CSU-Bundestagsabgeordneter Alexander Radwan über AfD: „Friedensgefährdend und zerstörend“

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Auch der CSU-Bundestagsabgeordnete Alexander Radwan aus Rottach-Egern hat einen Migrationshintergrund. © Thomas Plettenberg

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Alexander Radwan zeigt sich entsetzt von dem Potsdamer Treffen, an dem auch AfD-Politiker teilnahmen. Das Interview.

Bad Tölz-Wolfratshausen – Die Massenvertreibungspläne, die nach einem Treffen in Potsdam, an dem auch AfD-Politiker teilnahmen, publik wurden, haben viele Menschen erschreckt. Seitdem gibt es Demos mit hunderttausenden Teilnehmern in ganz Deutschland. Besonders beängstigend sind die Pläne für Menschen mit Migrationshintergrund. Den hat, als Sohn einer deutschen Mutter und eines ägyptischen Vaters, auch der CSU-Bundestagsabgeordnete Alexander Radwan. Was haben die Pläne bei ihm ausgelöst, und wie begegnet man Abgeordneten einer Partei, die einen am liebsten ausweisen möchten?

Was haben Sie gedacht, als Sie von den Massendeportationsplänen gehört haben, die bei dem Potsdamer Treffen geschmiedet wurden?

Mein erster Gedanke war: Ups, die wollen tatsächlich auch mich loswerden. Es ging dabei ja nicht nur um ausländische Mitbürger, sondern explizit auch um solche mit deutscher Staatsbürgerschaft. Mein nächster Gedanke war, dass wir demnächst vermutlich wieder über einen Arier-Nachweis diskutieren, denn nur wer unsere Gesellschaft komplett aushebeln will, schmiedet solche Pläne. Schauen Sie sich doch mal im Landkreis um: Wie leer wären unsere Geschäfte, wenn wir Menschen mit Migrationshintergrund ausweisen würden? In München wäre ein Drittel der Inhaber aller Handwerksbetriebe betroffen, hat der Handwerkskammerpräsident ausgerechnet – von der Pflege ganz zu schweigen. Aber es geht noch viel weiter. Querbeet wären alle Branchen betroffen – bis hin zu den besten Softwareentwicklern, die aus Indien kommen.

Hat sich der Umgang mit der AfD im Bundestag geändert?

Nein, geändert hat sich nicht viel, eher hat sich durch das Bekanntwerden der Pläne vieles bestätigt. Ich hatte immer Kontakt zu den Abgeordneten anderer Fraktionen. In einem Ausschuss war ich zusammen mit einem Abgeordneten, der ist Kommunist durch und durch. Doch trotz dieser politischen Distanz konnte man abends zusammen ein Bier trinken und gemeinsam lachen. Das geht mit der AfD nicht. Wie soll das auch mit jemandem möglich sein, der in einer Whatsapp-Gruppe den Hitlergruß zeigt? Die AfD greift die Grundfesten unserer Gesellschaft an, die Unantastbarkeit der Menschenwürde, unser christliches Weltbild. Nationalismus ist die Ursache für Kriege, und was die AfD tut, ist friedensgefährdend und zerstörend.

„Der Ton ist erschreckend“: CSU-Bundestagsabgeordneter Radwan warnt vor AfD

Dennoch fährt sie in Wahlumfragen gute Ergebnisse ein. Wo soll das alles noch hinführen?

Zu einer weiteren Radikalisierung. Das ist eine Entwicklung, die mir Sorge bereitet. Die Flüchtlingsproblematik eskaliert, und es gibt eben Gruppierungen, die diese schlechte Stimmung nutzen und daraus Profit schlagen. Natürlich wünsche ich mir auch, dass in Sachen Asylpolitik mehr von der Bundesregierung kommt. Aber das Ganze darf nicht dazu führen, dass sich die Bürgermeister bei der Suche nach Asyl-Unterkünften gegeneinander in Stellung bringen und passende Standorte nur noch im Nachbarort suchen. Ich betrachte aber auch mit Sorge, dass der Respekt gegenüber Politikern, gerade auch gegenüber von Lokalpolitikern, sinkt. Der Ton ist erschreckend und beunruhigend. Man muss sich nur anschauen, wie der Miesbacher Landrat bei der Bürgerversammlung zur geplanten Warngauer Asylunterkunft angegangen worden ist. Der Tölzer Landrat kennt das aber auch. Wo führt das hin? Wir wollen, dass Politiker aus der Mitte der Gesellschaft kommen, gerade in der Kommunalpolitik. In zwei Jahren sind Kommunalwahlen. Ich denke, dass es eine noch größere Herausforderung werden wird, Menschen zu einer Kandidatur zu motivieren, wenn sie sich darauf einstellen müssen, so angegangen zu werden.

Wie sehen Sie die vielen Demos für Demokratie und gegen Rechtsextremismus?

Ich finde es für die Gesellschaft gut, wenn sich Menschen gegen extremistische Tendenzen und Strömungen von rechts und von links engagieren. Und deshalb unterstütze ich alle Demos, die gegen Radikalisierung, für die Menschenwürde und die Demokratie durchgeführt werden.

Interview: Veronika Ahn-Tauchnitz

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