Bundestagsabgeordneter Alexander Radwan wird 60: „Man wird im Alter gelassener“

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Saß bereits in drei Parlamenten: Alexander Radwan, Bundestagsabgeordneter aus Rottach-Egern, feiert heute seinen 60. Geburtstag. © THOMAS PLETTENBERG

Alexander Radwan wird heute Sechzig. Im Interview mit unserer Zeitung spricht er über seinen Geburtstag, politische Ämter und eine mögliche Ehe.

Landkreis – Er eröffnet bei der CSU im Landkreis den Reigen der runden Geburtstage. Ehe Landrat Olaf von Löwis im Oktober 70 und Landtagsabgeordnete und -präsidentin Ilse Aigner im Dezember 60 werden, begeht der CSU-Bundestagsabgeordnete und Kreisvorsitzende Alexander Radwan aus Rottach-Egern am heutigen Freitag seinen 60. Geburtstag. Wir erreichen ihn im Auto, auf dem Rückweg vom Golfplatz. Seiner Lebensgefährtin zuliebe macht er gerade einen Schnupperkurs. Ob’s was wird mit der Platzreife, weiß er noch nicht. Spruchreif dagegen ist die Sache mit seinem Runden.

Glückwunsch zum Sechzigsten, Herr Radwan. Wie werden Sie Ihren Geburtstag verbringen?

Ich war noch nie der große Feierer, und ich halte es auch diesmal so. Am liebsten gehe ich an meinem Geburtstag auf den Berg mit meinem Hund. Diesmal verbringe ich den Tag voraussichtlich in meiner Geburtsstadt München – bei schönem Wetter über den Viktualienmarkt schlendern und im Biergarten sitzen, bei schlechtem Wetter das Deutsche Museum besuchen. Da war ich zuletzt als Jugendlicher.

Macht Sie die Sechzig nachdenklich?

Die bisherigen Zahlen waren mir immer wurscht, aber es ist schon so, dass der Zeithorizont nicht länger wird. Der Großteil des Weges ist gegangen. Aber ich sehe deshalb keinen Grund, depressiv zu werden.

Das Alter hat auch etwas Positives

Sie haben 2020 einen Herzinfarkt erlitten. Leben Sie seit dem Vorfall bewusster?

Ich hatte das Glück, dass ich damals sofort richtig behandelt wurde und deshalb keine Schäden davongetragen habe. Ich kann ohne Beeinträchtigungen leben. Aber man ist natürlich sensibilisiert. Dort, wo ich die Hoheit über meinen Terminkalender habe, schaffe ich mir jetzt auch Freiräume und tue etwas für meine Gesundheit. Hier hat das Alter auch etwas Positives: Man wird gelassener.

Der Ruhestand ist noch nicht in Sicht. Kürzlich sind Sie von der CSU erneut als Bundestagskandidat nominiert worden. Sind im Alter auch noch andere politische Ämter für Sie denkbar, Landrat beispielsweise?

(lacht) Netter Versuch. Nein, ich konzentriere mich auf die nächste Bundestagswahl und darauf, dass wir als Union ein gutes Ergebnis bekommen und wieder die politische Verantwortung in Berlin übernehmen.

Alexander Radwan als Kind in Strumpfhosen.
Alexander Radwan als Kind am See. © privat

Keine Ambitionen auf andere Ämter in Berlin?

Es muss die richtige Aufgabe sein, die interessant ist und zu mir passt. Durch meinen Werdegang habe ich oft genug bewiesen, was ich kann, aber ich war nie derjenige, der nach Ämtern gestrebt hat. Das ist nicht meine Art. Entweder kommt das Amt zu einem, oder es kommt nicht.

In vorderster Reihe zu stehen, ist für Politiker nicht unbedingt leichter geworden.

Ja, die Verrohung der Gesellschaft ist schon etwas, das mir auch mit Blick auf unsere Kommunalpolitiker Sorge bereitet. Die persönliche Belastung und die Anfeindungen werden immer größer. Und auch die politische Kultur hat sich verändert.

Abgeordneter in drei Parlamenten

Ein Beispiel?

Als ich 1999 als Abgeordneter im Europäischen Parlament angefangen habe, gab es Bündnisse zwischen zwei Fraktionen. Jetzt besteht es aus Blöcken von drei bis vier Fraktionen. Die extremen rechten und linken Parteien haben stark an Einfluss gewonnen und untergraben die Demokratie. Die Arbeit in Brüssel hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert.

