So schützen sich Gemeinden und Bürger: Kreisbrandrat und Experte des Wasserwirtschaftsamts raten zur Vorsorge
Hochwasserschutz ist nicht nur Sache der Behörden. Bürger können durch verschiedene Maßnahmen ihr Eigentum schützen, erklären Kreisbrandrat Anton Riblinger und ein Experte des Wasserwirtschaftsamts.
Landkreis – Wie einem Hochwasser begegnen? Wie sich und seine Habe davor schützen? Das sind Fragen, die man sich seit dem Hochwasser im Landkreis Anfang Juni und punktuell auch am gestrigen Mittwoch zwar nicht erstmals, aber doch mit höherer Brisanz stellt. Gefordert sind nicht nur die Behörden, Katastrophenschutz und Blaulicht-Organisationen. Auch privat kann und sollte man auch vorbauen.
Hochwasserschutz ist seit Jahrzehnten Thema im Landkreis – insbesondere in bach- und flussnahen Gebieten. Beispielsweise in Gmund, im Ortsteil Moosrain, wo regelmäßig die Keller vollliefen, wenn der Moosbach über die Ufer trat. Seit dort aber 2008 ein knapp 700 Meter langer Damm aus 600 Kubikmetern Beton, 48 Tonnen Stahl und 45 000 Kubikmeter Kies gebaut wurde, blieb Moosrain von Hochwasser – egal ob von Oberflächenfluten oder durch aufsteigendes Grundwasser – verschont. Obgleich die Hochwasserschutzmaßnahme und der Ausbau des Moosbachs im unteren Lauf noch immer nicht ganz beendet ist. In den Damm als Hochwasserschutzmaßnahme im großen Stil wurden 1,7 Millionen Euro investiert, von denen 75 Prozent der Freistaat Bayern trug.
75 Prozent der Landkreis-Gemeinden arbeiten schon am Sturzflutrisikomanagement
Dieser fordert im Zuge des Klimawandels mit vermehrt auftretenden Starkregenereignissen und Sturzfluten, bei denen oft nicht unterschieden werden kann, ob sie durch Gelände fließendes Wasser (in der Verantwortung der Kommunen) oder durch Hochwasser aus Fließgewässern (Verantwortung des staatlichen Wasserwirtschaftsamts) verursacht werden, von den Gemeinden ein sogenanntes Sturzflutmanagement. Dafür wurde 2017 eigens ein Förderprogramm eingerichtet. „Die Gemeinden können mithilfe von Ingenieurbüros, Karten- und Bildmaterial integrale Bearbeitungskonzepte erstellen“, berichtet der für den Landkreis Miesbach zuständige Baudirektor Andreas Holderer vom Wasserwirtschaftsamt Rosenheim.
Dreiviertel der Landkreis-Gemeinden arbeiteten bereits an dem Thema. Tegernsee sei schon sehr weit gediehen, Bad Wiessee habe sich gerade beworben. Warngau sei so gut wie fertig. Valley und Irschenberg hätten den Förderbescheid erhalten. Holderer resümiert: „Das Sturzflutrisikomanagement im Landkreis Miesbach wird immer mehr. In fünf bis sechs Jahren hat jede Gemeinde die Konzepte auf dem Tisch“, prognostiziert Holderer, räumt aber gleichzeitig ein, dass das Sturzflutrisikomanagement nur etwas bringe, wenn von Seiten der Kommunen auch die Bauleitplanung angepasst werde.
Bis es strukturell so weit ist, gilt es weiterhin vorausschauend zu agieren. Das gilt für die Feuerwehren und andere Blaulichtorganisationen, wie auch für die Bürger selbst. Kreisbrandrat Anton Riblinger berichtet, dass einige Feuerwehren wie beispielsweise die in Bad Wiessee stets Sandsäcke bereithalten, um schnell abdämmen zu können. Die Bad Wiesseer Wehr habe sogar eine eigene Sandsackabfüllmaschine, durch die im Notfall das Tegernseer Tal bestückt werden könne, berichtet Riblinger. Ansonsten halte das THW ein solches Gerät für den Landkreis Miesbach vor. Neu im Landkreis Miesbach seien sogenannte Boxwalls, schnell zusammensteckbare Plastikwände, mit denen Fluten abgelenkt werden können. Sie wurden vom Katastrophenschutz angeschafft und kamen Anfang Juni schon sehr erfolgreich in Oberdarching und Agatharied zum Einsatz. Sie haben Schlimmeres verhindert.
Wenn Wasser in Keller oder in Tiefgaragen eindringt, verlassen Sie diese umgehend und versuchen Sie nicht, noch irgendwelche Gegenstände zu retten! Durch das Wasser können oftmals Türen nicht mehr geöffnet werden. Dann besteht Ertrinkungsgefahr – wie es jüngst in Augsburg passiert ist.
So auch Bretterwände, die Anlieger in Kleinthal in Miesbach kurzfristig errichtet hatten. „Auch Privatleute sind angehalten, vorzubauen – besonders wenn sie in hochwassergefährdeten Gebieten und in der Nähe von Bächen leben“, sagt Riblinger. Besagte Anwohner in Kleinthal haben bereits vor Jahren eine bachseitige Schienenkonstruktion gebaut, in die sie bei Sturzflutereignissen nur noch die Bretter reinschieben, um das Wasser vom Haus abzuleiten. Weiter Baumaßnahmen für den Hochwasserschutz, die sich Immobilienbesitzer überlegen können, sind Drainagen an der Grundstücksgrenze oder rund um die Terrasse. Die Erhöhung der Kellerschächte habe sich ebenfalls bewährt, sagt Riblinger. Auch empfiehlt er besonders gefährdeten Anrainern – wie beispielsweise in Warngau oder Oberdarching – auch selbst gefüllte Sandsäcke vorzuhalten. Und auch eigene Tauchpumpen (möglichst benzin- oder dieselbetrieben), mit denen man auch ohne Strom Kellerschächte auspumpen kann, und Wasserstaubsauger leisteten gute Dienste.
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Riblinger bittet auch Eigentümer, durch deren Grundstücke Bäche fließen, eventuell verbaute Gitter und Röhren im Auge zu behalten und freizuhalten. Generell sei die Bevölkerung gefordert, aufmerksam zu sein: „Die besten Vorsichtsmaßnahmen bringen nichts, wenn man sie nicht rechtzeitig in Stellung bringt“, so der Feuerwehr-Chef des Landkreises. Dieser empfiehlt, die kostenlose Warn-App NINA aufs Smartphone herunterzuladen und die Benachrichtigungen für den Landkreis Miesbach zu aktivieren, um so automatisch über mögliche Wettergefahren informiert zu sein. ak