Entsetzen bei der LAG: Gleich vier Ablehnungsbescheide
In Sachen Leader-Förderung ist im Kreis Miesbach völlig unerwartetes Knirschen im Gebälk aufgetaucht. Vier Projekte wurden (zunächst) abgelehnt. Das kannte man vorher nicht.
Klar, Michael Pelzer hält das europäische Förderprogramm Leader weiterhin für ein „faszinierendes Initiativprogramm zur zivilgesellschaftlichen Aktivierung“. Sonst wäre er nicht mehr Vorsitzender des Vereins Kreisentwicklung Miesbacher Land. Aber so, wie das im vergangenen Jahr abgelaufen ist, macht das weniger Spaß. Wie berichtet, haben die Projektträger viele Monate nach Abgabe ihres Förderantrags auf eine Reaktion warten müssen. Manche winkten ab, und jetzt das: Gleich vier Anträge hat das zuständige Amt für Landwirtschaft und Ernährung Rosenheim abgelehnt. Das war man bei der Lokalen Leader-Aktionsgruppe (LAG), also besagtem Verein, und bei der Regionalentwicklung Oberland aus der vergangenen Förderperiode nicht gewohnt. Bei der REO kümmert sich Michael Stacheter als Leader-Manager um die Projekte. Er und Pelzer fürchten ein Abebben ehrenamtlichen Engagements durch solche Entscheidungen und die langen Wartezeiten. Immerhin: Andere Anträge wurden bewilligt.
Völlig unterschiedliche Gründe für Ablehnung
„Viermal komplett unterschiedliche Gründe“ hätten zu den Ablehnungen geführt, sagt Pelzer. Bei der Naturkäserei Tegernseer Land lag es etwa daran, dass diese veraltete Unterlagen einreichte, die nicht mit denen der LAG zusammenpassten. Weniger schlimm, da die Kreuther ihre „Schaukäserei-Erlebniswelt“ nach dem Ausscheiden von Sophie Obermüller (wir berichteten) ohnehin etwas hintan gestellt habe, wie Stacheter berichtet. Auch die Sportler in Fischbachau müssen ihre gemeinsame Sportstätte in Lehenpoint ohne Leader-Geld bauen. Die Förderstelle betrachtete sie als Ersatzbau. Mehr oder minder aus heiterem Himmel kamen aber die Ablehnungen zu den Projekten „Kapelle und Erdstall erleben“ in Reichersdorf und „Pumptrack Hausham“. In beiden Fällen bekam das AELF Antwort: ein Widerspruchsschreiben.
Pumptrack: Mini-Formfehler führt zur Ablehnung
„In der Bürokratie stellt man eine Fehlervermeidungsstrategie über eine Erfolgsstrategie“, klagt Pelzer. Auf jede noch so kleine Formalie wird haarklein geachtet. So wie beim Pumptrack in Hausham. Im Projektbogen war ein Auswahlkriterium angekreuzt, jedoch fehlte ein kurzer Satz, in welcher Weise das Projekt das Kriterium erfüllt. „Keine nachvollziehbare Projektauswahl“ lautete daher das Urteil. Antrag abgelehnt. „Ein unangenehmer Punkt, denn der Fehler lag hier bei der LAG“, sagt Stacheter. Das Kriterium selbst spielt für die Förderfähigkeit des Projekts keine Rolle, ein Nachbessern ist aber nicht vorgesehen. Bleibt nur ein Neuantrag. Haushams Bürgermeister Jens Zangenfeind (FWG) allerdings strebt einen Widerspruch an. Es geht um rund 81 000 Euro bei einem Projektvolumen von 192 000 Euro.
Vermeintlicher „Umgehungstatbestand“ in Reichersdorf
Den hat die LAG beim ebenfalls abgelehnten Projekt „Kapelle und Erdstall erleben“ in Reichersdorf selbst eingelegt. Bereits bei der Beschlussfassung im sogenannten Entscheidungsgremium der LAG fiel das böse Wort „Umgehungstatbestand“ – da noch mit einem Fragezeichen dahinter. Pelzer erklärt, was es damit auf sich hat. Wie berichtet, war bei einem Sturm das Dach der Allerheiligenkapelle beschädigt worden. Da dessen Reparatur den größten Posten im 271 000-Euro-Projekt ausmacht, wird unterstellt, dass es in erster Linie um diese Maßnahme geht, die so nicht mit Leader-Geldern förderfähig wäre. Pelzer sieht das anders. Ein dichtes Dach ist Voraussetzung, um darunter den angestrebten „Ort der Besinnung“ zu schaffen. Und solche Voraussetzungen werden laut Pelzer durchaus gefördert. Deshalb auch hier: Widerspruch, um doch an die 114 000 Euro Förderung zu kommen.
Anträge lassen sich korrigieren – doch die Bearbeitung dauert ewig
Nun: Formfehler lassen sich beheben und Anträge nachbessern und neu einreichen. Das Problem: Bis über diese entschieden wird, vergehen neun Monate. Das habe das AELF wissen lassen, sagt Pelzer. Und das gelte auch für 2026. Die Behörde ist gerade vor allem damit befasst, die Schlussabrechnungen für die Projekte der alten Förderperiode (bis 2022) abzuarbeiten. Solange zu warten und dann gegebenenfalls eine Ablehnung zu bekommen – „ein Frustrationserlebnis“, so Pelzer. Zumal man mit der Umsetzung nicht einfach loslegen kann, da sonst die Förderung flöten geht.
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Um zumindest Fehler zu vermeiden, haben Pelzer und Stacheter eine intensivere Kommunikation der betreffenden Stellen fest vereinbart. „Auch dem AELF gefällt es nicht, Ablehnungsbescheide zu verschicken“, sagt Stacheter. Zudem müssten die Angaben zu den Projekten im Vorfeld der Sitzungen des Entscheidungsgremiums noch akribischer erstellt werden. Pelzer geht es aber auch darum, „eine Dialogsituation zu schaffen, die es erlaubt, dass Fehler repariert werden“.
Weitere Projekte auf der Liste
Bis zu rund 1,8 Millionen an Leader-Geldern stehen in der aktuellen Förderperiode bereit. Neben dem Management selbst listet die Regionalentwicklung Oberland 18 Projekte auf. Bewilligt sind die Gemeinwohlökonomie Gmund, das Mobilitätskonzept des Landkreises und der Pumptrack Weyarn (wir berichteten jeweils). Vier Ablehnungsbescheide verschickte das zuständige AELF Rosenheim (s. Bericht), und bekanntlich hat eine Handvoll Projektträger abgewunken – teils aus Ärger über die ausufernde Bürokratie. Noch nicht entschieden ist über die Anträge zu den Projekten „Translozierung Steingraber Hof“ von Markus Wasmeier (Gesamtkosten: 1,1 Millionen) und das Umweltbildungsvorhaben (129 000 Euro) in Weyarn. Neu auf der Liste finden sich die Projekte „Unterstützung Bürgerengagement“ (56 000 Euro), das die Leader-Aktionsgruppe selbst gestaltet, und das Bürgerzentrum Miesbach (227 000 Euro). Die Kreisgruppe der Jäger möchte die Pfistererwiese zu einem Lern- und Erlebnisraum umgestalten, überarbeitet das Projekt aber noch einmal. Die Förderung bewegt sich zwischen 30 und etwa 50 Prozent, beträgt jedoch maximal 250 000 Euro.