Prozess wegen Beleidigung: „Ich fühlte mich bedroht“
Prozess wegen Beleidigung: Rassistisch oder nur unfreundlich?
Notzingermoos – Eine kommunale Verkehrsüberwacherin ist wegen Beleidigung angeklagt. Noch ist jedoch kein Urteil gefällt. Der Prozess wird im Oktober fortgesetzt.
Parken ist auf dem Grünstreifen an der Goldacher Straße in Notzingermoos offenbar nicht erlaubt – auch wenn es keine entsprechenden Verkehrsschilder gibt. Ende Januar dieses Jahres führte das zu einer Diskussion zwischen drei Anwohnern und einer kommunalen Verkehrsüberwacherin. Am Freitagvormittag saß die 60-jährige Frau dann im Amtsgericht Erding. Sie war wegen Beleidigung angeklagt. Gelöst werden konnte der Fall in der ersten Sitzung aber noch nicht.
Die Frau hatte im Januar ein an der Goldacher Straße parkendes Auto bemerkt und hielt an. Sie wollte den Fahrer ausfindig machen, „weil das Parken auf dem Grünstreifen mittlerweile 55 Euro kostet”. Deshalb suche sie die Menschen und erkläre das Problem, wenn es möglich ist. Einen Strafzettel gebe es meistens erst bei wiederholtem Vergehen. Auch an der Goldacher Straße sei sie schnell fündig geworden: Der Nachbar des Falschparkers kam gerade von der Arbeit heim, bemerkte die Verkehrsüberwacherin und reagierte offenbar gereizt. Er habe sie angeschrien: „Die Polizei fährt hier dauernd vorbei und sagt nichts. Hier stehen keine Schilder, was willst du hier überhaupt?”
Dann seien ein weiterer Nachbar und auch der Fahrzeugbesitzer gekommen. Die Anspannung habe sich aber nicht gelegt. „Ich fühlte mich bedroht und habe auch schnell gemerkt, dass man denen nichts erklären kann. Also wollte ich gehen.” Auf dem Weg zu ihrem eigenen Auto sei sie gegen ihren Willen gefilmt und auch bedroht worden: „Verschwinde, beim nächsten Mal gibt’s ein paar aufs Maul.”
Sie selbst habe versucht zu deeskalieren, sagte die Frau unter Tränen. Es sei für sie psychisch belastend, dass Bürger ihr gegenüber immer unfreundlich seien. Die Männer hätten sie nicht beleidigt, fremdenfeindlich sei sie nicht, beteuerte sie. Seit den Anschuldigungen könne sie nachts nicht schlafen und nehme Medikamente.
Allerdings passte diese Schilderung nicht überein mit kurzen Videoaufzeichnungen, die Richter Thomas Bauer zeigte. Darin wirkt die Frau selbstbewusst, unterrichtet die Männer, dass Foto- und Videoaufnahmen verboten seien. Und in einem anderen Video sagt sie: „Du bist doch so blöd.” Auf Nachfrage von Richter Bauer meinte die Angeklagte: „Ich erinnere mich nicht. Es tut mir leid, wenn ich das gesagt habe, aber ich habe mich bedroht gefühlt.”
Widersprüchlich waren allerdings auch die Aussagen der drei Männer. Alle hatten die vermeintlichen Beleidigungen anders aufgefasst und waren sich nicht einig, an wen die Begriffe gerichtet waren. Sie berichteten lediglich davon, dass die Verkehrsüberwacherin einen aggressiven Ton hatte, sie selbst seien ruhig gewesen. An viele Details konnten sich die drei Männer aber erst nach Vorhalt ihrer vorherigen Aussagen erinnern. Deshalb war für Richter Bauer eine Einstellung des Verfahrens denkbar.
Da spielte allerdings die Staatsanwaltschaft nicht mit, weil der Verdacht der Ausländerfeindlichkeit noch im Raum stand. Dazu muss noch der ermittelnde Polizist als Zeuge bei einem weiteren Termin aussagen. Denn in der polizeilichen Akte ist ein Vermerk enthalten, nach dem die 60-Jährige gesagt haben soll: „Am Schlimmsten sind die Türken.” Was es damit auf sich hat, wird sich wohl bei der Fortsetzung im Oktober zeigen.