Tankstellen-Zoff bleibt ungesühnt
Weil ihm der Videobeweis zu dürftig war, hat der Richter einen Strafbefehl zurückgenommen. Es ging um einen Streit an einer Tankstelle.
Es war das Amtsgericht Erding, aber kurz fühlte man sich inmitten einer TV-Produktion gefangen: Ein wütender Brummifahrer stürmte in Richtung Handykamera und rief: „Ich hau‘ dir auf die Fresse!“ Der Mann, dem die Drohung offensichtlich galt, antwortete: „Du Idiot, du kriegst Ärger!“ Dann endete die Aufnahme.
Und was kam dann? Ein Handkantenschlag? Einer, der nicht nur fürs Armgelenk schmerzhaft war, sondern auch das Handy des Opfers durch die Luft wirbeln ließ und dem Lastwagenfahrer in erster Instanz einen Strafbefehl in Höhe von 2500 Euro beschert hatte?
Wieder und wieder sah sich Richter Björn Schindler die Aufnahme an, um dann zum Urteil zu kommen: „Es gibt keinen Tatnachweis, keine objektiven Beweismittel.“ Aufgrund der Zweifel, die die Videoaufzeichnung nicht ausräumen konnte, folgte er dem Einspruch des 58-jährigen Mannes aus Pfaffenhofen und hob den Strafbefehl auf. Das war ganz im Sinne der Staatsanwältin, die angemerkt hatte: „Es steht Aussage gegen Aussage.“
Der Vorfall hatte sich bereits im Dezember 2022 auf einer Tankstelle im südlichen Landkreis abgespielt. Der Mann war gerade dabei, seinen Lastwagen zu entleeren, als ihn ein 55-jähriger Mann anhielt, das Fahrzeug auszuschalten. „Das kann ich aber nicht machen, weil ich die Kühlkette wegen der Salmonellengefahr nicht unterbrechen darf.“ Fünf bis sieben Minuten würde so ein Ladevorgang dauern.
Was sich in dieser Zeit abspielte, davon gibt es zwei Version. Laut dem Brummifahrer habe der Beschwerdeführer sogar versucht, in den Lastwagen zu klettern. „Ich habe ihn dann verscheucht. Aber er ist dann vor mir hergelaufen und hat mit seinem Handy rumgefummelt und rumgeschrien: Ich filme dich.“
Der Mann mit dem Handy gab an, nur 70 Meter von der Tankstelle zu wohnen und sehr unter dem Krach zu leiden, den die Tankstelle verursache und ihm den Schlaf raube. Gerade dieser Lkw habe ein extrem lautes Kühlaggregat, „dass sogar die Fenster vibrieren“. Mit dem Handy sei er dem Lastwagen nur deshalb so nah gekommen, weil er das Kennzeichen fotografiert habe, um dies dem Gewerbeaufsichtsamt zu schicken. „Zuerst kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung, dann hat er mir das Handy aus der Hand geschlagen.“
Das bestritt der Brummifahrer vehement. „Ein Handkantenschlag – das ist wie eine Waffe. Da hätte ich ihm das Handgelenk gebrochen.“ Er könne das gar nicht. Außerdem fahre er seit zwei Jahren diesen Wagen. „Und da hat sich wegen der Lautstärke noch nie jemand beschwert.“
Er habe sich über das Verhalten des Mannes geärgert. „Er hat gesagt, er ist Polizist und werde mich fertig machen. So etwas macht man als Polizist einfach nicht.“
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Er sei 40 Jahre lang im Dienst gewesen und inzwischen pensioniert, entgegnete dieser. „Aber ich bin kein notorischer Anzeigenschreiber.“ Er habe auch drei Monate mit dieser Anzeige gewartet, „weil ich die Gerichte nicht noch mehr belasten wollte“.
Letztlich habe er sich doch entschieden, die gefährliche Körperverletzung zu melden. Dass der Strafbefehl nun aufgehoben wurde, ärgerte ihn dann aber schon mächtig. Er verließ die Verhandlung nach den Worten der Staatsanwältin, noch bevor das Urteil gesprochen war.