Rettungsaktion für die seltene Bachmuschel – Muschelart vom Aussterben bedroht

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Wird immer seltener: eine Bachmuschel. © TU München

Ihr wissenschaftlicher Name lautet „Unio crassus“, sie ist für gewöhnlich in Oberläufen von kleineren Fließgewässern zuhause und sie ist vom Aussterben bedroht: Die Rede ist von der Bach- respektive kleinen Flussmuschel. Entsprechende Exemplare gibt es im Landkreis nur noch in Peißenberg. Doch auch dort besteht Handlungsbedarf.

Die Ammer und der Wörthersbach, das sind in der Marktgemeinde die Gewässer, die vermutlich jedem Peißenberger ein Begriff sind. Weniger bekannt sein dürfte indes ein Rinnsal, das im Volksmund Millibach genannt wird. Selbiger fließt von der Neuen Bergehalde unter einer Brücke an der Grandlmoosstraße und einer Verrohrung an der Umgehung Richtung Campingplatz und mündet schließlich in die Ammer. Der Millibach gilt als ökologisch besonders wertvoll. Der Grund: Zumindest der Oberlauf bietet der vom Aussterben bedrohten Bachmuschel noch einen Lebensraum.

Doch die Rahmenbedingungen für die Schalentiere werden immer schwieriger – auch im Millibach. Ende April fand deshalb ein Ortstermin mit Vertretern der Gemeinde, des Landratsamts und von Fachbehörden statt. Dabei wurde die Frage erörtert, wie der alternde Bachmuschelbestand besser geschützt, verjüngt und langfristig gesichert werden kann. Eines der Hauptprobleme: Für die Fortpflanzung benötigen die Muscheln Wirtsfische wie zum Beispiel Aiteln.

Fokus liegt auf Wirtsfischen

Doch die Fische müssen erst einmal in den Millibach gelangen. Der Zulauf von der Ammer ist aber laut einem im Nachgang zum Ortstermin erstellten Protokoll „wegen des oft niedrigen Wasserstands der Ammer nicht optimal“. Aus diesem Grund, heißt es weiter, sei es „wichtig, die gewässerökologische Durchgängigkeit für Fische am Millibach bis zur Mündung in die Ammer zu verbessern“. Im Fall von zu geringer Dichte an Wirtsfischen bestehe nämlich die Gefahr, dass der Muschelbestand im Bach mehr und mehr überaltert und im schlimmsten Fall ausstirbt.

Das bestätigt auch Bürgermeister Frank Zellner auf Nachfrage der Heimatzeitung: „Der Fokus bei den Maßnahmen liegt mehr auf dem Fisch als auf der Muschel selbst.“ Im Protokoll wird der Umbau des Zuflusses mit einer Fischtreppe als „zwingend notwendig“ eingestuft. „Knackpunkt“ sei aber der erhöhte Bauaufwand und die Vereinbarkeit mit dem Hochwasserschutz. Dennoch wurde bereits eine entsprechende Anfrage von der Gemeinde beim Wasserwirtschaftsamt gestellt, die Antwort steht noch aus. Zellner hat nach dem Ortstermin ein „gutes Gefühl“, dass alle Beteiligten daran arbeiten, die Lebensräume für die Bachmuscheln zu erhalten.

Erste Erfolge verzeichnet

Aus dem Protokoll geht allerdings auch hervor, dass die Kommunikation zwischen den Behörden, der Gemeinde und dem ehrenamtlichen Bachmuschelbeauftragten in der Vergangenheit nicht immer reibungslos funktioniert hat. Beim Ortstermin wurde jedoch Besserung gelobt. Die Gemeinde sieht die Zuständigkeit für die Koordinations- und Projektierungsarbeit bei größeren Maßnahmen bei den Fachbehörden wie dem Landesamt für Umwelt (LfU) und der Unteren Naturschutzbehörde. Doch das LfU, so heißt es im Protokoll, „wird keine lokale Projektleitung übernehmen“.

Bei kleineren Pflegemaßnahmen indes ist die Gemeinde respektive der Bauhof unter fachlicher Aufsicht des Landratsamts voll mit im Boot. Und dabei wurden bereits erste Erfolge verzeichnet. Bachabwärts nach der Grandlmoosbrücke sollen für die Bachmuscheln verbesserte Rahmenbedingungen geschaffen werden. Der Bach fließt dort durch eine Viehweide. Die Rinder hatten bislang einen Zugang zum Bach als Tränke, was zu einer Verschlammung und Sedimentbildung geführt hat. Mit dem Landwirt wurde nun ein Agreement zur Aufstellung eines Wasserfasses getroffen. Keine Zustimmung gibt es jedoch für eine Bepflanzung des südlichen Ufers.

Laut Frank Zellner behält die Gemeinde das Thema „Erhalt der Bachmuschel“ weiter im Auge. Es würde sich schließlich um „seltene Naturvorkommen“ handeln. In einer der nächsten Sitzungen im Bauausschuss oder im Marktrat werde die Rathausverwaltung nähere Details zur Rettungsaktion für die Bachmuschel bekannt geben.

„Ersatzgewässer“ im Bereich der Bergehalde?

Im Zuge des Klimawandels kommt es im Sommer immer häufiger zu Trockenperioden. Eine Idee, die beim Ortstermin erörtert wurde, ist die Schaffung eines Ersatzgewässers am Bachoberlauf im Bereich der Neuen Bergehalde – quasi als Alternative zum durchgängigen Zulauf zur Ammer. „Ein oder mehrere zusätzliche Gewässer mit der Ansiedlung von Wirtsfischen könnte sowohl für den kontinuierlichen Wasserfluss bei Trockenheit als auch für die Fortpflanzung der Muscheln helfen“, heißt es im Protokoll zum Ortstermin. Und: „Eine Bestandsaufnahme der Fische im Kohlenweiher wäre zu diesem Thema interessant.

Der durch das Haldenmaterial (Abraum aus der Bergwerkszeit) verursachte Schwefelgehalt im Millibach hat nach Meinung der Experten übrigens keine Auswirkungen auf die Bachmuschelpopulation. Die bedrohte Bachmuschel war unter anderem auch ein Grund, warum die Marktratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen einen Arbeitskreis zum Erhalt und Ausbau der Biodiversität aus der Taufe heben wollte (wir berichteten). Der Antrag bekam jedoch keine Mehrheit. „Ich sehe die Artenvielfalt auf der Neuen Bergehalde nicht in Gefahr – auch nicht durch die Landwirtschaft“, sagt Bürgermeister Frank Zellner (CSU).  

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