Endometriose: „Viele Frauen verschweigen die Krankheit“

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Erding
  4. Dorfen

Kommentare

Bereit für die Alpenüberquerung auf dem Fahrrad: Susann Heilmaier möchte mit der Aktion auf die unheilbare Krankheit Endometriose aufmerksam machen, an der sie seit rund 30 Jahren leidet. © Alexandra Anderka

Susann Heilmaier macht mit einer Alpenüberquerung auf Endometriose aufmerksam.

Dorfen – „Was? Du hast das auch?“, hörte Susann Heilmaier nicht nur einmal aus dem Bekanntenkreis, als sie ein Bild von sich in einem T-Shirt mit der Aufschrift „Bike for Endo“ in ihren Status auf WhatsApp gestellt hatte. Sie wollte damit auf ihre geplante Alpenüberquerung auf dem Fahrrad aufmerksam machen, mit der sie einen Fokus auf die Krankheit Endometriose richten möchte. Sie startet am 24. August.

Die Krankheit ist nicht heilbar

Die 43-Jährige leidet seit fast 30 Jahren an dieser Krankheit, diagnostiziert wurde sie bei ihr vor zehn Jahren. Sie hat bereits acht Operationen hinter sich und ist keinen Tag schmerzfrei. Was ihr dabei sehr zu schaffen macht: „Viele Frauen verschweigen die Krankheit, sie ist immer noch ein Tabuthema.“ Nach ihren Erfahrungen sind auch die meisten Ärzte zu wenig informiert. „Ich fühlte mich oft nicht ernst genommen, sie haben meine Beschwerden auf Stress oder die Psyche geschoben. Irgendwann war ich an einem Punkt, wo ich es selbst geglaubt habe.“

Endometriose ist laut der Endometriose-Vereinigung Deutschland e.V. eine gutartige, jedoch chronisch verlaufende Erkrankung. Bei Endometriose wächst Gewebe, welches der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, außerhalb der Gebärmutter. Dieses Gewebe siedelt sich an den Eierstöcken, im Bauch- und Beckenraum, am Darm oder Bauchfell an. Endometriose-Gewebe verfügt über die Eigenschaft, prinzipiell an jeder Stelle des Körpers wachsen zu können. In einigen Fällen kann es auch außerhalb des Bauchraumes, beispielsweise in der Lunge, vorkommen.

Schon als junges Mädchen hatte Susann Heilmaier mit schlimmen Periodenschmerzen zu kämpfen. „Manchmal musste ich mich tagelang ins Bett legen“, erinnert sie sich. Im Alter von 21 Jahren brachte sie ihre Tochter, sieben Jahre später ihren Sohn zur Welt. „Ich bin sehr glücklich darüber, denn viele Frauen, die an Endometriose leiden, können gar keine Kinder bekommen“, weiß sie heute, nachdem sie selbst viel über ihr Leiden recherchiert hat.

Die Schmerzen hörten jedoch auch nach den Geburten nicht auf, im Gegenteil, sie wurden immer schlimmer. Bis sie 2014 „als Notfall“ in die Klinik eingeliefert wurde und ihr Polypen-Herde an der Gebärmutter entfernt wurden. Da fiel zum ersten Mal die Diagnose „Endometriose“.

Die Schmerzen wurden schlimmer

„Ich hatte noch nie zuvor davon gehört, anfangs konnte ich das Wort gar nicht richtig aussprechen“, erinnert sich die Kallingerin. Sie fing an, Informationen über die Krankheit zu sammeln, die einfach keine Ruhe gab. Es folgten noch drei Operationen, bis 2018 endlich die Gebärmutter im Endometrieose-Zentrum in München entfernt wurde.

Das war die Rettung, glaubte Susann Heilmaier damals zumindest, denn sie wusste noch nicht, dass die Krankheit nicht heilbar ist und immer wieder zurückkommen kann. „Ich hatte nach der OP ein bombastisches Leben“, freute sie sich, „es waren die vier schönsten Jahre meines Lebens“. Sie hatte gerade ihren zweiten Ehemann Alfred Heilmaier kennengelernt und ging gerne in die Arbeit in die Therme Erding, wo sie als Gästebetreuerin angestellt war.

Doch 2022 kam völlig überraschend der Rückschlag. „Ich weiß es noch genau, ich war in den Vorbereitungen auf die Hochzeit mit Alfred. Wieder hat mich meine Frauenärztin nicht ernst genommen, und ich habe alles auf den Stress geschoben.“ Als sie nur noch krumm laufen konnte, wandte sich Heilmaier letztlich an das Endometriose-Zentrum in München. Innerhalb von eineinhalb Jahren folgten drei Operationen, in denen der Blinddarm, ein Eierstock, Polypenherde und Zysten entfernt wurden.

Radfahren ist wie Wellness für sie

„Es war alles verwuchert in meinem Bauchraum“, erzählt Susann Heilmaier offen und sagt traurig: „Die OPs in der kurzen Zeit haben meinen Körper sehr geschlaucht.“

In der Arbeit war sie im Dauer-Krankenstand. „Die Entscheidung ist mir sehr schwergefallen, aber ich konnte meine körperlich anstrengende Arbeit nicht mehr ausführen.“ Sie schaute sich nach einer neuen Beschäftigung um. Nachdem sie ihren Schwiegervater beim Streben begleitet und sie gemerkt hatte, dass sie das gut kann, ließ sie sich zur Sterbefallberaterin ausbilden. Das macht sie nun seit ein paar Monaten und ist glücklich in ihrem neuen Beruf.

Glücklich ist sie auch auf dem Fahrrad. „Das ist für mich wie Wellness, ich kann es nicht erklären, aber beim Radfahren habe ich keine Schmerzen. Schon 2023 ist sie das Stilfser Joch mit dem Rad hochgefahren – „damals nur für mich“. Am Samstag, 24. August, startet sie erneut eine einwöchige Alpenüberquerung, ihr Mann begleitet sie mit dem Auto, er hat ein zweites Fahrrad dabei und unterstützt sie, wenn Reparaturen nötig sein sollten.

Dieses Mal fährt sie nicht für sich, sondern, um Aufmerksamkeit auf die Krankheit zu lenken. „Ich möchte, dass die Krankheit nicht unter die Schublade gekehrt wird. Es leidet immerhin jede zehnte Frau darunter, das ist doch eine Hausnummer.“ Susann Heilmaier wünscht sich, dass Ärzte die Betroffenen ernst nehmen, dass die Patientinnen an Informationen gelangen und selbst „ehrlich und offen damit umgehen. Mensch Mädels, warum redet ihr nicht darüber?“, fragt sie sich noch immer.

Auch interessant

Kommentare