Umstrittener Abriss von historischem Gebäude: Denkmalschützer „irritiert“ – „Da wurden Tatsachen geschaffen“

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Nur noch Geschichte: Die Postbauten, die im Stil der Postbauschule von Hanna Löv errichtet wurden. „Es waren Jahrzehnte Zeit, die Post unter Denkmalschutz zu stellen“, verteidigt Kai M. Worbs den Abriss. © Christoph Schnitzer

Der Abriss der Tölzer Post ist weiter umstritten. Denkmalschützer sind „irritiert“ über das Vorgehen der Behörden und Investor Kai Worbs.

Bad Tölz – Eine Woche nach dem Abriss der alten Hauptpost mit Nebengebäude an der Hindenburgstraße wird nachtarockt. „Mit großer Irritation“, so schreibt das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD), habe man von dem Abbruch erfahren. Die Post stand – bisher – nicht unter Denkmalschutz. Wie die Münchner Fachbehörde aber weiter mitteilt, habe es im November 2023 einen Ortstermin mit Eigentümer, Stadtvertretern und Kreisheimatpfleger gegeben, bei dem die Prüfwürdigkeit des Haupt- und Nebengebäudes auf Denkmaleigenschaft erläutert worden sei.

Abriss von historischem Gebäude in Bad Tölz: Ortstermin im Februar

Bei dem 1929 eingeweihten Haus handle es sich nämlich um ein „wichtiges Zeugnis der Bayerischen Postbauschule“. Architektin war die erste Regierungsbaumeisterin in Bayern, Hanna Löv. Sie zeichnete auch für das – ebenfalls der Abrissbirne zum Opfer gefallene – Verstärkeramt in Kochel verantwortlich. Die Tölzer Gebäude seien „qualitätvoll gestaltete Post- und Nebengebäude“, so das BLfD. Ein wichtiger Satz in der ersten Stellungnahme der Denkmalschützer aus München lautet: Bei dem Ortstermin sei im Februar 2024 zur Sache „ein weiteres Gespräch mit Landrat, Bürgermeister, Investor, Eigentümer und Generalkonservator Prof. Mathias Pfeil für Ende April vereinbart worden“.

Dieser Unterredung kam der Eigentümer, die Aureus Oberland GmbH mit Geschäftsführer Kai Maximilian Worbs, mit dem Abriss zuvor.

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Er habe, teilt Landratsamts-Sprecherin Marlis Peischer schriftlich mit, der Behörde den Abriss im März angezeigt. Da es sich um einen verfahrensfreien Akt handelte, sei hier keine Genehmigung nötig gewesen. Was das Thema Denkmalschutz und den Ortstermin betrifft, schreibt Peischer lapidar: „Für Fragen des Denkmalschutzes bitten wir Sie, sich an das Landesamt für Denkmalpflege zu wenden.“ Letzteres hatte dem Tölzer Kurier bei der Anfrage mitgeteilt, dass man in diesem Fall nur Empfehlungen geben könne. Für die Abwägung aller Sachverhalte sei das Landratsamt zuständig. Dort ist übrigens auch die Untere Denkmalschutzbehörde angesiedelt.

Für den Investor „war das Thema abgeschlossen“

Und was sagt der Investor selbst? Aureus-Geschäftsführer Kai Maximilian Worbs erklärt, dass sich die Denkmalschützer bereits 2018/19 vor Ort einen Eindruck gemacht hätten. Darauf sei aber nichts gefolgt. „Das Thema war somit abgeschlossen.“ Bei dem Ortstermin im November habe das BLfD nicht sagen können, ob es sich um ein schützenswertes Gebäude handle. Darüber sei man bei Aureus ebenso irritiert gewesen wie über die Aussage, dass man in spätestens zwei Monaten eine schriftliche Erklärung erhalten werde. Die sei nicht gekommen. Damit sei für ihn das Thema „erledigt gewesen“. Er habe daraufhin die Beseitigungsanzeige gestellt. Von weiteren Terminen sei ihm nichts bekannt. Seines Wissens habe die Stadt mit dem BLfD einen Termin vereinbart. Worbs’ Fazit: Das Landesamt für Denkmalpflege habe Jahrzehnte Zeit gehabt, das mehrfach innen umgebaute Gebäude unter Denkmalschutz zu stellen und es nicht getan.

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Energischer Widerspruch kommt aus München: Von einem Ortstermin und einer Denkmalschutzprüfung 2018/19 sei im Haus nichts bekannt, sagt Pressereferentin Jana Kreutzer. Mit der Post habe sich das BLfD erstmals 2023 befasst.

Bürgermeister Mehner will vor allem nach vorne blicken

Bürgermeister Ingo Mehner wollte im Gespräch vor allem nach vorne blicken. Jetzt sei endlich eine Entwicklung des Geländes möglich, die es Jahrzehnte nicht gab. Zum Abriss selbst wollte Mehner nichts sagen: Er habe von dem konkreten Abbruchtermin nichts gewusst. Von den verkehrsrechtlichen Anordnungen für die Straßenabsperrung erfahre er nichts. Die Post sei jedenfalls ohne Denkmalschutz gekauft worden. „Da werde ich doch nicht den moralischen Zeigefinger gegenüber Herrn Worbs erheben.“ Mehner bekräftigt auch, dass er um einen weiteren Gesprächstermin mit dem BLfD angesucht habe, nicht umgekehrt.

Bei dem Ortstermin im November war auch Kreisheimatpfleger und Architekt Thomas Lauer anwesend, der sich erinnert, dass Mehner für einen Komplettabriss geworben habe. Sonst bekomme Tölz massive wirtschaftliche Nachteile. Lauer spricht von einer „Sünde“, dass die Tölzer Post abgerissen wurde. „Da wurden Tatsachen geschaffen.“ In Bayern sei es übrigens so, dass ein Gebäude nicht unbedingt unter Denkmalschutz stehen müsse, um ein Denkmal zu sein. Das bestätigt auch Jana Kreutzer.

Für den Lenggrieser Architekten wäre problemlos eine Einbeziehung des Altbestandes in die Planung auf dem ohnehin sehr großen Areal möglich gewesen. Thomas Lauer verteidigt auch das Landesamt für Denkmalpflege für das langsame Vorgehen. Es sei personell viel zu schlecht besetzt, um rasche Entscheidungen treffen zu können. (Christoph Schnitzer)

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