Erdinger Wertstoffhöfe sind keine Tauschbörse
Landrat und Verwaltung erklären, warum die 31 Recyclinghöfe nichts für Schnäppchenjäger sind. Nur bei einem gibt‘s Ausnahmen.
Erding - Ein Bobbycar vom Wertstoffhof? Warum eigentlich nicht, fragte Peter Attenhauser (AfD) in der Sitzung des Ausschusses für Klima, Natur, Struktur, Verkehr und Umwelt. „Es gibt Gegenstände, die weggeschmissen werden, aber noch wiederverwertbar oder brauchbar wären.“ Es sei ein Treppenwitz, dass Dinge entsorgt werden, die durchaus noch Abnehmer finden würden. Dass dies etwas zu kurz gedacht ist, erklärten ihm Landrat und Verwaltung.
Das habe zum einen rechtliche Gründe, erklärte Landrat Martin Bayerstorfer: Sobald ein Gegenstand am Wertstoff abgegeben wurde, „dürfen wir das nicht mehr anlangen“. Das gehöre dann dem Vertragspartner, also der Entsorgungsfirma. „Unsere Mitarbeiter nehmen nur entgegen.“ Nur an der Müllumladestation Isen würden als einzige Entsorgungseinrichtung im Landkreis in Einzelfällen noch brauchbare Gegenstände herausgegeben. Dies erfolge immer gegen eine Kleingebühr als Verwertungsersatz an Private. Und so wechsle dann schon mal ein Fahrrad auf diesem Weg den Besitzer, so Bayerstorfer.
Ansonsten aber gelte der Vertrag. „Was der Entsorger dann selbst macht, das ist etwas anderes. Er zahlt uns einen Preis, beziehungsweise müssen wir etwas zahlen, und dann erwarten wir, dass wir zu 100 Prozent abgeben können. Wenn wir das nicht machen, kann auch der Entsorger sagen: ,Vertrag nicht erfüllt.´“ Auf Attenhausers Einwand, das sei Sache der Vertragsgestaltung, verwies Bayerstorfer auch auf die alltägliche Praxis. Es sei auch den Mitarbeitern an den Wertstoffhöfen nicht zuzumuten, auch noch zu bewerten, was könne man verwerten und was nicht.
Datenklau bei Elektronikgeräten
Andreas Neumaier, Fachbereichsleiter Abfallwirtschaft, wies zudem auf die rechtliche Bewertung hin, der sogenannten Eigentumsaufgabe. Wenn Bürger etwas abgeben, müsse man sehr vorsichtig sein bei der möglichen Weitergabe. Als Beispiel nannte er Elektrogeräte mit gespeicherten Daten. „Wir haben schon Diebstähle gehabt von Elektrogeräten, auf denen noch persönliche Daten gespeichert waren, die dann im Internet breitgetreten wurden. So etwas ist natürlich bei einer Herausgabe völlig unmöglich.“ Auch in Isen würden deswegen keine Elektronikgeräte ausgegeben.
Das Beispiel Bobbycar höre sich interessant an, „aber wo fängt man an, und wem obliegt die Aussage: Das geht noch, das geht nimmer?“ Noch komplizierter sei es bei Sperrmüll, für den eine kleine Gebühr zu entrichten sei. „Dann sagt der Bürger bei der Anlieferung: Das ist aber noch gut, das nimmt schon jemand. Soll dann der Mitarbeiter sagen: ,Aber das kostet eigentlich fünf Euro?´ Wer trifft dann diese Entscheidung?“
Das größte Problem in den Augen Neumaiers ist aber die schiere Masse: „Wir haben 31 Recyclinghöfe, wo tun wir das alles hin?“ Die Stadt München habe ein Gebrauchtwaren-Kaufhaus, wo das zentral erledigt werde. In Erding mache das nur die Caritas über ihr Rentabel-Kaufhaus. Das alles sei für die Wertstoffhöfe im Landkreis mit einem hohen Platz- und Personalaufwand verbunden, „weil Leute das dann irgendwann aussortieren müssen, wenn es niemand nimmt“. Ein weiteres Problem nennt Bayerstorfer: „Wer kriegt dann das Gerät? Der, der zufällig als Erster vorbeikommt? Wir sind ja auch keine Tauschbörse.“
Verschenk-App als Alternative
„Im Sinne der Nachhaltigkeit“, bat Ludwig Kirmair (CSU), die gängige Praxis zu überdenken. „Es gibt die unterschiedlichsten Entsorger. Menschen, denen gefällt die Farbe von einem Gegenstand mehr. Oder Kinder, die den Kinderrädern entwachsen. Darum wäre eine Frage, ob man das nicht doch noch ein bisschen überdenken kann, welche Möglichkeiten es gibt.“
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Neumaier sagte, dass es diesbezüglich höchstens „sechs oder sieben Anfragen im Jahr gibt“. Und er verwies auf den Verschenkmarkt, den die Abfall-App des Kreises biete. Dort könne man Gegenstände einstellen. Das laufe anonymisiert. Interessenten könnten direkt auf das Inserat gehen, dann schlössen sich die beiden außerhalb der Seite kurz. Neumaier: „Die Menge kommt dann gar nicht erst zu uns, sondern Herr A. und Herr B. schließen sich zusammen und tauschen das dann aus, ohne dass bei uns was anfällt. Das ist dann wirklich eine gelebte Wiederverwertung.“ Neben der App „empfehlen wir zur Wiederverwendung Flohmärkte, Kleinanzeigenportale sowie den Gebrauchtwarenmarkt der Caritas“, so Pressesprecherin Claudia Fiebrandt-Kirmeyer.