Sechs Millionen Euro in zweieinhalb Stunden: Bürger stürzen sich auf Windkraft-Beteiligung
Der Ansturm war gewaltig: Schon am ersten Tag erreichte das Crowdfunding für den Bürger-Windpark im Hofoldinger Forst das angepeilte Ziel von sechs Millionen Euro. Zeichnungsberechtigt waren nur Bürger aus Otterfing, Sauerlach und Aying.
Otterfing – „Ich bin fast erschrocken, wie schnell das raufgegangen ist.“ Martin Sterflinger, Geschäftsführer der Bürgerwind Hofoldinger Forst GmbH & Co. KG, traute am Montag (29. Januar) seinen Augen kaum, als er online mitverfolgte, wie viele Bürger bereit sind, den Bau der drei Windräder entlang der Autobahn mit einem auf zehn Jahre fixierten Darlehen in Höhe von mindestens 500 und maximal 25 000 Euro zu unterstützen.
Um 10 Uhr öffnete die Plattform (gls-crowd.de), um 12.24 Uhr war das Sechs-Millionen-Ziel geknackt. „Der Wahnsinn“, sagt Michael Falkenhahn (SPD), Otterfings Bürgermeister und amtierender Aufsichtsratsvorsitzender, und ringt um Worte, „ein riesiger Vertrauensbeweis der Bürger.“
Bei drei Info-Veranstaltungen hatten die Gemeinden Otterfing, Aying und Sauerlach, die Gesellschafter der GmbH, bei ihren Bürgern um eine Beteiligung an dem Windpark geworben. Geplant war, ihnen drei Wochen eine Vorzeichnungsfrist einzuräumen; ab 18. Februar wäre das Crowdfunding für jedermann geöffnet worden. „Ich dachte, dass unsere Bürger vielleicht drei oder vier Millionen Euro einlegen“, erklärte Falkenhahn, „und den Rest bekommen wir dann von außen.“ Schon das Interesse an den Info-Veranstaltungen – inklusive Online-Stream waren es 1100 Bürger – ließ erahnen, dass es schneller gehen könnte. Immerhin verspricht die GmbH allen „Darlehensgebern“ eine jährlich auszuschüttende Verzinsung von sechs Prozent auf die jeweilige Einlage.
Tatsächlich brachen am Montag in der Früh alle Dämme. Um 11 Uhr, eine Stunde nach Öffnung, waren auf dem Portal der Partnerbank bereits Zusagen in Höhe von über vier Millionen Euro eingegangen, um 11.45 Uhr übersprang der Pegel die Fünf-Millionen-Marke. „Es kamen so viele Meldungen rein, dass das System fast in die Knie gegangen wäre“, berichtet Falkenhahn. „Wir wurden überrannt“, sagt Sterflinger. Um Punkt 12.24 Uhr klingelte die Zielmarke.
Die sechs Millionen Euro der Bürger sollen das Eigenkapital der GmbH stärken. Bei der Finanzierung hilft die GLS-Bank mit Krediten in Höhe von 20 Millionen Euro. Die Gesamtkosten schätzt die GmbH auf 26,73 Millionen Euro. Im Sommer beginnt der Aufbau; Mitte 2025 sollen die drei Windräder ans Netz und über die EEG-Vergütung erstes Stromgeld verdienen: Die GmbH rechnet mit jährlichen Einnahmen von 3,225 Millionen Euro.
In den nächsten Tagen ist GmbH-Geschäftsführer Sterflinger gefordert, die Darlehenszusagen zu sortieren: „Wir prüfen, ob sich Auswärtige eingeschmuggelt haben.“ Dabei helfen die Einwohnermeldeämter der Gemeinden. Zudem wird festgestellt, wann die letzte Darlehenszusage vor der Überzeichnung aufblinkte. „Es gilt das Windhund-Prinzip“, betont Sterflinger, „entscheidend ist, welche Zusage wann eingegangen ist.“ Sollten Bürger anderer Gemeinden rausfallen, rücken Otterfinger, Sauerlacher oder Ayinger entsprechend nach.
Falkenhahn und sein Ayinger Amtskollege Peter Wagner (CSU) zeichneten noch rechtzeitig, auch weil sie sich schon im Vorfeld bei der Plattform registrierten. „Zum Glück hatte ich mich vorher angemeldet“, sagt Wagner. Die große Nachfrage zeige, dass die Bürger hinter dem Projekt stehen. „Und wenn man schon die Windräder anschauen muss, soll man auch was im Geldbeutel spüren“, sagt Ayings Bürgermeister.
Was hat dieses Investment so attraktiv gemacht? Die sechs Prozent Zinsen oder die Bereitschaft, der Klimawende auf die Sprünge zu helfen? „Die Kombination aus beidem“, glaubt Falkenhahn. Die Bürger hätten offenbar gespürt, dass dieser Windpark lange gewissenhaft vorbereitet worden war und drei Gemeinden aus zwei Landkreisen, mit Bürgermeistern unterschiedlicher politischer Couleur, an einem Strang ziehen: „Das ist die besondere Kraft dieses Projekts.“
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