Für AfD-Verbotsverfahren: Linke will vollständigen Einblick ins Geheim-Gutachten
Der Verfassungsschutz stuft die AfD als gesichert rechtsextrem ein. Das Gutachten ist dick – und geheim. Die Linke fordert jetzt die Veröffentlichung.
Berlin – Die jahrelange Prüfung hat ein Ende: Der Verfassungsschutz stuft in einem Gutachten die gesamte AfD als gesichert rechtsextrem ein. Während die Rechtspopulisten in einer ersten Reaktion die Neubewertung als „Blödsinn“ geißelten, forderte die Linke zusammen mit SPD und Grünen umgehend mehr Anstrengungen für ein Verbot der Partei.
Verfassungsschutz zur AfD: Linke fordert Offenlegung des kompletten Gutachtens
„Es ist politisch konsequent, eine Partei zu verbieten, deren Bestrebungen sich gegen Demokratie und Rechtsstaat richten“, teilte die rechtspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Clara Bünger, auf Anfrage von fr.de von IPPEN.MEDIA mit. Die nun vorliegenden Erkenntnisse könnten eine juristische Grundlage für ein Verbotsverfahren stärken. Neben investigativen und antifaschistischen Recherchen könnten jetzt auch behördliche Erkenntnisse in das Vorhaben einfließen. „Ich fordere deshalb die vollständige Veröffentlichung des Gutachtens“, teilte die Politikerin mit.
Wenige Stunden zuvor hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz die Neueinstufung der AfD als gesichert rechtsextrem öffentlich gemacht. In einem mehr als 1000 Seiten starken Gutachten kommt die Kölner Behörde zu der Erkenntnis, dass die AfD in ihrer Gesamtheit eine „Menschenwürde missachtende, extremistische Prägung“ aufweise. Mit der neuen Bewertung wird erstmals die gesamte Partei als verfassungsfeindlich eingestuft. Bisher hatten die Behörden nur die Landesverbände in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt entsprechend bewertet. Ihre Einschätzung hatten die Verfassungsschützer in einer Mitteilung öffentlich gemacht. Eine komplette Offenlegung des Gutachtens sei vorerst nicht geplant, berichtete die Nachrichtenagentur dpa.
Gesichert rechtsextrem: AfD will gegen Verfassungsschutz-Bewertung vorgehen
In der Hauptstadt löste die Neueinstufung der AfD ein geteiltes Echo aus. Die beiden Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla kündigten umgehend an, sich juristisch gegen das Gutachten wehren zu wollen. Teile von SPD, Grüne und Linke hingegen wollen nun erst recht ein Verbotsverfahren gegen die Rechtspopulisten anstrengen.
„Alles dafür tun“: Reichinnek fordert AfD-Verbot
Man werde „alles dafür tun“, dass ein Verbotsverfahren gegen die AfD auf den Weg gebracht wird, sagte die Linken-Fraktionschefin Heidi Reichinnek der dpa. „Alle, die für eine Normalisierung der AfD geworben haben und es weiterhin tun, stärken damit Rechtsextreme und gefährden die Demokratie.“ Sie mahnte: „Allen muss klar sein: Eine Demokratie überlebt eine Machtbeteiligung von Rechtsextremen wie der AfD nicht.“ Gemeinsam müsse jedes Mittel zum Schutz der wehrhaften Demokratie genutzt werden. Niemand könne akzeptieren, „dass eine gesichert rechtsextremistische Partei unsere Demokratie von innen bekämpft und zerstört“.
Der Bundestag hatte sich in einem hitzigen Schlagabtausch im Januar erstmals mit zwei Gruppenanträgen befasst, die darauf abzielen, die Verfassungswidrigkeit der AfD durch das Bundesverfassungsgericht feststellen zu lassen. Die Initiatorinnen und Initiatoren des einen Antrags wollen ein Verbotsverfahren in Karlsruhe in Gang setzen. Der andere Gruppenantrag sieht vor, vor einem möglichen Verbotsantrag erst dessen Erfolgschancen durch ein Gutachten prüfen zu lassen.
Trotz Scholz-Bedenken: Linke fordert Verbotsverfahren gegen AfD von neuer Bundesregierung
Vor diesem Hintergrund forderte Bünger eine klare Rückendeckung von Schwarz-Rot. „Von der neuen Bundesregierung erwarte ich, dass sie gemeinsam mit allen demokratischen Abgeordneten im Bundestag zügig den Weg für die Einleitung eines Verbotsverfahrens freimacht“, sagte die Linken-Expertin zu fr.de. Doch ob sie wirklich darauf zählen kann, bleibt abzuwarten. Zwar sprach sich auch SPD-Politiker Ralf Stegner für ein AfD-Verbot aus. Noch-Kanzler Olaf Scholz jedoch warnte davor, ein neues Verfahren „übers Knie zu brechen“. Und auch die Union hielt sich mit Stellungnahmen zurück, in denen ein Parteiverbot gefordert wurde. (jek)