„Den Ball nach Berlin schießen“: Stadträte streiten über solare Baupflicht

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Photovoltaik-Anlagen auf die Dächer von Neubauten: Dieser Antrag aus der Bürgerversammlung im Dezember beschäftigte die Mitglieder des Bauausschusses des Wolfratshauser Stadtrats in ihrer jüngsten Sitzung. © Jens Büttner/dpa

In der jüngsten Bürgerversammlung beantragte der Wolfratshauser Thomas Martin eine solare Baupflicht für Neubauten. Jetzt stand das Thema auf der Tagesordnung des zuständigen Fachausschusses.

Wolfratshausen – Die Einführung einer solaren Baupflicht für Neubauten forderte Thomas Martin, Gründungsstifter der Energiewende Oberland, in der Bürgerversammlung Mitte Dezember (wir berichteten). Der Gedanke, dass Bauherrn in der Flößerstadt künftig Photovoltaik-, kurz PV-Anlagen, installieren müssen, gefällt auch Dr. Hans Schmidt (Grüne). Der Umweltreferent des Stadtrats erinnerte in der jüngsten Sitzung des Bauausschusses daran, dass der Stadtrat 2019 den Klimanotstand ausgerufen hat. Somit sei „die städtebauliche Begründung“ für eine solare Baupflicht gegeben. Das sah das Gros des Fachgremiums anders.

Bei seinem Antrag hatte Martin als „Vorbild“ die Stadt Amberg in der Oberpfalz angeführt. Dort wird seit rund vier Jahren pauschal in Bebauungsplänen verankert, dass die Bauherren eine PV-Anlage aufs Dach schrauben müssen. „Das ist also kein Jungfernprojekt“, merkte Schmidt an. Der Gebäudebestand in Wolfratshausen, so der Antragsteller im Dezember, müsse unbedingt „an die absehbare Entwicklung auf dem Weltenergiemarkt“ angepasst werden und die Kommune zur „Verringerung der Importabhängigkeit im Energiebereich“ beitragen. Von der Loisachstadt könne so ein „beispielgebender Impuls für die Bundesrepublik Deutschland“ ausgehen.

Stadtverwaltung verweist auf jüngste energetische Maßnahmen

Die Verwaltung hatte in ihrer sehr umfangreichen Stellungnahme zum Antrag unter anderem ausgeführt, dass die Stadt sukzessive energetische Baumaßnahmen durchführt. In jüngster Vergangenheit an der städtischen Musikschule, am Rathaus (Heizungstausch) und an der Dreifachsporthalle am Hammerschmiedweg (Dachsanierung). In Planung seien weitere Projekte wie die Ausrüstung städtischer Gebäude mit PV-Anlagen. Darüber hinaus gebe es Förderprogramme für private Haushalte – zudem laufe bekanntlich das Bebauungsplanverfahren zur Errichtung einer Freiflächen-PV-Anlage am Rande des Golfplatzes Bergkramerhof.

Das wird eine Soll-Vorschrift, das heißt eine Empfehlung, keine Verpflichtung.

Rechtlich gebe es bis dato keinen zwingenden Anlass für die Einführung einer solaren Baupflicht – gegen die die Verwaltung Bedenken hege. Telefonische und schriftliche Anfragen bei der Stadt Amberg blieben laut Sebastian Sens, Mitarbeiter im Rathaus-Referat Planen und Umwelt, unbeantwortet. Auf den Hinweis von Dr. Schmidt, dass die Bayerische Staatsregierung ab dem Jahr 2025 eine solare Baupflicht „will“, reagierte Sens mit Worten: „Das wird eine Soll-Vorschrift, das heißt eine Empfehlung, keine Verpflichtung.“

Bürger schenken „Herrn EON und Frau RWE“ nicht verbrauchten Strom

Für Richard Kugler (Wolfratshauser Liste) bedeutet eine solare Baupflicht vor allem „noch mehr Bürokratie“. Wenn die Bundesregierung die Einspeisungspreise für Strom anheben würde, „dann macht’s jeder“, sprich die Installation von PV-Anlagen werde für die Bürgerinnen und Bürger deutlich attraktiver. „Der Ball muss nach Berlin geschossen werden“, sagte Kugler. Noch sei es so, dass „Herrn EON und Frau RWE“ der Strom geschenkt werde, den die Hausbewohner nicht selbst verbrauchen. „Wenn die Leute Strom einspeisen und dafür Geld bekommen, würde jeder eine PV-Anlage installieren.“

Skeptisch war auch Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW). Warum eine Satzung – wenn der Fachausschuss bei der Aufstellung von Bebauungsplänen „doch alles festlegen kann“. Der Fraktionschef der BVW, Josef Praller, pflichtete dem Rathauschef bei: „Das adäquate Mittel ist der Bebauungsplan.“

Gerlinde Berchtold (SPD) fasste die Mehrheitsmeinung im Fachgremium mit den Worten zusammen: „Regeln wir’s weiter über Bebauungspläne.“ Das wollten sieben Stadträte – Schmidt, Peter Lobenstein (Grüne) und Ingrid Schnaller (SPD) votierten für eine solare Baupflicht. (cce)

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