Lange Jahre wuchsen eine Robinie und eine Eibe im Garten des Klosters Schwaz heran, künftig wird ihr Holz das Allerheiligste in drei Kirchen in Uganda beherbergen. Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist die Miesbacher Mesnerin und Drechslermeisterin Brigitte Denz, Ausgangspunkt ein Herzenswunsch von Urlaubspfarrer Primus Asega.
Miesbach – Wenn Brigitte Denz (55) mit ihrer Hand über die fast fertige Monstranz streicht, spürt sie nicht nur die gewachsene Struktur des Holzes. Sie fühlt sich auch an etwas erinnert, das in ihrem Glauben wurzelt: „Gottes Wege sind wunderbar“, sagt die Miesbacher Mesnerin und Drechslermeisterin. Wie sonst hätte es wohl passieren können, dass sie über einen Buchbindekurs am Franziskanerkloster Schwaz in Tirol an den Werkstoff für das wohl außergewöhnlichste Projekt in mehr als 30 Jahren Laufbahn kommt: an das Holz für drei Monstranzen für die Kirchen von Urlaubspfarrer Primus Asega in Uganda.
Geschenk für den Urlaubspfarrer
Seit 25 Jahren kommt der Monsignore im Sommer aus seiner Pfarrei St. Charles Lwanga Oli am Stadtrand von Arua im Norden Ugandas nach Miesbach, um die hiesigen Seelsorger im Urlaub zu vertreten. Bereits vor zwei Jahren habe er den Wunsch geäußert, seine Kirchen mit einer Monstranz auszustatten, berichtet Denz. Doch alle Versuche, ein solches liturgisches Gefäß zur Hostienanbetung aufzutreiben, liefen ins Leere. Das Problem: Hierzulande seien Monstranzen aus der Historie heraus oft kostbar mit Gold und Edelsteinen verziert, weshalb die Kirchenstiftungen selbst nicht mehr benutzte Exemplare nicht ohne Weiteres abgeben dürften.
Nichtsdestotrotz entschied sich der damalige Pfarrvikar Michael Engel, bei seiner Verabschiedung Anfang dieses Jahres Spenden für eine Monstranz für den ihm sehr verbundenen Primus zu sammeln. Am kommenden Sonntag, 31. August, schließt sich im Abendgottesdienst um 19 Uhr in der Miesbacher Stadtpfarrkirche nun der Kreis: Der Urlaubspfarrer wird die erste der drei von Denz gedrechselten Monstranzen segnen, um sie – als besonderes Geschenk zu seinem 25-jährigen Wirken in Miesbach – bei seiner Rückreise mit nach Uganda zu nehmen. Die anderen beiden Exemplare wird ihm die Pfarrei mit der Post nachschicken.
Holz aus dem Klostergarten
Den ersten Grenzübertritt des eigentlich zum Verbrennen vorgesehenen Holzes organisierte Denz zusammen mit einem für den Klostergarten in Schwaz zuständigen Frater. Der habe ihr bei besagtem Buchbindekurs erzählt, dass dort mehrere Bäume gefällt werden müssen, erzählt die Mesnerin. Als sie das an dieser besonderen Stelle gewachsene Holz einer Robinie und einer Eibe begutachtete, wusste die 55-Jährige sofort, dass sie den perfekten Werkstoff für Primus Asegas Herzenswunsch gefunden hatte.
Drechselarbeit mit Liebe zum Detail
Das bestätigte sich, als Denz in der heimischen Werkstatt die Stammteile mit der Bandsäge zerteilte. „Farbe und Maserung waren wunderbar“, schwärmt die 55-Jährige. Nach dem Trocknen begann sie mit dem Drechseln der jeweils drei Einzelteile pro Monstranz. Auch hier achtete sie darauf, die natürlichen Eigenschaften des Holzes beizubehalten. So sortierte sie einen Ringriss nicht aus, sondern setzte an dieser Stelle einen Zierstreifen aus Esche in Richtung der natürlichen Maserung ein.
Auch wenn sie jeweils unterschiedlich gestaltet sind: Alle drei Monstranzen wird ihre schnörkellose Schlichtheit auszeichnen. Selbst der Schellack, mit dem Denz sie nach dem Schleifen einlässt, dient nur als Schutz, ohne den Charakter des Holzes zu stark zu verändern. Das einzige goldene Element werden die aus dem Lager des Erzbistums stammenden verglasten Einsätze für die Hostien, die sogenannten Lunulä. Wenn es nach Denz ginge, bräuchte es aber auch hier keinen Glanz. Gemäß der heutigen liturgischen Sichtweise solle nichts vom Allerheiligsten ablenken.
Eine der letzten Drechslerinnen
Dass darunter die eigene Kreativität nicht leiden muss, beweist die Mesnerin, seit sie 2007 ihren Dienst angetreten hat. „Ich muss mich ausleben können, sonst zerreißt es mich“, sagt sie und lacht. Auch deshalb hält sie an ihrem Handwerk fest, obwohl die Aufträge in Zeiten von Balkonbalustern und Treppensprossen aus Edelstahl und anderen Werkstoffen stark zurückgegangen sind. Schon um ihren Meistertitel musste Denz kämpfen, da sie als gelernte Schreinerin für die Zulassung zur Prüfung drei Jahre als Gesellin nachweisen musste. „Die konnte ich aber nirgends machen, weil es damals schon kaum mehr Drechslerbetriebe gab“, erklärt sie. Edmund Stoiber, damals Stimmkreisabgeordneter der CSU für Miesbach, habe sich dafür eingesetzt, dass sie die Berufserfahrung ausnahmsweise in der eigenen Werkstatt sammeln durfte. So legte Denz 1994 in Nürnberg als eine von vier Anwärtern in Süddeutschland die Prüfung ab. Ihr Meisterstück: Schachfiguren.
Handwerk als Ausgleich
Heute ist das Handwerk für die Mesnerin vor allem eine Art Ausgleich. „Wenn ich mal fünf Stunden lang nur Holz um mich rum habe, fühle ich mich wieder richtig erholt.“ Zumindest einen weiteren Auftrag hätte sie für die Zeit nach der Fertigstellung der Monstranzen schon: Am Balkon ihres eigenen Hauses fehlen einige Baluster. „Das Holz hätte ich schon da“, sagt die 55-Jährige und lacht. „Aber ich arbeite gern auf den letzten Drücker.“ Bereits fertig ist dafür eine Hostiendose aus Robinienholz. Sie geht aber nicht nach Uganda, sondern nach Schwaz – als Dank für die Holzspende der Franziskaner.
Beim Abendgottesdienst
am Sonntag, 31. August, um 19 Uhr wird Primus Asega mit seiner neuen Monstranz den eucharistischen Segen spenden. Bernd Stahuber begleitet die Messe musikalisch. Anschließend geht es zum gemütlichen Ausklang im Pfarrheim, wo Primus Asega auch Bilder aus seiner Pfarrei in Uganda zeigt.