Benediktbeuern nimmt 80 neue Flüchtlinge auf: „Integration wird nur durch Sprache und Arbeit gelingen“
Benediktbeuern erwartet ab Anfang kommenden Jahres 80 neue Asylbewerber. Die Dorfgemeinschaft überlegt bereits jetzt, wie Integration gelingen kann.
Benediktbeuern – Trust Osadolor ist in Benediktbeuern angekommen. 2015 ist der junge Mann aus Nigeria nach Deutschland geflüchtet. Inzwischen arbeitet er als Geselle bei der Bäckerei Lugauer. In seiner Freizeit spielt der 29-Jährige bei den Sportfreunden Bichl Fußball. Nicht nur das Bäckerhandwerk, auch den bayerischen Dialekt hat er inzwischen schon gut verinnerlicht. „Die Leid warn für mi do“, sagt er.
Flüchtlinge kommen nach Benediktbeuern: Auch auf die Eigeniniative kommt es an
80 Asylbewerber werden ab Anfang kommenden Jahres nach Benediktbeuern kommen. Das Landratsamt baut derzeit eine Unterkunft für die Flüchtlinge. Schon jetzt überlegen Kommunalpolitiker, Vertreter der Kirchen und ehrenamtliche Helfer, wie die Menschen bestmöglich in die Gemeinde integriert werden können. Bei einem Pressegespräch im Dietrich-Bonhoeffer-Haus wird deutlich: Auch auf die Eigeninitiative der Flüchtlinge kommt es an.

22 Flüchtlinge sind derzeit in der Gemeinde untergebracht. Zwischen Ende Januar und Anfang Februar werden nach und nach die ersten Flüchtlinge in die Unterkunft einziehen, kündigt Bürgermeister Anton Ortlieb an. Erst mit den 80 weiteren Geflüchteten erfüllt Benediktbeuern die Quote, wie viele Menschen die Gemeinde gemessen an ihrer Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft aufnehmen muss.
„Landratsamt ist nicht Herr der Lage“: Bürgermeister kritisiert Bundespolitik
„Das Landratsamt ist nicht Herr der Lage“, kritisiert Ortlieb. Auch die Bundespolitik in Berlin müsse endlich die Probleme benennen. „Die Herausforderung ist zu groß, wir kommen an unsere Leistungsgrenzen.“ Aktuell „geht es nicht um Integration, sondern um Unterbringung“. Umso wichtiger sei es, zusammenzustehen. Benediktbeuern stelle mit seinem aktiven Asylhelferkreis eine Ausnahme im Landkreis dar. „Das funktioniert nur in einer Dorfgemeinschaft.“ Es gehe auch darum, den Bürgern die Angst zu nehmen.
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Man müsse „alles tun, damit diese Menschen gut hier ankommen“, sagte Gemeinderatsmitglied Rudi Mühlhans, der das Gespräch initiiert hatte. „Das wird eine enorme Anstrengung für alle.“ Aber: Fast alle Geflüchteten, die seit 2015 im Ort lebten, seien inzwischen gut integriert. „Die meisten gehen aus Not von ihrer Heimat weg“, so Mühlhans. „Wir sind gut beraten, sie dabei zu unterstützen.“ Er hofft, dass sich wieder viele Benediktbeurer ehrenamtlich engagieren. „Wir brauchen Menschen, die anpacken.“ Und: „Man bekommt unglaublich viel zurück.“
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„Immer nur jammern hilft nichts“: Diakon erinnert an Angela Merkel
Es sei eine „urchristliche Aufgabe, für Notleidende zu sorgen“, sagt Pfarrer Pater Bernhard Stiegler. „Wir sollten nach unseren Möglichkeiten dazu beitragen, in der Bevölkerung Ängste abzubauen und Vertrauen zu schaffen.“ Die evangelische Pfarrerin Cristina Burkert-Huber ergänzt: „Wir wollen uns um Menschen kümmern, die keine große Lobby haben.“
Diakon Hubertus Klingebiel, Vorsitzender des Nachbarschaftshilfevereins „Zammlebn“, erinnert an Angela Merkels Ausspruch „Wir schaffen das!“. „Das sollten wir uns wieder bewusst machen“, sagt Klingebiel. „Immer nur jammern hilft nichts.“ Integration sei auch bei 80 Asylsuchenden möglich.
„Es ist nicht die erste Flüchtlingswelle nach Benediktbeuern“, erinnert Marlies Sitzberger-Jall vom Asylhelferkreis. Es sei „zentral“, dass die Geflüchteten Deutsch lernen können. „Zumuten und Zutrauen“, auf diese zwei Dinge käme es an. Mit Unterstützung könnten die Flüchtlinge „eigene Kraft entwickeln“.
Bäckermeister: Handwerk und Wirtschaft braucht dringend neue Arbeitskräfte
Das Handwerk brauche dringend neue Arbeitskräfte, sagt Gemeinderat Anton Lugauer. „Woher sie kommen, ist egal, solange sie fleißig sind“, ergänzte der Bäckermeister. „Integration wird nur durch Sprache und Arbeit gelingen.“ Dem schließt sich Torsten Moebes, Geschäftsführer der Firma Elprog, an. Rund 40 Prozent seiner 130 Mitarbeiter hätten einen Migrationshintergrund. „Nur mit deutschen Arbeitskräften wird es nicht reichen.“
Infoabend
Der Nachbarschaftshilfeverein „Zammlebn“ lädt am Montag, 25. November, zu einem Informationsabend über die Hilfe für Geflüchtete ein. Beginn ist um 19.30 Uhr im Dietrich-Bonhoeffer-Haus.
Die Flüchtlinge seien auf Hilfe angewiesen, berichtet Lu-ul Sultan, der aus Eritrea nach Benediktbeuern gekommen ist und nun als examinierter Krankenpfleger arbeitet. „Mit der Unterstützung der Einheimischen kann man durch Wille und Motivation viel erreichen“, so Sultan. „Aber wenn ich etwas bekomme, dann muss ich auch etwas zurückgeben.“ (vfi)