Miesbach: Tierärztin macht Ausstellung als Plädoyer für legale Hundezucht

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„Es geht um Verantwortungsbewusstsein“: Für Tierärztin Dr. Elisabeth Lickteig, hier mit ihren Chihuahuas, braucht es einen starken Verband, um gegen Qualzuchten vorzugehen. © Team-Tier

Weil große Ausstellungen für Rassehunde immer strengeren Auflagen unterliegen, arbeitet die Miesbacher Tierärztin Dr. Elisabeth Lickteig, die selbst Chihuahuas züchtet, an einem Gegenentwurf. Im Garten ihrer Praxis führte sie unlängst eine eigene Ausstellung durch. Eine Reaktion auf umstrittene Vorschriften.

Die Premiere ist geglückt. Zum ersten Mal hat Dr. Elisabeth Lickteig in ihrem Garten vor Kurzem eine Ausstellung für Cavalier King Charles Spaniel und Kooikerhondjes durchgeführt. Für Chihuahuas war es nach 2023 bereits das zweite Mal. 40 Hunde und 22 Aussteller bis aus Tschechien nahmen daran teil. Aus Lickteigs Sicht ein sehr guter Erfolg: „Die Züchter waren dankbar für diese Gelegenheit. Es lief alles sehr entspannt.“ Der Juni 2025 sei bereits als Termin vorgemerkt.

Bei der internen Veranstaltung waren nur Züchter und geladene Gäste zugelassen. Die Bewertungen übernahm ein Allrounder-Richter vom Verband für das deutsche Hundewesen (VDH), was bei kleinen Veranstaltungen möglich sei. Bei Großveranstaltungen wäre für jede Rassegruppe nach der Federation Cynologique Internationale (FCI) ein Spezialrichter nötig gewesen.

„Uns laufen die Züchter davon“

Dass die Tierärztin nun selbst Ausstellungen durchführt, sei der Gesamtsituation geschuldet, sagt sie: „Uns laufen die Züchter davon vor lauter Auflagen.“ Verantwortlich dafür sieht sie den Gesetzgeber, der zunehmend gegen sogenannte Qualzucht-Rassen vorgehe. Was im Grundsatz richtig sei, aber immer öfter in praxisfernen Regelungen ausufere.

Es ist eine Reaktion darauf, dass in den vergangenen Jahrzehnten eine Reihe von Hunderassen stark überzüchtet wurden – so sehr, dass Tiere von Geburt an unter Beeinträchtigungen leiden. Zu kurze Nasen beim Mops, Bandscheibenvorfälle beim Dackel, deformierte Hinterläufe beim Deutschen Schäferhund: Kritiker fordern daher Verbote oder zumindest den Ausstieg aus dem Reinrassigkeitsprinzip. In Deutschland dürfen Hunde mit sogenannten Qualzucht-Merkmalen wie Röcheln, tränenden Augen oder kaputten Gelenken nach dem 2022 geänderten Tierschutzgesetz nicht mehr ausgestellt werden. Die Folge: Ohne Ausstellung keine Zuchtzulassung.

Eine Entwicklung, die aus Lickteigs Sicht aber fatale Folgen hat: „Wenn der VDH immer weniger Ausstellungen durchführen kann, besteht die Gefahr, dass immer mehr Züchter abtauchen: ins Private oder ins Ausland, wo es kaum Regeln gibt.“ Und so ohne Kontrolle weiterzüchten. „Ziel muss es aber vielmehr sein, Qualzüchtungen unter fachlicher Leitung des VDH auf ein gesundes Maß zurückzuzüchten.“

Oft zu teure und zu hohe Hürden im Vorfeld

Doch das werde zunehmend schwerer. Denn die Voraussetzungen, nach denen die Hunde vor Ausstellungen geprüft werden, ob Ausschlusskriterien vorliegen, liegen laut Lickteig bundesweit im Ermessen des jeweiligen Veterinäramts. Nach dem Tierschutzgesetz dürfen Hunde unter anderem nicht ausgestellt werden, bei denen Körperteile wie Ohren oder Ruten tierschutzwidrig vollständig oder teilweise amputiert wurden oder genetisch Defizite vererbt werden können, die lebenslanges Leiden bedeuten. Das habe mancherorts im Vorfeld zu sehr hohen Hürden geführt, berichtet die Miesbacherin. So sei die Ausstellung in Erfurt mit Forderungen wie Röntgen- und CT-Aufnahmen „kaputtgegangen, weil kaum einer 600 bis 800 Euro Kosten tragen will“.

Dabei spielen die Ausstellungen mit ihren Zuchtzulassungen eine zentrale Rolle. „Es wird gezüchtet, was gewertet wird“, bringt es Lickteig auf den Punkt. Deshalb habe sie bei ihrer Ausstellung, bei der sie selbst die Tiere in Augenschein genommen hat, auch an den Richter appelliert, etwa längere Nasen bei Chihuahuas positiv zu vermerken – was auch geschah. „Das ist ein Signal.“

Hundezucht – ein riesiger Markt

Dabei ist die Hundezucht ein riesiger Markt – egal ob für Rassehunde oder für Mischlinge. Entsprechend verlockend sei es laut Lickteig bei mehreren tausend Euro pro Stück, gerade im Ausland „in regelrechten Löchern und Farmen“ Welpen zu produzieren, die teils nur einmal pro Woche versorgt würden. Gerade während der Corona-Pandemie sei dieser Markt stark gewachsen.

Dass ihre Lieblingshunde, die Chihuahuas, als Qualzuchtrasse gelten, weiß Lickteig, bricht aber eine Lanze für sie: „Sie sind klein, aber so leistungsfähig wie große Hunde.“ Einer ihrer Welpen habe es sogar in eine Rettungshundestaffel geschafft. Sie achte bei der Zucht – pro Jahr nur ein Wurf – darauf, dass alle Kriterien eingehalten werden. Neben der Gesundheit gehöre dazu auch ein freundliches Wesen.

Plädoyer pro Reinrassigkeit

Die Reinrassigkeit zu lockern oder gar aufzuheben sei keine Lösung, stellt die Tierärztin fest: „Der Sinn der Reinrassigkeit ist ja, dass man sich auf bestimmte Merkmale verlassen kann.“ Was nütze ein süßer Mischling, wenn eine problematische Rasse in seinem Stammbaum negativ durchschlage, von der man nicht mal wisse, dass sie vorhanden ist? „Wesensmerkmale sind bei der Auswahl wichtig“, sagt Lickteig. Ebenso wie eine verantwortungsvolle Zucht, die aber bundesweit eine praxisnahe Unterstützung seitens der Behörden brauche.

ddy

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