Kommt jetzt ein AfD -Verbot? Verfassungsrechtler ordnet ein

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Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die AfD als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Welche Konsequenzen hat das für ein mögliches Parteiverbot?

Es ist offiziell: Nicht mehr nur in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt, sondern auch auf Bundesebene hat das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Erst im Mai 2024 hatte das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden, dass der Verfassungsschutz die AfD zu Recht als rechtsextremistischen Verdachtsfall einstufen dürfe – die Partei klagt dagegen immer noch. Mit der Einstufung als gesichert rechtsextremistisch geht die Behörde noch einen Schritt weiter.

Verfassungsschutz über AfD: „Spricht Menschen die Menschenwürde ab“

Der Verdacht, dass die AfD gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen verfolge, habe sich bestätigt und in wesentlichen Teilen zur Gewissheit verdichtet, so die Behörde. „Das in der Partei vorherrschende ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis ist nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar“, teilte das Bundesamt für Verfassungsschutz am Freitagvormittag (2. Mai 2025) mit.

Es ziele darauf ab, bestimmte Bevölkerungsgruppen von einer gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe auszuschließen. Zum Beispiel deutsche Staatsangehörige mit Migrationsgeschichte aus muslimisch geprägten Ländern. Äußerungen und Positionen der Partei und führender AfD-Vertreter verstießen gegen das Prinzip der Menschenwürde, erklärten die Vizepräsidenten der Behörde, Sinan Selen und Silke Willems.

„Wenn Alice Weidel etwa von ‚Passdeutschen‘ spricht, dann spricht sie – hart formuliert – Menschen mit Migrationshintergrund die Menschenwürde ab. Das ist eine ganz harte Sache“, sagt der Verfassungsrechtler Ulrich Battis BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA. Doch ändert die Neubewertung der AfD vom Verfassungsschutz etwas an der Aussicht auf ein Partei-Verbot?

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat die AfD mit ihren Parteigrößen wie Alice Weidel als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. (Archivbild)
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat die AfD mit ihren Parteigrößen wie Alice Weidel als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. (Archivbild) © Sebastian Christoph Gollnow/dpa

AfD-Einschätzung als gesichert rechtsextremistisch ist ein „weiterer Mosaikstein“

„Diese Bewertung war ja zu erwarten, die war ja schon überfällig“, sagt Battis. Wenn die Bundestagswahl 2025, bei der die AfD auf über 20 Prozent kam, nicht vorgezogen worden wäre, dann wäre sie schon lange da. „Es ist keine Entscheidung dafür, dass ein Verbotsverfahren eingeleitet werden kann oder muss“, sagt er BuzzFeed News Deutschland. Mit dem Gutachten hätten die politischen Organe wie der Bundestag, der Bundesrat oder die Bundesregierung lediglich „einen weiteren Mosaikstein“, um beim Bundesverfassungsgericht ein Partei-Verbotsverfahren zu beantragen.

Die Einschätzung des Verfassungsschutzes als gesichert rechtsextremistisch sei eine „notwendige Grundlage“ für einen Verbotsantrag – aber „keine ausreichende“, sagt er. „Ich halte es im Moment für nicht sehr wahrscheinlich, dass Bundesregierung, Bundestag oder Bundesrat ein Verbotsverfahren gegen die AfD einleiten werden. Aber es ist nicht auszuschließen.“

Der Politik-Experte Oliver Lembcke glaubt, dass die Einstufung der AfD als gesichert rechtsextrem „die Debatte über das Parteiverbot natürlich beflügeln“ werde. „Ein Plädoyer, wie von Spahn vorgetragen, für einen normalen Umgang mit einer nicht-normalen, weil gesichert rechtsextremistischen Partei wird es sehr schwer haben, noch Gehör zu finden.“

Eine rechtliche Folge dieser Einschätzung sei die „umfassende nachrichtendienstliche Behandlung der AfD durch den Verfassungsschutz“, sagt er BuzzFeed News Deutschland. „Es ist sehr wohl denkbar, dass auf diese Weise Material zusammengetragen werden kann, mit dem die Erfolgsaussichten eines Verbotsantrags erhöht werden.“

Verfassungsschutz-Gutachten: „Die AfD hat Angst“

„Die Hauptwirkung des Gutachtens ist nicht rechtlich, sondern politisch“, sagt Battis BuzzFeed News Deutschland. „Die AfD hat Angst vor solchen Einschätzungen.“ Das sehe man daran, dass die Partei regelmäßig dagegen klagen würde – bisher ohne Erfolg. Zwar gebe es einen „harten Kern in der AfD“, der solche Einschätzungen als Beweis sehe, dass das System sie ausgrenzen wolle – „aber bei den Wählern wirkt das eher abschreckend“.

Auch ein Verbotsverfahren gegen die AfD „wäre ein drohendes Schwert, das sich massiv auf das politische Verhalten der Partei auswirken würde“, sagt er. Ob ein Verbot überhaupt möglich sei, fragen wir ihn. Das komme auf die Gefährlichkeit der Partei an. „Der Spruch: ‚Eine kleine Partei zu verbieten, schafft nur Märtyrer, und eine große kann man nicht verbieten‘ ist falsch. Eine große Partei kann sehr wohl verboten werden.“

Die NPD sei vom Bundesverfassungsgericht nicht verboten worden, weil die Partei zwar verfassungswidrig, aber nicht gefährlich war, weil sie zu wenige Mitglieder habe. „Die Gefährlichkeit ist ein zentrales Kriterium – und das denke ich, wird jetzt bei der AfD ernsthaft geprüft.“ Ein möglicher AfD-Verbotsantrag müsse vor allem „auf dieser Gefährlichkeit abgestellt werden“. „Aber dazu eine Prognose abzugeben, wäre dumm. Die Entscheidung liegt ganz allein bei der Politik.“

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