Krankenhaus-Chef kritisiert Lauterbach-Reform: „Bei mir knallen bestimmt keine Sektkorken“
Nach heftiger Debatte hat der Bundesrat die Krankenhausreform beschlossen. Da müsste bei der Krankenhaus GmbH, die bereits vor Beschluss wesentliche Teile umgesetzt hat, die Freude groß sein. Doch Geschäftsführer Thomas Lippmann fordert stattdessen dringend Nachbesserungen.
Landkreis – „Es war spannend, weil unklar war, ob die Reform überhaupt noch in Kraft treten wird. Aber nun, da sie beschlossen ist, knallen bei mir keine Sektkorken“, stellte Lippmann klar. Die ganze Lauterbachsche Gesundheitsreform sei „eine Mogelpackung, und das ist noch gelinde formuliert“, wütete Lippmann im Gespräch mit der Heimatzeitung. Es gebe kein Sofortpaket, kein Insolvenzsicherungsgesetz, das die Pleitewelle in den Krankenhäusern stoppen würde. Stattdessen solle eine Milliarde Euro pro Jahr eingespart werden.
Bis das Gesetz 2027 voll in Kraft tritt, rechnet Lippmann deswegen mit einer weiteren Insolvenzwelle in deutschen Krankenhäusern. Die „Mogelpackung“ ziehe sich durch alle Bereiche des Gesetzes. „Lauterbach erweckt immer den Eindruck, dass eine bedingungslose Vorhaltefinanzierung kommt“, so Lippmann.
Vorhaltekostenerstattung? „Eine Mogelpackung“
Das würde bedeuten, dass die Krankenhäuser nicht mehr darauf angewiesen wären, möglichst viele möglichst lukrative Fälle zu behandeln wie derzeit bei der ausschließlichen Finanzierung über Fallpauschalen. Stattdessen sollen 60 Prozent der Kosten, die tatsächlich im Krankenhaus entstehen, künftig direkt finanziert werden, nur der Rest durch die Fallpauschalen erwirtschaftet werden. „Was zwar im Gesetz steht, worüber aber niemand spricht: Auch die Vorhaltekosten sind an die Fälle gebunden“, so Lippmann.
Es ist also nicht so, dass man den Krankenkassen eine Aufstellung schickt, was der Betrieb des Krankenhauses kostet und die überweisen dann 60 Prozent davon. Sondern dass bei der Abrechnung jedes einzelnen Falls künftig 60 Prozent Vorhaltekosten und 40 Prozent für die Fallpauschale bezahlt werden. „Man braucht also weiterhin möglichst viele Fälle, um über die Runden zu kommen“, so der Geschäftsführer. Gleichzeitig werde es durch die Reform deutlich schwieriger als heute, überhaupt noch an Fälle zu kommen.
Unikliniken jubeln, kleine Krankenhäuser gehen pleite
Denn in Zukunft dürfen in den Krankenhäusern nur noch die Patienten behandelt werden, für die die Klinik auch die Anerkennung der entsprechenden Fallgruppe hat. In Weilheim strebt man beispielsweise derzeit die Anerkennung als Darmkrebszentrum an. Liegt diese vor, dürfen Darmkrebspatienten behandelt und abgerechnet werden.
„Kein Wunder, dass die großen Uni-Kliniken die Gesundheitsreform begrüßen“, so Lippmann weiter. Diese hätten jede Menge Fallgruppen und Patienten. Kleine Häuser wie das Weilheimer Krankenhaus müssten allerdings kämpfen, um Fallgruppen anerkannt zu bekommen. Das liege nicht zuletzt daran, dass ihnen dabei weitere Steine in den Weg gelegt werden. So dürfen Fachärzte immer nur einer Fallgruppe zugeordnet werden. Falle am Weilheimer Krankenhaus eine Fallgruppe weg, dann könne das leicht 25 Prozent weniger Umsatz bedeuten.
Ähnlich enttäuscht ist Lippmann auch mit Blick auf das „SOGesund“ in Schongau. „Versprochen war, dass für stationäre Abteilungen, wie wir sie in Schongau vorhalten, Tagespauschalen pro Bett gezahlt werden“, so Lippmann. Das sei ein wichtiger Bestandteil der Planungen für das Gesundheitszentrum gewesen. Im Gesetz sei in dieser Frage aber „überhaupt nichts geregelt“.
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Lippmann will schnell mit Politikern reden
Das alles klingt nicht unbedingt danach, dass sich die hochproblematische Finanzlage der Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH auf absehbare Zeit deutlich bessern wird. Vielmehr steht nicht nur bei vielen Kreisräten die Befürchtung im Raum, dass das Unternehmen dauerhaft nicht mit den acht Millionen Euro auskommen wird, die der Kreistag als maximalen jährlichen Zuschuss festgesetzt hat.
Lippmann wollte sich dazu nicht konkret äußern, kündigte aber an: „Ich werde mich sehr schnell mit der Politik in Verbindung setzen.“ Ziel müsse es sein, in einer „gemeinsamen Anstrengung mit dem Landkreis“ der Krankenhaus GmbH „die Luft zu verschaffen, die sie zum Überleben braucht“. Andernfalls droht die Insolvenz. „Beim letzten Mal, als eine Insolvenz im Raum stand, ist es gelungen, die Mitarbeiter bei uns zu halten“, sagt er. Es gehe darum, den Mitarbeitern einen sicheren Arbeitsplatz zu bieten. Das werde er auch im Kreistag so klarstellen.
Dobrindt antwortet ausweichend: „Nächste Koalition abwarten“
Umso wichtiger wäre, dass beim Bund gegengesteuert wird. Alexander Dobrindt käme dabei eine wichtige Doppelrolle zu. Einerseits hat er als CSU-Landesgruppenchef große Einflussmöglichkeiten, andererseits kennt er als Wahlkreisabgeordneter die Lage der Krankenhaus GmbH sehr genau. Dobrindt übte auf Anfrage scharfe Kritik: Die Auswirkungen der Reform seien in weiten Teilen unklar, die Finanzierung des Transformationsfonds „in keinster Weise gesichert“.
Auf die Frage, ob die Union im Falle eines Wahlsiegs das Paket noch einmal aufschnüren werde, antwortete Dobrindt ausweichend: „Inwieweit die beschlossene Reform nach einer Bundestagswahl korrigiert werden kann, ist im Lichte eines Wahlergebnisses und einer zukünftigen Koalition zu entscheiden. Des Weiteren stellen sich verfassungsrechtliche Bedenken bzgl. der Finanzierung der Reform, gegen die mögliche Klagen entstehen können.“