Gefährliche Pflanzenkrankheit: Insekt bedroht Ernte in Bayern – Forschungen stehen erst am Anfang
Ein kleines Insekt bedroht unter anderem den heimischen Kartoffelanbau. Bayerische Landwirte sind besorgt. Ein Pflanzenschutzmittel gibt es noch nicht.
Neben Zuckerrüben und Kartoffeln sind nun auch Rote Bete und Karotten Wirtspflanzen der Schilf-Glasflügelzikade. Das Insekt breitet sich insbesondere in Bayern weiter aus und überträgt gefährliche Krankheiten auf Pflanzen, wodurch diese welken. Dadurch werden sowohl die Erträge als auch die Qualität geringer.
Allerdings gibt es bislang kein Pflanzenschutzmittel. Ein Forschungsprojekt zur Entwicklung von Bekämpfungsstrategien wird derzeit vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gefördert. Dabei sollen alternative Methoden und ackerbauliche Verfahren im Vordergrund stehen, berichtet die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) auf ihrer Internetseite.
Gummiartige Erträge: Weiterverarbeitung nicht mehr möglich
Die Schilf-Glasflügelzikade ist nur zwischen fünf und neun Millimetern groß. Laut Experten wandern die Schädlinge rund 30 Kilometer pro Jahr. Sie bevorzugen Wärme und Trockenheit und sind derzeit hauptsächlich im Südwesten von Deutschland. Indem sie an Pflanzen saugen, verbreiten die Insekten zwei bakterielle Krankheiten, nämlich Stolbur und SBR. In den vergangenen Jahren hat sich das „Syndrome Basses Richesses“ (deutsch: Syndrom der niedrigen Zuckergehalte, SBR) bereits stark in einigen Anbaugebieten von Zuckerrüben ausgebreitet.

Die Erreger schädigen die Leitungsbahnen der Zuckerrübe sowie deren Wurzeln. Dadurch kann der Zucker nicht mehr richtig in die Rübe weitergeleitet werden – sie wird weich, schrumpelig und gummiartig. Die Rüben können letztendlich sogar faulen. Kartoffeln können durch die Krankheiten, die die Zikaden übertragen, auch ganz weich und gummiartig werden. Sie werden dann „Gummiknollen“ genannt. So können sie nicht mehr weiterverarbeitet werden, beispielsweise zu Chips oder Pommes.
Nach neuen Erkenntnissen sind auch Karotten und Rote Bete Wirtspflanzen Schilf-Glasflügelzikade, berichtet dpa. Bei Karotten kommt es durch die Erreger zu Missbildungen der Wurzeln und die Blätter verfärben sich rot und gelb. Rote-Bete Knollen erkranken zudem an weiteren Pilzkrankheiten, durch die sie verderben.
Was ist die Schilf-Glasflügelzikade für ein Tier?
Die Schilf-Glasflügelzikade ist eine heimische Zikadenart. Zikaden werden auch Zirpen genannt. Schilf-Glasflügelzikaden haben einen schwarzen Körper und häufig hellbraune, feine Linien auf ihrem Rückenschild. Diese kann man mit einem Vergrößerungsglas sehen. Die Flügel der Insekten sind transparent und haben einen leichten Braunton. Schilf-Glasflügelzikaden mögen es eher warm, daher wird davon ausgegangen, dass sie sich durch den Klimawandel weiter ausbreiten.
Erreger gefährden Ernte: „esixtenzbedrohend“
Die Erreger gefährden laut Angaben der Zuckerrübenbauer die Ernte heimischer Karotten und Roter Bete. Christian Lang, Geschäftsführer Verband der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrüben-Anbauer in Worms, sagte: „Bei Roter Bete gibt es bereits einen deutlichen Mangel an gesunder Ware für die verarbeitende Industrie, da sich Geschmack und Lagerfähigkeit nachteilig durch die Krankheit verändern.“
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Sollten die Schäden außerdem an den Kartoffeln stark zunehmen und so der Anbau im Freistaat beeinträchtigt werden, befürchten Experten, dass dieser ganz gestoppt werden könnte. Wie der Bayerische Rundfunk (BR) berichtet, sind Unternehmen sehr besorgt, die etwa Kartoffeln verarbeiten. Der Geschäftsführer von Burgis in Neumarkt in der Oberpfalz, Timo Burger, sagt gegenüber dem BR: „Wenn unser Rohstoff nicht mehr verfügbar ist, ist das existenzbedrohend.“ Burgis beziehe seine Kartoffeln aus der Region, um unter anderem Knödelteig zu produzieren.
Dringender Handlungsbedarf: Vor allem regionale Erzeuger gefährdet

Der Verband der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrüben-Anbauer in Worms sieht wegen aktueller Forschungsergebnisse einen dringenden Handlungs- und weiteren Forschungsbedarf. Denn kleine Erzeuger und Verarbeiter von regionalem Gemüse seien durch die Verbreitung der Zikade gefährdet. Der Verband gab außerdem an, dass circa 80 Prozent der Karotten, die in Deutschland gegessen werden, auch hierzulande produziert werden. Die Bakterien, die durch die Zikaden übertragen werden, sind daher ein großes Problem für die regionale Produktion.
In einer Pressemitteilung des Industrieverbands Agrar (IVA) heißt es außerdem, dass massive Ertragsausfälle aufgrund des Klimawandels in Zukunft die Regel werden würden, „wenn der Landwirtschaft nicht ausreichend wirksame Pflanzenschutzmittel zur Verfügung stehen“. (mit dpa)