„Das wäre ein Wahnsinn“: Widerstand gegen „Mammutbauprojekt“ mit 350 Wohnungen wächst
Die Wolfratshauser Liste stemmt sich gegen die Bebauung der Staffler-Wiese im Stadtteil Farchet. Bei einem Ortstermin solidarisieren sich mehr als 50 Bürgerinnen und Bürger mit der Liste WOR.
Wolfratshausen – Ein schwerer Vorwurf steht im Raum. Rathauschef Klaus Heilinglechner (Bürgervereinigung) lässt Sanktionen gegen die Stadträte der Wolfratshauser Liste, darunter sein Amtsvorgänger Helmut Forster, prüfen (wir berichteten). Nach Einschätzung des Bürgermeister haben sie gegen die Verschwiegenheitspflicht verstoßen, indem sie das Wohnbauvorhaben auf der Staffler-Wiese publik gemacht haben. Unbeirrt davon informierten Forster, Dr. Manfred Fleischer und Richard Kugler am Freitagnachmittag bei einem Ortstermin in Farchet über das in ihren Augen drohende „Mammutbauprojekt“. Gut 50 Bürgerinnen und Bürger nahmen teil und unterstrichen mit lautstarkem Beifall den Appell von Fleischer: „Wehret den Anfängen!“
Die angedachte Bebauung von knapp der Hälfte der gut 2,5 Hektar großen Grünfläche im Süden der Loisachstadt lässt für die Wolfratshauser Liste nur einen Schluss zu: Den Vorhabensträgern sowie den Befürwortern im Stadtrat fehlt es offenbar an „gesundem Menschenverstand“. Wer sich nur einmal mit seinem Auto über die engen Straßen in Farchet zur Staffler-Wiese gequetscht habe, müsse erkennen: 350 Wohnungen, die sind laut Fleischer gleichbedeutend mit „500 bis 700“ zusätzlichen Pkw, könne der Ortsteil nicht verkraften. „Neue Geschosswohnungen und eine katastrophale Erschließung“ – diese Kombination würde Farchet „überfordern“, konstatiert Fleischer.
„Das wäre ein Wahnsinn“, prognostiziert sein Fraktionskollege Kugler für den Fall, dass die Pläne des „Firmenkonsortiums“ (Fleischer) Krämmel Wohn- und Gewerbebau sowie Schneider Wohnbau GmbH in die Tat umgesetzt werden sollten. In Kuglers Augen „muss die Wiese Wiese bleiben“, denn „wir haben genug Wohnungen, vor allem haben wir genug teure Wohnungen“.
Wir müssen uns rühren und sehen, dass der Stadtrat wieder auf Kurs kommt!“
Bevor sich die Anwohner im Klein-Klein verzetteln, stellt Fleischer fest: „Es gibt kein Baurecht!“ Man solle nicht darüber diskutieren, „wo die Deckstühle auf der Titanic stehen, sondern sich fragen, ob das Schiff im Eismeer auf dem richtigen Kurs fährt.“ Kugler pflichtet ihm bei: Die Bürger sollten nicht warten, bis im Stadtrat über Badezimmer-Armaturen diskutiert werde, sondern verhindern, dass ein Bebauungsplan für das Areal am Rande des Naturschutzgebiets aufgestellt wird. „Wir müssen uns rühren“, ruft Fleischer, „und sehen, dass der Stadtrat wieder auf Kurs kommt!“. Erneut brandet Applaus auf.
Beispiel Marienbrunnen: „Warum soll ein gutes Ross nicht nochmal ziehen?“
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Welche Möglichkeiten der Souverän hat, auf eine Kurskorrektur zu drängen, möchte eine Farcheterin wissen. „Lassen Sie die Telefondrähte glühen“, rät Fleischer. Durch persönliche Gesprächen mit Bürgermeister und Stadträten könne Einfluss genommen werden. Darüber hinaus „kann es nie schaden, Unterschriften zu sammeln“. Eine weitere Option: Ein Bürgerbegehren initiieren, das in einen Bürgerentscheid münden kann. Fleischer verweist auf den Marienbrunnen. Die Mehrheit des Stadtrats hatte dessen Verschiebung beschlossen, die Liste WOR stemmte sich mit einem Bürgerentscheid dagegen. Mehr als 88 Prozent der Wahlgänger schlug sich auf ihre Seite, der Brunnen blieb an seinem angestammten Platz. „Sie sehen, wir haben da durchaus Erfahrung“, bietet Fleischer Unterstützung in Sachen Bürgerbegehren an. „Warum soll ein gutes Ross nicht noch einmal ziehen?“ Allerdings sollte der Anstoß „aus der Mitte der Bevölkerung kommen“.
Vorschlag: Stadt kauft Teil des Areals und baut Wohnungen für Wolfratshauser Familien
Der ehemalige CSU-Stadtrat Florian Wurm bringt die Meinung der Anwesenden auf den Punkt: „Der gesunde Menschenverstand“ spreche gegen eine Nachverdichtung in der geplanten Dimension. Warum das Projekt bislang nur hinter verschlossenen Türen erörtert worden ist, wollen viele wissen. Eine Antwort haben die Liste-WOR-Räte nicht parat. Einen „triftigen Grund“, könne er nicht nennen, so Kugler. „Der Bürgermeister macht die Tagesordnung, er bestimmt, was öffentlich und was nicht öffentlich ist“, sagt Fleischer. Aber ob auf der Staffler-Wiese Baurecht entsteht, das entscheide „auch die Bürgerschaft“. Sein Vorschlag: „Die Stadt kauft einen Teil des Areals, baut Mietwohnungen und stellt sie Wolfratshauser Familien mit ein, zwei Kindern zur Verfügung.“
Vor den „Drohungen“ des Bürgermeisters lasse sich die Liste Wolfratshausen nicht ins Bockshorn jagen. „Wir nehmen Transparenz und Bürgerbeteiligung ernst“, betont Fleischer. Das gilt wohl für das Liste-WOR-Trio nicht exklusiv: Der Umweltreferent des Stadtrats, Dr. Hans Schmidt (Grüne), „ist absolut auf unserer Seite“, verrät Ex-Rathauschef Forster. Den Anruf bei Schmidt können sich besorgte Farcheter also sparen. (cce)