Insekt wird zum Erntekiller in Bayern: „Hier wird Kartoffelanbau nicht mehr möglich sein“

  1. Startseite
  2. Bayern

Kommentare

Die heimische Kartoffel ist in Gefahr. Die Pflanzenkrankheit Stolbur bereitet sich in Bayern immer weiter aus – mit gravierenden Folgen. „In den betroffenen Regionen wird Kartoffelanbau nicht mehr möglich sein.“

Sie ist rund fünf Millimeter groß, hat durchsichtige, glasige Flügel und wirbelt gerade die Ernte in Deutschland durcheinander: die Schilf-Glasflügelzikade. Das Insekt hat mehrere Pflanzen in Deutschland befallen, darunter Zuckerrüben, Zwiebeln, Rote Beete und insbesondere Kartoffeln. Die Zikade avanciert immer mehr zum Erntekiller – auch in Bayern.

Erntekiller Zikade: Es droht der „Totalausfall der betroffenen Kartoffelflächen“

Die Zikaden übertragen eine Pflanzenkrankheit namens Stolbur auf die Kartoffeln. Infizierte Bestände welken, Wurzeln und Knollen werden gummiartig. Der Ertrag sinkt, Geschmack und Qualität leiden, unter anderem durch einen geringeren Zuckergehalt. Betroffene Kartoffeln „sind weder vermarktbar noch zu Kloßteig und Pommes verarbeitbar“ erklärt der bayerische Bauernverband auf Anfrage des Münchner Merkur.

Die Union der Deutschen Kartoffelwirtschaft (UNIKA) erklärt auf Anfrage unserer Redaktion: „Die übertragenen Bakteriosen haben das Potenzial für massive Ertrags-, Qualitäts- und Lagerverluste, bis hin zum Totalausfall der betroffenen Kartoffelflächen.“ Nach Angaben der UNIKA sind bundesweit derzeit rund 65.000 Hektar als Regionen eingestuft, in denen Schilf-Glasflügelzikaden vorkommen und Kartoffeln infizieren können. Das entspricht knapp einem Viertel der gesamten Anbaufläche des Grundnahrungsmittels in Deutschland. Besonders betroffen ist Süddeutschland, unter anderem Bayern.

Eine Mitarbeiterin des Hessischen Pflanzenschutzdienstes zeigt den Erntekiller: die Schilf-Glasflügelzikade
Eine Mitarbeiterin des Hessischen Pflanzenschutzdienstes zeigt den Erntekiller. „Die Schilf-Glasflügelzikade ist kein heimisches Insekt, sondern sie ist vermutlich aus südwest- und südöstlichen Regionen eingewandert“, heißt es von UNIKA. © Boris Roessler/dpa

Zikadenbefall bei Kartoffeln: So ist die Lage in Bayern

Schon seit ein paar Jahren sorgt die Zikade in fränkischen Zuckerrübenanbaugebieten für Ärger. 2024 trat dann im Raum Ingolstadt der erste Zikaden-Befall bei einer Kartoffel auf. „Leider bestätigen sich derzeit unsere Befürchtungen und es werden in nahezu allen bayerischen Kartoffelanbaugebieten Zikaden gefunden“, heißt es vom Bauernverband.

Die meisten Zikaden treten derzeit in Zuckerrübengebieten in Lippertshofen (Landkreis Eichstätt) sowie im schwäbischen Buxheim auf. Mit Blick auf Kartoffeln ist die Zikade vor allem in Ostbayern rund um den Zikaden-Hotspot Landkreis Regensburg sowie in Anbaugebieten rund um Ingolstadt, Augsburg und München präsent. Neben Schwaben, Oberbayern und der Oberpfalz gibt es vereinzelt Fälle in Unterfranken. Der Rest Bayerns ist noch weitgehend von Zikadenbefall verschont. Doch das könnte sich laut Bayerischem Bauernverband bald ändern. „Es wird erwartet, dass die Zikade und die damit verbundenen Krankheiten sich in Kürze auf ganz Bayern ausbreiten werden.“

Die Ausbreitung der Zikade in Bayern. Im Freistaat gibt es immer mehr Fälle. © picture alliance / Julian Stratenschulte/dpa | Julian Stratenschulte//Informationssystem Integrierte Pflanzenproduktion e.V. ISIP (Montage)

Die Lage für die Landwirtschaft sei ernst: „Das hohe Schadpotenzial und die schnelle Verbreitung sind ein echtes Problem“, sagt der Bauernverband. „Es geht hier nicht nur um eine Ertrags- und damit Erlösminderung, sondern in den betroffenen Regionen wird ein Kartoffelanbau gänzlich nicht mehr möglich sein – wovon auch alle weiteren Glieder in der Wertschöpfungskette betroffen sein werden.“

Schilf-Glasflügelzikade belastet Ernte: Was bedeutet das für Verbraucher?

Verbrauchern schadet die Schilf-Glasflügelzikade übrigens nicht, zumindest nicht direkt. „Konsumenten müssen keinerlei gesundheitliche Beeinträchtigungen befürchten“, erklärt der Kartoffelverband. „Die über die Zikaden verbreiteten Krankheiten betreffen ausschließlich die Pflanzen und mindern deren Ertrag und Qualität sowie deren Verarbeitungseigenschaften.

Laut dem Verband könnte es allerdings eine „indirekte Wirkung für den Verbraucher“ geben. Konkret drohe „im Herbst eine eingeschränkte Verfügbarkeit von Kartoffeln“. Noch könne man das aber nicht beurteilen. „Dies sicher vorherzusagen ist derzeit aber zu früh und die Landwirtschaft hofft, im Zusammenwirken mit den amtlichen Pflanzenschutzdiensten vor Ort reagieren zu können.“

Auch interessant

Kommentare