Zwei Bio-Höfe im Tölzer Land ausgezeichnet: „Es fühlt sich vor allem richtig an“
Georg Josef Schöffmann (40) und Johann Müller (35) haben den Umstieg vollzogen: Die Landwirte haben ihren Betrieb von einer konventionellen hin zu einer ökologischen Landwirtschaft umgestellt. Dafür werden sie nun vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) mit dem Förderpreis „Gemeinsam Boden gut machen“ ausgezeichnet.
Bichl/Lenggries – Bei einer feierlichen Zeremonie in Darmstadt wurden die 17 Landwirtinnen und Landwirte aus sieben Bundesländern am Samstag geehrt. Der Betrieb von Familie Müller besteht schon seit Generationen. Doch vor der Umstellung auf Bio-Landwirtschaft stand man an einem Scheideweg: „Wir waren an dem Punkt: Hören wir auf, oder investieren wir und machen weiter“, berichtet Tanja Müller. Beide sind in Vollzeit berufstätig, Tanja Müller im Verkauf bei einem Autohaus, ihr Mann Johann bei der Gemeinde Lenggries. Doch Aufhören kam für die Landwirte im Nebenerwerb nicht infrage – auch wegen der Kinder.
„Kleinere landwirtschaftliche Betriebe sterben aus“, bedauert Müller. Es sei eine „finanzielle Gratwanderung“, die Landwirtschaft zu erhalten – „vor allem in unserer Nische“. Doch für sie ist klar: „Größe und Masse, das passt doch nicht mit Artenschutz zusammen.“ Der Familie war es wichtig, den Hof zukunftssicher aufzustellen. Rund 20 Rinder hat der Familienbetrieb auf dem Wuiwaid Hof in Fleck. „Wir haben schon immer ohne große Eingriffe gearbeitet und auf einen geschlossenen Kreislauf geachtet“, betont die 33-Jährige. Im Sommer kommen die Tiere auf zwei Almen, unterhalb der Lenggrieser Hütte und am Schönberg. Im Winter werden die Milchkühe dann im 2021 neu gebauten Laufstall untergebracht. „Das war eine Riesen-Investition“, sagt Müller. Allein damit sei es außerdem nicht getan: Müller erinnert an die vielen Stunden Arbeitszeit zusätzlich zum Vollzeit-Job.
Richtungsweisende Entscheidungen
Doch die Müllers bereuen ihre Entscheidung nicht, im Gegenteil. „Es rentiert sich, und es fühlt sich vor allem richtig an.“ Die Familie will mit ihrem Betrieb auch die Kulturlandschaft erhalten. „Uns ist wichtig, dass auch die nachfolgenden Generationen noch einen schönen Isarwinkel haben“, sagt die Landwirtin. „Und wir versuchen, andere Landwirte zu inspirieren.“ Das gelinge sehr gut, unterstreicht sie. „Ich würde jeden dazu ermuntern, sich zu überlegen, ob es nicht machbar ist.“ Denn Investitionen dieser Größenordnung seien schließlich einmalig. 10 000 Euro Fördergeld bekommen die Lenggrieser vom Nabu. Das Geld, sagt Tanja Müller, soll in ein neues Mähwerk fließen. „Wir wollen artenreiche Wiesen schonen und erhalten“, erklärt sie. Mit dem neuen Doppelmesser-Mähwerk sollen vor allem Insekten besser geschützt werden.
Ohne Laufstall „kann man nur umbauen oder aufhören“
Auch Georg Schöffmann stand vor einer wegweisenden Entscheidung. Vor sechs Jahren hat er den Hof seiner Eltern übernommen. „Mir war gleich am Anfang klar, dass ich den konventionell geführten Betrieb auf eine ökologische Landwirtschaft umstellen möchte“, berichtet er. Es sei schon immer nach Bio-Richtlinien gewirtschaftet worden, betont er, „aber durch den Anbindestall war eine frühere Umstellung nicht möglich.“

2018 habe sich die Familie dazu entschlossen, einen neuen Milchviehstall zu bauen. „Den alten Stall haben wir für das Jungvieh umgebaut“, berichtet. „Das ist nicht nur günstiger, sondern in meinen Augen auch ressourcenschonender.“ Im Juli 2020 konnte die Kühe den neuen Stall beziehen. Knapp 30 Tiere kommen darin unter. „Wenn man als kleiner Landwirt keinen Laufstall hat, kann man nur umbauen oder aufhören.“
Melkroboter hilft bei der Arbeit
Der neue Stall ist dabei voller Hightech, berichtet Schöffmann. „Das besondere ist der Melkroboter mit Werdegang zu jeder Zeit. Dann können die Kühe zum Melken gehen, wenn sie dafür bereit sind.“ Danach könnten die Tiere raus auf die Weide. Der Laufstall wird dadurch auch für die Familie Schöffmann leichter zu bewirtschaften. „Früher mussten wir das Melkzeug zur Kuh tragen, heute kommt die Kuh zum Melkzeug.“ Das Tierwohl stehe an höchster Stelle, genauso wie der Artenschutz. „Wir schauen, dass wir so nachhaltig wie möglich wirtschaften“, so Schöffmann. Das Holz für den Stall stamme aus dem eigenen Wald. Eine Photovoltaik-Anlage liefert den notwendigen Strom.
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Nach der Umstellung auf die ökologische Landwirtschaft hat sich Georg Schöffmann für eine Kooperation entschieden. Die Schöffmanns arbeiten mit einem Gaißacher Bio-Betrieb zusammen. „Die bekommen von uns die Kälber, und wir bekommen sie als trächtige Jungkühe wieder zurück“, berichtet der Landwirt. Für beide Seiten sei das eine Art Win-win-Situation.
„Bio-Krise ist deprimierend“
„Ein bissl deprimierend“ findet Schöffmann, dass der Markt für Bio-Produkte zuletzt in einer Krise steckte. Die Familie will mit ihren Mitteln gegensteuern. Immer wieder kommen Schulen und Kindergärten auf den Hof. „Wir wollen den Kindern zeigen, wie nachhaltige biologische Landwirtschaft funktioniert“, erklärt er.
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Der 40-Jährige freut sich sehr über die Auszeichnung. 20 000 Euro erhält die Familie vom Nabu. Der Geldsegen kommt wie gerufen. Das Hagel-Unwetter vom 26. August vergangenen Jahres hat auf dem Hof Kirchmair schwere Schäden hinterlassen. „Das Geld fließt in die Reparaturen am Stall und am Wohnhaus“, sagt Georg Schöffmann. Nach einigen Jahren Erfahrung mit der ökologischen Landwirtschaft sind sich beide Familien einig. Der Umstieg auf den Bio-Betrieb ist geglückt. Und er hat sich gelohnt.