„Wir wollen nicht der Buhmann sein“

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Wingfoilen ist am Tegernsee als Trendsport inzwischen etabliert. Die Wassersportfreunde wehren sich gegen Vorwürfe der Naturschützer. © THOMAS PLETTENBERG

Der Tegernsee verkomme zu einem Rummelplatz für Menschen, zum Leidwesen der Natur und der Wasservögel. Diese Klage wurde zuletzt von Naturschützern laut. Dass daran auch Surfer, Kite-Surfer und Wingfoiler schuld sind, weisen die Wassersportfreunde Tegernsee vehement zurück. „Wir wollen nicht der Buhmann sein“, sagt deren Sprecher Stephan Albrecht.

Gmund - Wenn ein Hochdruckgebiet über den Alpen liegt, dem noch jungen Tag sonniges und klares Wetter bevorsteht und der Wind von Süden ins Tal bläst, dann treibt es die eingefleischten Wassersportfans schon um 5 Uhr früh an den See zwischen Gmund und St. Quirin. Sie haben nur ein schmales Zeitfenster von zwei oder drei Stunden, um ihrer Leidenschaft zu frönen – dem Surfen, Kite-Surfen und seit Neuesten dem Wingfoilen. Der neue Trendsport toppt das Erlebnis, übers Wasser zu brettern, um einiges. Mit dem speziellen Surfboard mit seiner Tragflächenkonstruktion („Foil“) und dem aufblasbaren Segel („Wing“) in der Hand, heben die Sportler schon bei geringen Geschwindigkeiten ab.

„Die Zahl der Kite-Surfer geht massiv zurück, Wingfoilen mit kleinen Segeln ohne Leinen löst dies gerade ab“, sagt Stephan Albrecht, Sprecher der Wassersportfreunde Tegernsee, einem Verein mit inzwischen rund 50 Mitgliedern. Er wurde vor etwa drei Jahren gegründet, als die öffentliche Debatte um den Konflikt zwischen Wassersportlern und Naturschutz gerade wieder Fahrt aufnahm. Eine Interessensgemeinschaft hatte der Gmunder schon 2011 initiiert. „Wir haben eine Struktur und einen Ansprechpartner gebraucht, um uns mit dem Landratsamt und den Naturschützern auszutauschen“, erklärt Albrecht, der auch die jüngsten Vorwürfe der Naturschützer nicht unkommentiert lassen möchte.

Der See verkomme zum Rummelplatz, hatte etwa der Gmunder Vogel-Experte Wolfgang Hiller kritisiert und dabei zum einen die Zunahme der Wasserfahrzeuge im Blick. Vor allem aber die Feuerwerke bei den Seefesten, wodurch Vögel vom südlichen Bereich des Sees in den Norden vertrieben würden. Hier jedoch würden sie von Kitern mit ihren leuchtenden Segeln und den schnellen Wassersportgeräten vertrieben, so Hiller. Die Folge: eine ökologische Verarmung des Tegernsees, die auch die Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal (SGT) bedauert. Sie fordert zudem die Ausweisung spezieller Schutzzonen auch für den Winter.

Betreiben als Verein das Wingfoilen am Tegernsee: (v.l.) Bernhard Weinreich, Stephan Albrecht, Stephan Weber, Wolfgang Zett und Otto Kraus.
Betreiben als Verein das Wingfoilen am Tegernsee: (v.l.) Bernhard Weinreich, Stephan Albrecht, Stephan Weber, Wolfgang Zett und Otto Kraus. © GR

Wassersportfreunde schicken Vorschläge ans Landratsamt

Dabei ist es dem Verein längst ein Anliegen, dass Wassersportler und Gäste hinreichend über Verhaltensregeln in Bezug auf den Naturschutz und die betreffenden Uferzonen informiert werden. Albrecht verweist auf ein Schreiben, das schon 2021 an den Fachbereich Umwelt am Landratsamt geschickt wurde. Darin wurde konkret der Vorschlag für Informationsschilder an den meistgenutzten Zugängen am See angeregt. Schutzzonen sollten besser markiert werden, die gelben Bojen, die von April bis November gesetzt sind und den Sicherheitsabstand zu Schilfzonen markieren, sollten zudem ganzjährig und mit größerem Abstand zum Schilf gesetzt bleiben. „Das wäre doch sicherlich im Sinne von Herrn Hiller“, sagt Albrecht, der mit seinen Vereinsmitgliedern versichert, das Landratsamt unterstützen zu wollen.

Ende 2023 habe man sich daher am Seeufer bei St. Quirin getroffen, der optimalen Einstiegsstelle für Kiter und Wingfoiler. „Hier sind wir weg von der Schutzzone“, betont auch Vereinsmitglied Wolfgang Zett und führt einen weiteren Grund auf, warum die Wingfoiler nicht gemeint sein können, wenn es um den Vorwurf des Eindringens in den Schilfgürtel geht: „Um mit unseren Foils überhaupt starten zu können, brauchen wir eine Wassertiefe von einem Meter. Wir sind also weit entfernt vom Ufer- oder Schilfbereich.“ Dass es in deren vollem Interesse liege, der Natur keinen Schaden zuzufügen, hatte der Verein dem Landratsamt auch bereits schriftlich versichert.

Schutzverordnung für den Tegernsee auch im Winter: Wassersportfreunde Tegernsee lehnen sie ab

Eine spezielle Schutzverordnung für den Winter, die ein Nutzungsverbot im Norden des Sees beinhaltet, hält der Verein nicht für zielführend – und die Sportler wollen sie auch nicht. Denn gerade im Spätherbst und im frühen Frühjahr sorge der Wind ab St. Quirin, also im Norden, für optimale Bedingungen. „Segeln, Kiten und Wingfoilen dann zu verbieten, wäre unmöglich“, findet auch Vorstandsmitglied Bernhard Weinreich, der zudem Mitglied im Windsurfing Club Tegernsee ist und ebenso auf Aufklärung und Information setzt. „Surfen gehört schon immer zum Tegernsee, er ist ein traditionelles Trainingsrevier.“

Aktiv zur Lösung von Problemen am See beizutragen, das ist den Wassersportlern um Stephan Albrecht wichtig. „Denn wir wollen nicht der Buhmann sein.“

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