

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Die neuen deutschen Staatsbürger hatten viel Spaß bei der ersten Einbürgerungsfeier im Landkreis. Mit dabei auch Mohammad Abuhajeb (hintere Reihe, der rechte mit weißem T-Shirt) und Mohamed Khalaf (vordere Reihe mit Tochter auf dem Arm). © landratsamt

Erstmals hat eine Einbürgerungsfeier im Landkreis Weilheim-Schongau stattgefunden. Wir sprachen mit zwei ehemaligen Flüchtlingen, die sich über ihren deutschen Pass freuen.

Landkreis – Als Willkommensgeste und symbolischen Akt hat das Landratsamt die Feier im Hohenpeißenberger Haus der Vereine ausgerichtet. Denn die Einbürgerung markiere einen wichtigen Schritt in Richtung Zugehörigkeit, sagte Landrätin Andrea Jochner-Weiß. „Integration ist keine einfache Aufgabe und keine schnelle Angelegenheit. Sie ist ein langfristiger, vielschichtiger und auf Nachhaltigkeit ausgerichteter Prozess“, so die Landrätin. Beide Seiten seien in diesem Prozess gefordert: die einheimische Mehrheit und die zugewanderte Minderheit. „Alle Beteiligten müssen aktiv mitarbeiten. Jeder hat seinen Beitrag zum Gelingen der Integration zu leisten“, sagte sie.

Den deutschen Pass haben zum einen Bürger aus anderen EU-Staaten und Nord- und Südamerika bekommen, Menschen aus der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien, aber auch viele Kriegsflüchtlinge – fast die Hälfte der 50 eingebürgerten Menschen stammen aus Syrien.

Einbürgerungsfeier in Weilheim-Schongau: Ehemalige Flüchtlinge freuen sich über deutschen Pass

Darunter ist auch Mohammad Abuhajeb. Der 32-Jährige war ein staatenloser Palästinenser, der in Syriens Hauptstadt Damaskus geboren wurde – „selbst mein Vater war noch ein Kind, als er nach Syrien gekommen ist“, erzählt Abuhajeb. Er flüchtete 2014 vor dem Krieg zuerst in die Türkei, wo er 18 Monate verbrachte, eher er über die Balkanroute nach Deutschland kam. Sein Vater war zu dem Zeitpunkt bereits in Bayern, er war schon früher geflüchtet, der Rest der Familie kam einen Monat später an. Nach einer ersten Unterkunft in Eberfing lebt Abuhajeb jetzt in Schongau, in einer Wohnung zusammen mit seinem Bruder sowie den Eltern als Nachbarn. „Ich habe noch zwei Schwestern, die in Hamburg leben, und zwei weitere, die geheiratet haben und nach Jordanien gezogen sind“, sagt der 32-Jährige.

Die Anfangszeit in dem für ihn fremden Land war schwer, gibt er zu, weil er nur einen vorläufigen Schutzstatus hatte und er im Hinterkopf immer die drohende Abschiebung hatte. Doch Abuhajeb hat sich reingehängt, zusammen mit seinem Bruder einen Sprach-Aufbaukurs in Weilheim absolviert und so neben der Aufenthalts- auch die Arbeitserlaubnis bekommen. Dass das nicht selbstverständlich ist, zeigt das Beispiel seiner Mutter, die sich mit der Sprache schwer tat und abgeschoben wurde, während sein Vater bleiben durfte.

Beispiele gelungener Integration

Als gelernter Monteur, der in der Türkei als Tischler gearbeitet hat, war Abuhajeb eine begehrte Arbeitskraft: Zusammen mit seinem Bruder arbeitet er jetzt als Heizungsbauer bei einer Altenstadter Firma. Die Einbürgerungsformalitäten seien verhältnismäßig einfach gelaufen: Innerhalb eines Jahres nach dem Antrag kam die Zusage. „Das war deutlich schneller als bei der Aufenthaltsgenehmigung“, sagt Abuhajeb. Derzeit hat er Probleme, wie sie viele andere auch haben: Er wohnt noch mit seinem ein Jahr älteren Bruder zusammen, doch der hat eine Freundin – „ich muss jetzt raus und mir selbst eine Wohnung suchen“, sagt Abuhajeb.

Ähnlich ist der Werdegang von Mohamed Khalaf (28). Auch er war ein staatenloser Palästinenser, der in Syrien gelebt hat und im Oktober 2015 nach Deutschland kam – allerdings nicht auf einer gefährlichen Fluchtroute, sondern bequem per Flugzeug. „Bei mir lief das über den Familiennachzug. Ich habe dafür ein Visum von der Botschaft im Libanon bekommen“, sagt er.

Zwei Jahre zuvor war seine acht Jahre ältere Schwester mit Mann und zwei Kindern übers Mittelmeer geflohen – ihr Sohn hatte eine Nierenkrankheit, die in Syrien nicht behandelt werden konnte. Deshalb wagte die Familie den Schritt, in Deutschland konnte dem Kind erfolgreich eine Niere des Vaters transplantiert werden. Die Familie der Schwester lebt in Weilheim, wo auch Khalaf sesshaft geworden ist.

Lange Suche nach größerer Wohnung - „Wir wohnen alle in einem Zimmer“

Schon einen Monat nach seiner Ankunft hat er in der Berufsschule Weilheim die frisch eingerichtete Flüchtlingsklasse besucht und 2017 mit der Ausbildung zum Konstruktionsmechaniker bei einer Peißenberger Firma angefangen. Es folgten noch Weiterbildungen innerhalb des Unternehmens wie ein Schweißerkurs, den er in München absolviert hat.

In Syrien war Khalaf auf dem Gymnasium, musste wegen des Krieges kurz vor dem Abitur die Schule abbrechen. „Eigentlich wollte ich Jura studieren, aber der Job hier macht mir sehr viel Spaß“, sagt Khalaf. Irgendwann hat er sich für den deutschen Pass interessiert, alle geforderten Zeugnisse vorgelegt und schließlich die Einbürgerung geschafft – für ihn etwas Besonderes: Als Staatenloser hatte er in Syrien auch keinen Pass, es ist also das erste beglaubigte Ausweisdokument seines Lebens.

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Mittlerweile ist Khalaf verheiratet, hat zwei Kinder im Alter von zweieinhalb Jahren sowie vier Monaten – und wie viele ein Wohnungsproblem: „Wir wohnen alle in einem Zimmer. Seit drei Jahren bin ich vergeblich auf der Suche“, sagt Khalaf frustriert. Vielleicht klappt’s ja mit dem deutschen Pass.

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