„Zitterpartie“ bei der Ernte und Sorgen bei Bayerns Bauern – zwei Lieblingssorten schwächeln 2025

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Gute Ergebnisse beim Obst, bei Getreide im Soll, Sorgen bei Kartoffeln: Die Ernte 2025 fällt durchschnittlich aus. Vor allem bayerische Bauern klagen.

Mit einer Mischung aus Erleichterung und Zukunftssorgen trat Bauernpräsident Joachim Rukwied am Dienstag vor die Mikrofone. Der Deutsche Bauernverband stellte seine Erntebilanz vor. Beim Getreide sei es gerade noch einmal gut gegangen: Mit 43,5 Millionen Tonnen liegt die erwartete Gesamterntemenge über den schlechten Ergebnissen der letzten zwei Jahre (2024: 39 Mio. Tonnen) und im Durchschnitt der letzten zehn Jahre. Am stärksten war die Ernte bei Winterweizen und Wintergerste.

Aber: Die Ernte sei dieses Jahr eine „Zitterpartie“ gewesen, sagte Rukwied. Und in einigen Regionen gibt es Sorgen – darunter auch Bayern.

Ernte als „Zitterpartie“: Wetter bereitet Bauern Sorge

„Der anhaltende Niederschlag während der eigentlichen Erntezeit hat auch in diesem Jahr die Arbeit von uns Landwirten erheblich behindert“, schilderte Rukwied, selbst gelernter Landwirt. „Die Mähdrescher blieben zum Teil tage- bis wochenlang auf dem Hof stehen, wodurch das bereits reife Getreide deutlich länger auf dem Feld verblieb. Das führte stellenweise zu deutlichen Qualitätseinbußen.“ Diese Einbußen seien regional unterschiedlich.

Joachim Rukwied bei der Vorstellung der Erntebilanz 2025.
Joachim Rukwied bei der Vorstellung der Erntebilanz 2025. Rukwied ist seit 2012 Präsident des Deutschen Bauernverbandes. © Andreas Schmid/DBV/fkn

Ernte im Freistaat: „Bauern in Bayern müssen weiteres schlechtes Jahr verkraften“

Weniger zufrieden zeigte sich etwa der Bayerische Bauernverband (BBV). Schon im Juli prognostizierte der Verband eine „regional stark schwankende Ernte mit insgesamt unterdurchschnittlichen Erträgen“. Dieses Bild hat sich bestätigt, wie der BBV auf Anfrage des Münchner Merkur von IPPEN.MEDIA mitteilt. „Nach einem schlechten Erntejahr 2024 müssen die Ackerbauern in Bayern ein weiteres schlechtes Jahr verkraften“, heißt es. „Selbst wenn im Vergleich zum sehr schwierigen Vorjahr die durchschnittlichen Erträge dieses Jahr etwas besser ausfallen dürften, sind die Preise und oft auch die Qualitäten für das Getreide schlechter.“

Schuld seien Temperaturextreme. Erst war es extrem trocken. „Das hat bereits Ertrag gekostet“; etwa beim Raps. Dann, als die Betriebe trockenes Erntewetter brauchten, regnete es erheblich – „ein Segen für spätere Kulturen, wie Mais, Kartoffel, Zuckerrüben, aber auch für den Wald“, heißt es vom Landesbauernverband. „Aber auch eine Katastrophe für das erntereife Getreide, das teilweise am Halm angefangen hat zu keimen. Jeder Regentag hat den Bauern am Ende Qualität gekostet.“

Ein Mähdrescher auf einem Getreidefeld in Bad Wörishofen, Unterallgäu. © IMAGO/MiS (Archiv)

Gute Obsternte: Mehr als eine Million Tonnen deutsche Äpfel

Zufriedener sind die Obstbauern im Land. Die Apfelernte fiel überdurchschnittlich gut aus und kletterte auf landesweit mehr als eine Million Tonnen Äpfel. Laut Statistischem Bundesamt rechnen die Betriebe mit etwa 1.009.000 Tonnen. Das wären fast 16 Prozent mehr als 2024 und 3,9 Prozent mehr als im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. Zwei Drittel dieser überdurchschnittlichen Apfelernte kommen aus zwei Bundesländern: Baden-Württemberg und Niedersachsen.

Auch bei Pflaumen und Zwetschgen rechnen die Betriebe mit mehr Ertrag als im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. Grund für gute Obsternten sind günstige Bedingungen, weil es zur Blütezeit mild war und Frost und Hagel in den meisten Anbauregionen ausblieben. Auch Rukwied sprach von guten Obst- und Gemüseernten – nahm aber zwei Bereiche aus: 75.000 Tonnen Erdbeeren seien geerntet worden. „Das ist die kleinste Ernte seit 1995“, so Rukwied. Ebenso habe es dieses Jahr eine vergleichsweise kleine Spargelernte gegeben. 99.000 Tonnen entsprächen dem niedrigsten Wert seit 2010.

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Insekt als Erntekiller? „Im besten Fall haben wir das Thema in fünf Jahren im Griff“

Für die Kartoffelernte lässt sich derweil noch kein abschließendes Fazit ziehen; die Erntezeit erstreckt sich noch bis in den Herbst. Dann zeigt sich auch, wie groß der Schaden der Schilf-Glasflügelzikade ist – das rund fünf Millimeter kleines Insekt mit glasigen Flügeln bedroht die Kartoffelernte. Es überträgt die Pflanzenkrankheit Stolbur. Infizierte Bestände welken, Wurzeln und Knollen werden gummiartig. Der Ertrag sinkt, Geschmack und Qualität leiden, unter anderem durch einen geringeren Zuckergehalt. „Wenn die Kartoffelknolle befallen ist, dann ist sie für den menschlichen Verzehr nicht mehr geeignet“, sagte Rukwied. Auch Rüben oder Rote Beete sind von Zikadenbefall betroffen.

Eine Mitarbeiterin des Hessischen Pflanzenschutzdienstes zeigt den Erntekiller: die Schilf-Glasflügelzikade
Eine Mitarbeiterin des hessischen Pflanzenschutzdienstes zeigt den Erntekiller. Konsumenten müssen bei befallenen Kartoffeln übrigens keinerlei gesundheitliche Beeinträchtigungen befürchten. Die über Zikaden verbreiteten Krankheiten betreffen ausschließlich die Pflanzen und mindern deren Ertrag und Qualität. © Boris Roessler/dpa

Mittlerweile gebe es einige Notfallzulassungen von Schädlingsbekämpfungsmitteln, um Kartoffeln zu schützen. Entspannt sei die Lage aber noch nicht. „Die Schilf-Glasflügelzikade breitet sich immer weiter im Bundesgebiet aus und sorgt damit für massive Herausforderungen, da die Handlungsmöglichkeiten der Landwirte nach wie vor sehr eingeschränkt sind“, hieß es.

Dass sich das Zikadenproblem in naher Zukunft lösen lassen wird, scheint fraglich. Auf Nachfrage unserer Redaktion sagte Rukwied: „Als Landwirt schätze ich das so ein: Im besten Fall brauchen wir noch fünf Jahre, um das Thema in den Griff zu kriegen; möglicherweise dauert es aber auch länger.“ Bauern in Deutschland stehen damit wohl auch in den kommenden Jahren vor Herausforderungen.

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