Brisante Kampfjet-Sorgen für Deutschland: F-35 mit „Kill Switch“ für Trump?

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„Der Jet, den jeder haben will“: Eine F-35 im Showroom von Lockheed Martin in Fort Worth, Texas, bei der Übergabe an Norwegen. Jetzt keimen Gerüchte auf, die USA würden auch nach dem Verkauf die Kontrolle über die Maschinen wieder übernehmen können. © AFP / Laura Buckman

„Risky business“ für beide Seiten: Trumps Gebaren erschüttert das Vertrauen der Alliierten; er soll auch bei seinen Waffen am Drücker bleiben wollen.

Washington D. C. – „Der ‚Kill Switch‘ in der F-35 ist mehr als nur ein Gerücht. Viel einfacher geht’s aber über das Missionsplanungssystem, dann bleibt der Flieger gleich am Boden“, sagt Joachim Schranzhofer gegenüber der Bild. Das Blatt zitiert den Kommunikationschef des deutschen Rüstungskonzerns Hensoldt wegen der Befürchtung, US-Präsident Donald Trump könne die künftigen deutschen F-35-Kampfjets einfach abschalten, wenn er wollte.

Die Befürchtung geht zurück auf eine Äußerung von Christophe Gomart gegenüber dem französischen Magazin Le Point. Der Europaabgeordnete der Europäischen Volkspartei und ehemalige Leiter des französischen Militärgeheimdienstes habe betont, die europäische Unabhängigkeit betrachte er als eingeschränkt; schließlich behielten sich die USA die Steuerung zentraler Systeme ihrer Waffen vor: Länder, die über Ausrüstung amerikanischen Ursprungs verfügen, dürften diese eventuell ohne die Zustimmung des US-Verteidigungsministeriums nicht einsetzen, schreiben die griechischen Amyna News stellvertretend für viele Medien weltweit.

F-35-Deal: „Dass ein französischer Politiker die US-Konkurrenz schlecht redet ist nicht überraschend“

Auch in Militärforen wird heiß diskutiert: „Dass ein französischer Politiker die US-Konkurrenz schlecht redet und gleichzeitig die Rafale bewirbt, ist nicht überraschend“, ätzt User „Diogenes“ im Forum Sicherheitspolitik. Belastbare Belege für die Behauptung Gomarts sind aber Fehlanzeige. Möglicherweise kann das Missionsplanungssystem auch ein europäisches Produkt sein, damit die Käuferstaaten gegenüber dem Käufer größtmögliche Autonomie bewahren.

„Die USA brauchen die begrenzten wirtschaftlichen Vorteile, die Waffenverkäufe mit sich bringen, nicht – und schon gar nicht die strategischen Kopfschmerzen, die sie mit sich bringen.“

Wie das Bundeswehr-Journal erläutert hat, unterstütze ein Missionsplanungssystem die Planung sicherer Flugwege und Einsätze, die Darstellung der Wege und Missionen auf digitalen Karten sowie die Aufrechterhaltung der Echtzeitverbindung mit der militärischen Führung. Dabei würden zivile Luftbewegungen, Wetterdaten oder eventuelle Bedrohungen im Flugweg einkalkuliert, so das Magazin. Ereignisse während des Einsatzes würden aufgezeichnet und danach ausgewertet.

Bereits vor zehn Jahren hatten deutsche Eurofighter ein solches System von einer Tochterfirma des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS erhalten. „Das Missionsplanungssystem garantiert den echtzeitnahen und sicheren Abgleich von allen missionsrelevanten Daten vor und nach einem Einsatz“, erklärte Dr. Rolf Wirtz, Leiter des Cassidian-Sektors „Mission Avionics“ gegenüber dem Bundeswehr-Journal. Ihm zufolge würde dadurch „die Sicherheit der Piloten und die Effizienz des Einsatzbetriebes deutlich erhöht“. Wirtz sah in der nationalen Beauftragung eines solchen Systems den Vorteil, Individualitäten der nationalen Streitkräfte in den Planungsprozess mit einzubeziehen, wie er dem Magazin gegenüber äußerte.

Trumps Trumpf: F-35 ist der „Kampfjet, den jeder will“

Allerdings darf ob solcher Behauptungen wie der des „Kill Switch“ tatsächlich gefragt werden, was übrig geblieben ist von der Unterscheidung, die Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) am 23. Juni 1983 vor dem Deutschen Bundestag in seinem Bericht zur Lage der Nation getroffen hat: als er differenziert hat zwischen den „Freunden im Westen“ und „unseren Nachbarn im Osten“. Vielleicht sind die Freunde im Westen jetzt etwas verschnupft, dass sich Deutschland immer auf sie verlassen hat. Mit einem „Kill Switch“ hätte Donald Trump aber wohl ganz Europa unter seiner Knute – wenn der „Kill Switch“ denn überhaupt existierte.

Zum „Kampfjet, den jeder will“ apostrophiert Aaron Spray den bis zu 80 Millionen Euro teuren Kampfjet und zitiert Justin Bronks: „Trotz der höheren Betriebskosten hat sich jede einzelne Luftwaffe, die die F-35 direkt mit ihren europäischen und amerikanischen Konkurrenten vergleichen durfte, letztlich für die F-35 entschieden. Ihre Einsatzfähigkeit in umkämpften Lufträumen ist einfach eine Klasse für sich“, so der Analyst des britischen Thinktanks Royal United Services Institute (RUSI) aktuell im Magazin Simple Flying.

