Es ist eine heikle Angelegenheit, im schwarz-roten Kabinett nach ministerieller Expertise zu fahnden. Man könnte vielleicht sagen, dass Lars Klingbeil als SPD-Finanzminister eine ähnliche Top-Besetzung ist wie seine CDU-Kollegin Nina Warken im Gesundheitsressort? Ich will ja hier niemanden bloßstellen. Außer vielleicht Johann Wadephul, der das im Zweifel aber selber am besten hinkriegt.
Der Bundesaußenminister tappst seit seiner Ernennung im Mai nicht nur von einem Fettnäpfchen ins nächste. Er scheint sie sich manchmal geradezu akkurat vor die Beine zu stellen und dann einen beherzten Sprung mittenrein zu machen. Wie in Syrien, wo er jüngst ganz entsetzt war, dass da so viel kaputt ist nach 14 Jahren Bürgerkrieg.
So was kann man sagen, auch wenn das schon bei den syrischen Gastgebern vielleicht nur so semi-höflich ankommt. Aber man sollte dann nicht noch kundtun, dass wirklich kein Syrer aus Deutschland in diese Ruinen geschickt werden sollte. Zumindest nicht, wenn die eigene Partei sich gerade bemüht, mit der neuen Regierung in Damaskus über die Rückführung syrischer Straftäter zu verhandeln.
Von Husum in die weite Welt
Die meisten Gegner hat Wadephul wegen solcher Auslandseinsätze mittlerweile in der eigenen Partei gesammelt, wo sofort wieder ein Riesengeschrei war. Es ist ja nicht die erste skurrile Wortmeldung des gebürtigen Husumers, der im Spätherbst seiner eher regionalen CDU-Politkarriere zwar auch nicht groß raus-, aber immerhin rumkommt.
Mal bedauerte er zur Überraschung seiner eigenen Partei den US-Angriff auf die iranischen Atomanlagen. Dann wieder wehrte er sich gegen eine angebliche deutsche „Zwangssolidarität“ mit Israel, während der Kanzler tapfer Tel Aviv gegen alle Anwürfe und „Genozid“-Beschimpfungen verteidigte. Zuletzt brüskierte er seinen chinesischen Amtskollegen mit Vorwürfen zu Pekings Taiwan-Politik.
Als Wadephul die Chinesen brüskierte
Auch das kann man mal machen. Aber vielleicht nicht kurz vor einer China-Reise, bei der das für Deutschlands Wirtschaft so wichtige Thema seltene Erden hätte besprochen werden sollen. Der Besuch wurde dann erstmal zurückgestellt. Peking zeigte sich angefasst. Wadephuls irrlichternde Auftritte machen ihn seiner Vorgängerin zumindest immer ähnlicher.
Die grüne Außenministerin Annalena Baerbock war eine Außer-sich-Ministerin, die sich ganz öffentlich über alles empören konnte, was ihr nicht gefiel im Rest der Welt. Wadephul ist eher ein Außen-vor-Minister, den eh niemand mitspielen lässt.
Man soll ja keine Witze über Namen machen. Aber ich will mir nicht vorstellen, wie Donald Trump Mr. Wadephul noch zum Frühstück auseinandernähme, wenn er ihm jemals begegnen würde. Das dürfte indes eh kaum geschehen. Der deutsche Außenminister spielt auf der internationalen Bühne wirklich gar keine Rolle, wofür indes nicht mal er was kann.
Außenkanzler Merz beherrscht das Spielfeld
Selbst sein Kanzler ist ja schon stolz, wenn er zwischen anderen europäischen Regierungschefs mal im Weißen Haus an Trumps Katzentisch sitzen darf. Außerdem hat sich Friedrich Merz offenbar vorgenommen, als Außenkanzler wahrgenommen zu werden und ist deshalb gefühlt sehr oft unterwegs, um staatsmännisch zu gucken. Ein Regierungschef gewinnt dieses Spiel immer gegen seinen Minister.
Was bleibt da für Wadephul? Genau: die Fettnäpfe. Vielleicht ist das sogar eine Art Arbeitsteilung? Aber auch wenn’s raffiniert klingt: Lange kann das nicht mehr gutgehen.
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