Bahnhofsareal Bayrischzell: Euroboden-Insolvenz vernichtet Vorkaufsrecht für Gemeinde

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Der marode Lokschuppen auf dem Bayrischzeller Bahnhofsareal bleibt bis auf Weiteres unangetastet stehen. © THOMAS PLETTENBERG

Nach der Euroboden-Insolvenz ist nach wie vor offen, wie es mit dem Bahnhofsareal in Bayrischzell weitergeht. Zwar ist das Vorkaufsrecht der Gemeinde hinfällig – ohne sie geht aber trotzdem nichts.

Bayrischzell – Knapp ein Jahr nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Euroboden GmbH ist nach wie vor offen, wie es mit dem Bahnhofsareal in Bayrischzell weitergeht. Auch wenn das Vorkaufsrecht der Gemeinde – anders als zunächst erhofft – nun hinfällig ist: Ohne ihre Zustimmung bleibt das Grundstück grüne Wiese.

Auf großer Einkaufstour war die Euroboden GmbH zwischen 2018 und 2022. Im Abstand von nur wenigen Monaten vermeldete der Bauprojektentwickler mit Hauptsitz in Grünwald bei München neue Investitionen in Grundstücke und Immobilien. Im Februar 2020 machte der Expansionskurs auch vor Bayrischzell nicht Halt. Dort sicherte sich Euroboden das 15 000 Quadratmeter große Bahnareal, um hier Einfamilien-, Doppel- und Mehrfamilienhäuser zu bauen. „Der unvergleichliche Freizeitwert der Berge und die hervorragende Anbindung an die Metropolregion München machen Bayrischzell zu einem idealen Wohnort insbesondere für Familien“, schwärmte damals Geschäftsführer Martin Moll.

Letzteres dürfte bis heute Bestand haben. Die Euroboden GmbH wird damit allerdings nichts mehr zu tun haben. Sie ist seit vergangenem Sommer im Insolvenzverfahren (wir berichteten). Mittlerweile gibt es auch einen Insolvenzverwalter: den Münchner Rechtsanwalt und Sanierungsexperten Oliver Schartl von der Kanzlei Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen (MHBK), die sich seit gut einem Monat auch um die Abwicklung des zahlungsunfähigen Reiseveranstalters FTI Touristik kümmert.

„Wir haben bereits miteinander telefoniert“, berichtet Bayrischzells Bürgermeister Georg Kittenrainer auf Anfrage unserer Zeitung. Dabei habe er auch das Interesse der Gemeinde an dem Grundstück signalisiert, sagt Kittenrainer.

Ob Bayrischzell hier aber zum Zug kommt, ist fraglich, denn: Anders als zunächst vermutet greife die einst beschlossene Satzung zum Vorkaufsrecht nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht mehr. „Das wurde juristisch überprüft“, bedauert Kittenrainer. Die für einen Verkauf des Areals an Dritte verpflichtende Zustimmung der Gemeinde bestehe demnach nicht mehr.

Gemeinde sieht Planungshoheit als Pfund

Das bedeute aber nicht, so der Rathauschef, dass man hier über keine Handhabe mehr verfüge. Im Gegenteil: „Unser Pfund ist die Planungshoheit“, erklärt Kittenrainer. Denn Stand jetzt sei das Grundstück nichts als grüne Wiese, Baurecht bestehe keins. „Wir sprechen hier von einem Außenbereich im Innenbereich“, erklärt Kittenrainer. Egal, was ein potenzieller Käufer also damit vorhabe: Er müsse in jedem Fall erst im Rathaus vorstellig werden. Ob es bereits Interessenten gibt und wann eine Veräußerung tatsächlich erfolgen könnte, dazu liegen dem Bürgermeister aber noch keine Informationen vor.

Die Euroboden selbst hat bereits im Juli 2023 angekündigt, sämtliche erworbenen Grundstücke über den Zeitraum von zwei bis vier Jahren zu verkaufen. Da war allerdings noch von einem Restrukturierungs- und Sanierungskonzept die Rede, um die Solvenz und den Handlungsspielraum des Unternehmens zu erhalten. Im nun angelaufenen Insolvenzverfahren dürften die Gläubiger eher an einer schnelleren Verwertung interessiert sein.

Vier Immobilien solventer Tochtergesellschaften sowie das im Bau steckengebliebene Bauprojekt in Berg am Starnberger See seien bereits verkauft, berichtete Insolvenzverwalter Schartl Anfang des Jahres bei einem Termin am Amtsgericht München. Zudem nannte er den Gläubigern hier auch eine mögliche Insolvenzquote von mindestens zehn Prozent. Dies sei aber nur eine „erste grobe Einschätzung“.

Wohnungsbau bleibt teuer

Unabhängig davon hält die Gemeinde Kittenrainer zufolge an dem Wunsch nach einer Wohnbebauung auf dem Bahnhofsareal fest. Allzu große Hoffnungen auf bezahlbare Mietpreise will der Bürgermeister den Bayrischzellern aber nicht machen. Denn was Euroboden letztlich zum Verhängnis geworden ist, gelte auch für andere Projektentwickler: „Das Marktumfeld bleibt schwierig“, sagt Kittenrainer. Nicht nur wegen weiter hoher Baupreise, sondern auch wegen vieler Auflagen und hoher Standards sowie gestalterischer Vorgaben, um am Ende auch ein Einfügen ins Ortsbild sicherzustellen. Davon sei im Übrigen auch das Kommunale Wohnraumförderungsprogramm des Freistaats nicht befreit. In Kombination mit komplizierten Vergaberichtlinien für öffentliche Bauvorhaben sei hier ebenfalls wenig Spielraum bei den Mietpreisen, erklärt der Bürgermeister.

So bleibt der Gemeinde vorerst weiterhin nichts anderes übrig, als abzuwarten, wie es mit dem Bahnhofsareal weitergeht. Zumindest aber mit dem guten Gefühl, dass ohne ihre Zustimmung dort alles grüne Wiese bleibt. Mit einer Ausnahme vielleicht, wie Kittenrainer augenzwinkernd anmerkt: „Vielleicht will ja jemand den alten Lokschuppen sanieren.“

sg

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