Im vergangenen August hatte Spray schon berichtet, dass die USA ihren F-35-Kampfjet auch nur an handverlesene Nationen veräußerten – der Ukraine hatten sie ihn beispielsweise vorenthalten und sie mit der F-16 abgespeist; und das immerhin unter einer demokratischen Regierung. Abgelehnt seien Wünsche aus Ländern, von denen die USA befürchteten, dass die Jets dort durch russische oder chinesische Spione entschlüsselt würden, so Simple Flying. Das Magazin führt auf der Liste der Enttäuschten Taiwan ganz oben. Dicht gefolgt von der Türkei, das zwar am Bosporus eine Säule der Nato-Verteidigung darstellt, aber die USA durch den Kauf russischer S-400-Luftabwehrsysteme vergrätzt hat.

Kampfjet mit Tücken: Laut Experten ist der wirtschaftliche Nutzen von Waffenverkäufen fraglich

Laut Simple Flying warten auch die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien sowie Katar auf die Lieferung bestellter F-35.– offenbar scheitert der Deal an Bedenken Israels. Darüber hinaus notiert das Magazin: „Obwohl Israel beispielsweise ein sehr enger Verbündeter ist, verbieten die USA israelischen Piloten mit ausländischem Pass, die Flugzeuge zu fliegen.“ Grundsätzlich reagieren die USA zurückhaltend auf Anfragen aus Ländern, die das chinesische 5-G-Netz von Huawei nutzen. 19 Länder haben den Jet inzwischen gekauft oder den Kauf geplant. Zu den Unentschlossenen soll auch Ungarn gehören – allerdings scheint das Verständnis von Ungarns Regierungschef Viktor Orban für Wladimir Putin die Bereitschaft der USA stark zu dämpfen.

Bereits 2018 hatten sich A. Trevor Thrall und Caroline Dorminey mit dem „risky business“ auseinandergesetzt – mit der Rolle von Waffenverkäufen in der US-Außenpolitik. Laut den Analysten des US-amerikanischen Thinktanks Cato Institute sei der wirtschaftliche Nutzen von Waffenverkäufen fraglich und ihr strategischer Nutzen weitaus unsicherer und begrenzter als die meisten glauben, wie sie schrieben; obwohl sie grundsätzlich Waffenverkäufe als ein nützliches Instrument der Außenpolitik erachten – allerdings „in den meisten Fällen“ nicht als den besten Weg, um außenpolitische Ziele der USA zu erreichen, wie sie klarstellen.

Putins Vorteil: Ohne US-amerikanische Waffen wäre der Ukraine-Krieg längst am Ende

An vier Punkten wollen sie erkennen, dass sich die USA mit Waffenverkäufen ins eigene Fleisch schnitten: Erstens trügen die Verkäufe „kaum zur Verbesserung der amerikanischen Sicherheit bei“, zweitens seien die sicherheitsrelevanten Vorteile „weitaus begrenzter und unsicherer“ als gemeinhin angenommen; drittens stellten Waffenverkäufe per se ein Sicherheitsrisiko dar. „Und schließlich würden die Vereinigten Staaten durch ein Ende der Waffenverkäufe erhebliche diplomatische Vorteile erlangen“, behaupteten Thrall und Dorminey – das kann nur bedeuten, dass eine Reduktion von US-amerikanischen Waffen möglicherweise den Raum für ein Miteinander in Verhandlungen erleichtern würde.

Ohne US-amerikanische Waffen wäre der Ukraine-Krieg tatsächlich längst am Ende und hätte zumindest vielen Menschen das Leben gelassen – und vielleicht einen Ausgang vorgezogen, der möglicherweise ohnehin unausweichlich ist. Für Deutschland bedeutet die F-35 eine gleichermaßen hohe Abhängigkeit in einem Konflikt gegen die Interessen der USA. Und die wurde bereits zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung kritisiert, wie die Deutsche Welle (DW) berichtet hat: In Frankreich habe die Entscheidung für Frustration gesorgt, zitiert die DW Paul Maurice.

USA kaufen sich die Welt: „Die F-35 wird als Symbol amerikanischer Macht innerhalb der Nato verstanden“

„Die F-35 wird hier als Symbol amerikanischer Macht innerhalb der Nato verstanden. Nach all den Reden über europäische Autonomie und Souveränität hätte man von Deutschland eine stärkere Ausrichtung auf eine europäische Rüstungspolitik erwartet“, hat der Forscher am Französischen Institut für Internationale Beziehungen in Paris gesagt. Immerhin seien die 35 F-35A, die für die Bundeswehr für 8,3 Milliarden Euro gekauft werden sollen, ohnehin nur als „Übergangslösung“ geplant, wie die Deutsche Welle unter Bezug auf die Regierung berichtet. Die F-35 seien der Ersatz der Nuklearwaffenträger Tornado und der neue gemeinsame Nenner der Luftwaffen vieler europäischer und Nato-Länder.

Daneben würde das für 2040 geplante FCAS (Future Combat Air System) als deutsch-französisch-spanische Koproduktion weiter verfolgt werden. Ein Vorhaben, das Trevor Thrall und Caroline Dorminey gutheißen würden, weil sie mit Donald Trumps offensiver Wirtschaftspolitik in seiner ersten Amtszeit von 2017 bis 2021 ohnehin gehadert hatten:

„Die USA brauchen die begrenzten wirtschaftlichen Vorteile, die Waffenverkäufe mit sich bringen, nicht – und schon gar nicht die strategischen Kopfschmerzen, die sie mit sich bringen.“

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