Sie saßen anschließend fünf Jahre im Landtag und sind seit 2013 Abgeordneter im Bundestag. Welches Parlament liegt ihnen am besten?

Alle drei waren und sind spannend. Die unmittelbarste Politik ist immer noch die Kommunalpolitik, dann kommt der Landtag. Berlin und Brüssel sind schon weit weg. In Berlin bin ich jetzt aber am richtigen Ort. Meine Aufgabenbereiche sind hochaktuell, hochbrisant und damit unwahrscheinlich spannend. Anfang September beispielsweise reise ich mit einer Delegation um den Bundespräsidenten nach Ägypten. Das Ansehen Deutschlands in der arabischen Welt hat unter der aktuellen Regierung sehr gelitten. Wir müssen alles tun, damit wir den Brückenschlag wieder hinbekommen.

Mit Blick auf den Beginn Ihrer politischen Karriere – haben sich Ihre Überzeugungen verändert?

Eine politische Überzeugung hat sich bei mir gefestigt: dass ein geeintes Europa die Basis für Frieden und Freiheit auf dem Kontinent ist. Dieser Frieden ist in Gefahr, wie wir leider gerade sehen. Unsere wichtigste Aufgabe als Politiker muss es sein, dass die nächsten Generationen auch noch das Privileg haben werden, in Frieden zu leben.

Gab es eine politische Entscheidung, die Sie heute anders treffen würden?

Ich habe damals im EU-Parlament gegen den Beitritt von Rumänien und Bulgarien votiert, weil es mir zu diesem Zeitpunkt zu früh vorkam. Heute bin ich heilfroh, dass beide Staaten Mitglied der EU und der Nato sind. Und beim Thema Sterbehilfe habe ich im Bundestag sehr konservativ-christlich abgestimmt. Es gab Kritik aus dem engsten Familienkreis, mein Vater hat es mir sehr übelgenommen.

Alexander Radwan als Bub auf einer Almwiese.
Der Bundestagsabgeordnete als Bub auf einer Almwiese in der Heimat. © THOMAS PLETTENBERG

Er war damals pflegebedürftig?

Ja, und er wollte das Recht haben, seine eigene freie Entscheidung zu treffen. Solange jemand frei entscheiden kann, ist das in Ordnung, aber viele werden zu ihrer Entscheidung gedrängt. Der rechtliche Rahmen muss auch andere schützen.

Ihre fast 91-jährige Mutter lebt heute noch in ihrem Haus in Rottach-Egern. Was bewundern Sie an ihr?

Ihren Kampfgeist und Durchhaltewillen. Ihr Motto: niemals aufgeben! Sie ist ein Leben lang neugierig gewesen und war übrigens die Erste in der Familie, die Online-Banking gemacht hat. Sie hat inzwischen Einrichtungen, die sie im täglichen Leben unterstützen, ist ansonsten aber noch sehr selbstständig. Wir müssen alles daransetzen, dass die Menschen in Würde altern können. Ich bin froh, dass wir in Rottach unter einem Dach leben, wenn auch in getrennten Wohnungen.

In der Öffentlichkeit treten Sie stets solo auf. Sie haben aber eine Lebenspartnerin, mit der Sie vor einigen Jahren als Zeichen der Verbundenheit auch Ringe getauscht haben. Können Sie sich vorstellen, eines Tages noch zu heiraten?

(lacht) Jetzt muss ich vorsichtig sein, was ich sage, sie sitzt gerade neben mir. (dann wieder ernst) Ja, ich kann mir das schon vorstellen.

Zur Person

Alexander Radwan, am 30. August 1964 als Sohn einer Deutschen und eines Ägypters in München geboren, ist Rechtsanwalt und Diplom-Ingenieur mit der Fachrichtung Luftfahrzeuge. Vor seiner Zugehörigkeit zum Europäischen Parlament (1999 bis 2008) war er in einem global agierenden Unternehmen der Informations- und Telekommunikationsbranche tätig. Dem Bayerischen Landtag gehörte er von 2008 bis 2013 an, dem Bundestag seit 2013. Hier ist er Mitglied im Auswärtigen Ausschuss und im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union. Den Kreisvorsitz der CSU im Landkreis Miesbach führt er seit 2014.

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