Merz‘ Migrationsplan bröckelt bereits: Nachbarland lobt Maßnahmen – und kündigt doch Blockade an
Union und SPD wollen Zurückweisungen an der deutschen Grenze durchführen. Doch erste Nachbarländer stellen sich quer. Droht dem Migrationsplan von Merz bereits das Aus?
Berlin/Wien – Es war der Knackpunkt in den Sondierungsgesprächen zwischen Union und SPD: die Migrationspolitik. Parteichef Friedrich Merz hatte den Wählerinnen und Wählern im Wahlkampf eine Wende für Deutschland versprochen – samt radikaler Maßnahmen. Das Sondierungspapier enthielt am Ende eine Art „Migrations-Wende light“. Das zeigt sich vor allem an den von Merz oft versprochenen Zurückweisung an der deutschen Außengrenze. Diese sollen mit Schwarz-Rot jetzt kommen, aber nur, wenn die EU-Nachbarländer mitmachen.
Ein Winkelzug, der in der Realität erst einmal umgesetzt werden muss. Was macht Schwarz-Rot, wenn sich die Nachbarländer bei den Zurückweisungen querstellen? Die Blicke in Berlin dürften sich deshalb am Sonntag auf die deutschen Nachbarländer gerichtet haben. Aus Österreich kam Lob für das Vorhaben – doch mitmachen will man offenbar nicht.

Österreich lobt Migrationspläne von Union und SPD – „Es ist erfreulich“
„Es ist erfreulich, dass sich auch Deutschland dazu bekennt, konsequent gegen illegale Migration vorzugehen“, sagte der österreichische Bundeskanzler Christian Stocker im Gespräch mit der Bild-Zeitung. „Wir setzen uns schon seit Jahren für effektive Maßnahmen ein, insbesondere für einen robusten Außengrenzschutz.“ Nur durch eine sichere Außengrenze könnten weitere Probleme an den Innengrenzen vermieden werden, führte der Bundeskanzler weiter aus.
Stocker übernahm erst im Januar dieses Jahres die Führung der österreichischen Volkspartei ÖVP. In der vergangenen Woche wurde er an der Spitze einer Regierung mit SPÖ und Neos zum Bundeskanzler gewählt. Auch die sogenannte „Zuckerl-Koalition“ sprach sich für deutliche Verschärfungen in der österreichischen Migrationspolitik aus. Findet Merz in Stocker also einen wichtigen Partner für die Migrations-Pläne von Schwarz-Rot?
Trotz Lob für Merz-Vorstoß bei Migration: Österreich bereitet Antwort auf deutsche Maßnahmen vor
„Sollten die Maßnahmen Deutschlands Auswirkungen auf Österreich haben und den Migrationsdruck erhöhen, werden wir entsprechende Maßnahmen setzen, um dem wirkungsvoll zu begegnen“, sagte der ÖVP-Chef mit Blick auf die geplanten Zurückweisungen an der deutsch-österreichischen Grenze. Eine Absage an die Pläne von Merz klingt erstmals anders – eine Zusage jedoch auch.
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Es gibt Zweifel, ob Zurückweisungen Schutzsuchender direkt an den Grenzen mit dem Europarecht vereinbar sind. Merz wies allerdings darauf hin, dass dies auch heute schon vielfach so gehandhabt werde. Die SPD hatte sich im Wahlkampf strikt gegen solche Zurückweisungen gestellt. Sie stimmte dem aber nun im Grundsatz zu, sofern dies mit anderen betroffenen EU-Staaten abgestimmt werde.
Österreich lässt Merz-Pläne platzen – Innenministerium will Zurückweisungen nicht akzeptieren
Doch während Stocker voller Lob für die Migrationspläne einer möglichen neuen Koalition in Deutschland ist, kommen aus dem österreichischen Innenministerium andere Töne. Dieses hat die Grenzpolizei dazu angewiesen, Rückweisungen von Asylsuchenden an der Grenze nicht zu akzeptieren. Das berichtet die dpa. Aus der Sicht des Ministeriums dürfen Menschen, die einen Asylantrag stellen, nach geltendem EU-Recht nicht formlos an der Grenze abgewiesen werden. Demnach würde dem Migrationsplan von Merz zumindest mit Blick auf Österreich bereits das Aus drohen. Rückweisung an der Grenze zu Österreich könnten dann wohl nicht erfolgen.
Das Kuriose an der Sache: Innenminister Gerhard Karner gehört ebenfalls der ÖVP an und ist somit ein Parteikollege von Stocker. Was es mit den unterschiedlichen Aussagen von Innenminister und Bundeskanzler in Österreich auf sich hat, war am Sonntagabend noch unklar. Die Bild spekulierte in ihrem Bericht, dass Stockers Aussage so verstanden werden könnte, dass Österreich in Reaktion auf Deutschland ebenfalls Zurückweisungen an den Innengrenzen vornehmen könnte – zum Beispiel zu Italien oder Slowenien. Somit könnte eine Art Domino-Effekt ausgelöst werden.
Migrations-Wende von Merz bereits vor dem Aus – wagt der CDU-Chef einen Alleingang?
Denkbar ist jedoch auch, dass Stocker mit seiner Aussage Bezug auf die Maßnahmen seines Innenministers nehmen wollte. Die vom Bundeskanzler angekündigten „wirkungsvollen“ Maßnahmen könnte somit auch bedeuten, die von Deutschland durchgeführten Zurückweisungen an der Grenze nicht zu akzeptieren.
Merz Migrationsplan droht also bereits vor dem Beginn der Koalitionsgespräche zwischen Union und SPD zu scheitern. „Wir versuchen einen Weg im Konsens“, sagte Merz am Sonntag im „Interview der Woche“ des Deutschlandfunks mit Blick auf die geplanten Maßnahmen. Der CDU-Chef fügte jedoch hinzu: „An erster Stelle steht für mich die Sicherheit unseres eigenen Landes.“ Auch ein deutscher Alleingang scheint somit nicht ausgeschlossen. (fd mit Material von afp)