Fläschchen mit viel Potenzial
Das Familienunternehmen Packsys aus Wieling hat einen ganz großen Wurf gelandet: eine neue Verpackung für Augentropfen. Inhaber Markus Finger rechnet damit, künftig ein Drittel seines Umsatzes mit dem Produkt Ophtalmic plus zu machen.
Wieling - Augentropfen? Hat fast jeder schon benutzt. Und fast jeder hatte schon mal bei der Dosierung Probleme. Der Inhaber der Wielinger Firma Packsys, Markus Finger (60), beobachtete vor vier Jahren seine Eltern, damals 89 und 93, wie sie sich damit plagten. „Der Kopf ist überstreckt, der Arm ausgedreht, und in dieser Haltung soll man dann auf die Flasche drücken, damit die Tropfen rauskommen“, beschreibt der Unternehmer und demonstriert, wie fordernd dieser Bewegungsablauf ist. Finger überlegte, wie man die Dosierung von Augentropfen verbessern könnte. Das Ergebnis ist ein neuer Augentropferspender namens Ophtalmic plus, für den Packsys gerade den Deutschen Verpackungspreis bekommen hat. Eine Ehre, aber noch viel interessanter ist der Markt, den das neue Produkt der Firma eröffnet.
Der Unterschied zwischen herkömmlichen Augentropfenspendern und dem Ophtalmic plus ist der Faltenbalg am Boden des Fläschchens. Auf ihn drückt man mit einem Finger, dann kommt die Flüssigkeit heraus. „Das braucht deutlich weniger Druck“, sagt Markus Finger. „Etwa 60 Prozent weniger Kraft.“ Und man müsse dabei den Arm nicht so stark ausdrehen. Mit zwei Fingern ein Fläschchen zusammenzupressen, um ihm die Flüssigkeit zu entlocken, ist tatsächlich merklich schwieriger.
Die Pharmaindustrie ist schwer interessiert. „Wir haben einen Kunden, der will 6,8 Millionen“, erzählt Finger. „Die haben uns die Bude eingerannt.“ Es gibt Verhandlungen mit Firmen in Kanada und in den USA. Ein anderes Pharmaunternehmen wollte einen exklusiven Lizenzvertrag. Den hat es nicht bekommen, weil Finger weiß, wie viel Potenzial in dem Fläschchen steckt. „Jeder über 60 nimmt irgendwann Augentropfen.“ Packsys schätzt, dass jährlich rund drei Milliarden Flaschen gebraucht werden. Ein immenser Markt.

Markus Finger muss zwischendurch lachen, wenn er von dieser Erfolgsgeschichte berichtet. „Ich kann es noch nicht so recht glauben – wir sind eine so kleine Bude und plötzlich sind wir mit den Global Playern unterwegs. Dieses Fläschchen werden alle namhaften Augentropfenhersteller verwenden.“ Dabei war Packsys auch bisher durchaus erfolgreich. „Unser Umsatz ist seit 1998 im Durchschnitt jedes Jahr um zwölf Prozent gewachsen“, sagt der Firmenchef. „In der Branche sind vier Prozent üblich.“ 2023 lag der Umsatz bei 27,5 Millionen Euro. Derzeit sind 70 Mitarbeiter in Wieling beschäftigt, davon sind zehn Prozent in der Forschung und Entwicklung. 80 Prozent der rund 700 Kunden stammen aus dem Pharmabereich, die übrigen sind aus der Lebensmittel-, Kosmetik- und Technikbranche. Und 80 Prozent der Kunden sitzen üblicherweise in Europa, der Rest in der ganzen Welt. Beim Ophtalmic plus werde es umgekehrt sein, schätzt Finger. „Wir werden ihn zu 80 Prozent weltweit vermarkten.“ Deshalb wurde auch ein weltweites Patent angemeldet, eine aufwändige Angelegenheit.
Die haben uns die Bude eingerannt.
Bei der Entwicklung seiner Produkte geht es Finger darum, wie alltägliche Dinge besser genutzt werden können. „Man muss nur erkennen, dass diese Dinge optimiert werden können.“ Der Ausgießer Lotus zum Beispiel entstand, weil er sich oft ärgerte, dass die Olivenölflasche immer fettig ist. Herausgekommen ist ein Ausgießer, mit dem man tröpfchenweise dosieren kann und der vor allem alle Flüssigkeit im Inneren der Flasche behält. „Wir wollen ihn jetzt schlanker und eleganter für die Kosmetikbranche anbieten“, sagt Fingers Tochter Franziska (29).
Auch der Ophtalmic plus könnte in anderen Bereichen nützlich sein. „Wir stellen dafür eine eigene Produktmanagerin ein“, sagt der Firmenchef. Überhaupt soll Packsys wachsen. Markus Finger peilt 100 Mitarbeiter an. Zudem will er in Wieling in die Produktion einsteigen. Bisher werden Packsys-Produkte von anderen Firmen im Auftrag gefertigt. Der Ophtalmic plus etwa werde voraussichtlich in China, in Brasilien und in Europa produziert, so Finger.
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Packsys lebt von Innovationen. „Unser Ziel ist, 50 Prozent des Umsatzes mit reinen Innovationen zu machen“, sagt Markus Finger. „Jetzt sind wir bei 17 Prozent.“
