Putins Massengrab: Russland bereitet mit Drei-Achsen-Strategie finale Schlacht um Awdijiwka vor

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Die russische Armee soll die endgültige Einnahme von Awdijiwka planen. Doch die ukrainischen Verteidiger im Donbass kennen wohl die Taktik der Truppen Moskaus.

Awdijiwka – Die russischen Verluste in der Ukraine manifestieren sich in nur einem Namen: Awdijiwka. Einzig rund um die Kleinstadt im Donbass soll Russland binnen weniger Wochen nach ukrainischen und westlichen Einschätzungen 18.000 bis 20.000 Soldaten durch Tod oder Verwundung verloren haben.

Ukraine-Krieg: Russische Armee bereitet angeblich finalen Angriff auf Awdijiwka vor

Zudem soll Moskau an diesem östlichen Frontabschnitt seit Mitte Oktober geschätzt 250 gepanzerte Fahrzeuge und Panzer eingebüßt haben – nur an diesem Abschnitt. Dennoch zieht sich die Schlinge der Truppen von Kreml-Autokrat Wladimir Putin, vor dem nicht nur Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) vor Weihnachten entschieden warnt, um die ukrainischen Verteidiger in Awdijiwka so langsam zu.

Ukrainischen Angaben zufolge will die Invasionsarmee Putins die zerbombte Industriestadt mit vormals 32.000 Einwohnerinnen und Einwohnern mit einer Drei-Achsen-Strategie unbedingt einnehmen. Dabei ist die strategische Bedeutung Awdijiwkas im Ukraine-Krieg umstritten. „Der Feind versucht jetzt, punktuell durchzubrechen“, erklärte Vitaliy Barabash der Kyiv Post: „Sie haben, relativ gesehen, drei (Achsen, d. Red.) priorisiert und schicken hauptsächlich Ausrüstung sowie eine große Anzahl Infanterie dorthin.“

Aktuell hält die 47. mechanisierte Brigade der Ukraine noch große Teile der Stadt, nicht zuletzt unter dem Einsatz der gelieferten amerikanischen Bradleys– jüngst teilte Kiew ein viel beachtetes Video eines der Schützenpanzer aus Awdijiwka. Ein weiteres Video, das derzeit bei X (vormals Twitter) kursiert, soll einen weiteren ukrainischen Bradley im unmittelbaren Kampf gegen russische Einheiten in der Nähe der ehemaligen Kokerei an der Eisenbahnlinie der Stadt zeigen.

Awdijiwka in der Ukraine: Moskau entsandte zehntausende russische Soldaten

Als der russische Generalstab im Herbst zehntausende Soldaten dorthin (und viele von ihnen in den Tod) schickte, nahmen westliche Beobachter noch an, eben jene Schienen seien strategisch wichtig. Dabei verkehrt hier schon lange kein Zug mehr, Awdijiwka ist umkämpft, seit prorussische Separatisten im Sommer 2014 im Donbass gegen Kiew aufbegehrten und später reguläre russische Truppen völkerrechtswidrig in den Osten des geschundenen Landes einmarschierten. Das gilt auch für nördlichere Abschnitte der stillgelegten Bahnlinie.

Awdijiwka

Awdijiwka ist eine Kleinstadt mit vormals 32.000 Einwohnerinnen und Einwohnern in der Oblast Donezk im Osten der Ukraine. Die einstige Industriestadt liegt knapp 15 Kilometer nördlich des Stadtzentrums der Großstadt Donezk (rund 900.000 Einwohner). Sie war für ihre Kokerei zur Herstellung von Koks und Rohgas aus Kohle bekannt. Im März 2023 wurde Awdijiwka durch russische Angriffe weitgehend zerstört, nachdem sie bereits seit 2014 immer wieder Ort des militärischen Konflikts im Donbass war – so auch im Winter 2023 wieder.

Barabash ist der Chef der Militärverwaltung der Stadt. „Es ist wirklich schwierig. Es ist wirklich sehr heiß“, sagte er der Kyiv Post weiter: „In letzter Zeit fragen die Leute oft, ob es einfacher geworden sei – das ist nicht der Fall. Der Feind wird versuchen, sein Ziel, die Stadt einzunehmen, zu verwirklichen.“ Die Situation rund um Awdijiwka sei zwar schwierig, aber die ukrainischen Verteidiger würden die Russen weiterhin zurückhalten, meinte Barabasch. Das deckt sich nicht ausschließlich mit den Aussagen aller Soldaten, während offenbar ein früherer Wagner-Söldner zu russischen Kriegsverbrechen im Donbass in Den Haag aussagen will.

Nach Angriffen der Russen: Ukrainische Soldaten aus Awdijiwka schildern Erschöpfung

„Sie greifen die ganze Zeit an. Wir verlieren sehr viele Soldaten. Man hat keine Kraft mehr, gegen sie zu kämpfen. Sie beschießen uns mit Artillerie und mit Drohnen“, schilderte ein verwundeter, ukrainischer Soldat dem ZDF bemerkenswert offen während seiner Behandlung hinter der Front.

Awdijiwka wird indes offenbar zu Putins Massengrab, gesäumt mit den Leichen von (oft jungen) Männern, denen die Zukunft geraubt wurde – auf beiden Seiten. Der Generalstab in Kiew beschwichtigt und erklärte am Donnerstag (21. Dezember): „Unsere Soldaten halten die Verteidigung fest und fügen den Besatzern erhebliche Verluste zu. Die Verteidigungskräfte haben 22 feindliche Angriffe östlich von Nowokalynowe, Nowobachmutiwka und Awdijiwka abgewehrt.“

Derweil mehren sich Berichte, wonach die Ukrainer nach ebenfalls heftigen Rückschlägen in den vergangenen Monaten bei Awdijiwka auf eine brutale Taktik setzen. „Unser Ziel ist eine möglichst positive Kill Ratio“, erklärte ein namentlich nicht genannter Offizier laut Bild: „Bei 10 zu 1 zu unseren Gunsten machen wir weiter, bei 1 zu 1 ziehen wir uns zurück.“ Es geht demnach um getötete Soldaten.

Awdijiwka im Donbass: Russische Armee braucht Sieg für die Staatsmedien

Laut ZDF ginge es den Russen bei einer Einnahme der Stadt dagegen um eines: So würden die Staatsmedien die Besatzung Awdijiwkas in der Heimat als strategischen Sieg verkaufen, während dies den strategischen Nutzen bei Weitem übersteige. Die russischen Soldaten erleben aber fern der Heimat eine andere, wirklich brutale Realität. (pm)

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