Dresdner Kreuzchor in Landsberg: Weihnachtliche Stimmen in Heilig Engel
Was eigentlich eine stade Zeit sein soll, ist für viele inzwischen genau das Gegenteil: letzte Arbeitsprojekte, vorweihnachtliche Treffen, nicht zu vergessen die Geschenke. Wer in dem Stress eine klanglich perfekte und sinnlich eindrucksvolle Auszeit suchte, fand sie am Mittwochabend in der Kirche Zu den Heiligen Engeln – mit dem Dresdner Kreuzchor, der die Pfarrei bereits zum zweiten Mal beehrt.
Landsberg – Es geht darum, den weitem Raum der Kirche heilig Engel auszunutzen. Jeden Platz erreichen, den Klang im Kirchenrund verankern. Kreuzkantor Martin Lehmann positioniert deshalb schon zum ersten Lied des weihnachtlichen Programms „Es ist ein Ros entsprungen“ den Kernchor neben der Orgel, aber auch eine ganze Reihe der neun bis 18 Jahre alten Sänger rund um das Publikum. Lehmann dirigiert im Wechsel, formt die Töne für den vorne stehenden Chor und wendet sich um, um den Klang der hinteren Sänger zu leiten – eine Art Echo. Von Dirigieren mag man da fast nicht sprechen: Der Kreuzkantor webt die präzise Dynamik der Stimmen und trägt die Musik förmlich in der Hand. Und so schweben die jubelnden Klänge von „Macht hoch die Tür“ von allen Seiten ins Publikumsohr auf den ausverkauften Rängen.
Dresdner Kreuzchor in Landsberg: ‚Weihnachtshits‘ und weniger Bekanntes
Schon die ersten Takte zeigen die Qualität der Stimmen und des Zusammenklangs der knapp 70 Sänger – die nur ein Teil der aktuell über 120 aktiven Kruzianer sind, wie die Mitglieder des weltweit renommierten Knabenchors genannt werden. Den ‚Echo-Effekt‘ setzt der Chor im zweiten Lied, „A Hymn to the Virgin“, ein englisches Weihnachtslied, hier in der Vertonung von Benjamin Britten, fort: Eine Gruppe von sechs Sängern antwortet dem Chor aus der Entfernung in der lyrischen Melodie mit eindrucksvollem Refrain, die Britten schon im Alter von 16 Jahren komponierte. Beim dritten Beitrag, „Freue dich, du Tochter Zion“ steht schließlich der ganze Chor vorne vereint.
Unter den ‚Weihnachtshits‘ wie dem titelgebenden „Es ist ein Ros entsprungen“, „Kommet, ihr Hirten“ oder auch „O du fröhliche“ sticht das ‚mollige‘ Kunstlied aus der Romantik „Maria durch ein Dornwald ging“ hervor. Der Chor setzt mit einem tiefen, sanften „Kyrie eleison“ ein, gefolgt von einem der älteren Solisten, der ohne jegliche Begleitung die erste Strophe singt. Die Zweite Strophe übernimmt einer der jüngsten Sänger – mit klarer Stimme, die dennoch wie in Watte gepackt scheint – der fast archaisch anmutenden Stimmung des Liedes perfekt angemessen. Und auch am Ende greift der Chor die besondere Liedstimmung auf: mit einem pentatonisch klingenden Akkord, der auf Bassstimmen thront.

Insgesamt setzen Chor und Kreuzkantor aber auf weniger Bekanntes. Zu hören sind „Ave maris stella“ von Edvard Grieg oder „Quempas“, eine Zusammenstellung dreier Lieder von 1450. Zum „Quempas-Singen“, eine Art Wechselgesang zwischen dem Chor als ‚Vorsänger‘ und den Gemeindemitgliedern, stehen ebenfalls Sänger im ganzen Raum der Kirche verteilt. Und so wandern die Liedzeilen durch den Raum, der Chor umsingt das Publikum – und verleiht ihm so eine eigene Stimme.
Die Kruzianer singen in Landsberg - Orgelmusik von Kirchenmusiker Andreas Holzhauser
Ein besonderes Highlight ist „Lux aurumque“ des zeitgenössischen Komponisten Eric Whitacre, der darin sein eigenes Gedicht „Light and Gold“ vertonte – ein Lied, dass gerade Mal gut zwanzig Jahre ‚alt‘ ist. Das Werk schafft ein Cis-Moll-Klangbad mit dissonant anklingenden Harmonien, die sich in glockenhelle Töne auflösen. Eine malende Musik, die Landschaften vor dem inneren Auge entstehen lässt. Und nach einem unglaublich lang angehaltenem Ton – der wohl unhörbar von Sänger zu Sängerweitergegeben wird – in einem friedlichen Durakkord das titelgebende goldene Licht zu verbreiten scheint.
Meine news
Die drei Teile des Chorprogramms umrahmt der Organist von Heilig Engel Andreas Holzhauser mit den drei Sätzen der klassisch-romantischen „Pastoralsonate“ in G-Dur von Josef Rheinberger, ab seinem zwölften Lebensjahr in München zuhause. Bemerkenswert ist die von Holzhauser überzeugend umgesetzte Dynamik des Werkes mit dem ‚mittigen‘, durch Flötenregister zurückhaltenderen Intermezzo – im Gegensatz zu den beiden umgebenden, strahlenden Sätzen.
Das Publikum gab Standing Ovations – und wurde mit einer Zugabe belohnt.
Ein ebenfalls beeindruckendes Konzert gab das Vocalensemble Landsberg mit Vox Augustana in der Landsberger Heilig.Kreuz-Kirche.
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