Ein russischer Mann, der im Juni illegal die Grenze nach Finnland überquerte und dort Asyl beantragte, ist wieder nach Russland abgeschoben worden. Das teilte die Grenzschutzbehörde von Nordkarelien am Freitag, 14. November, mit. Besonders brisant: Laut Medienberichten soll es sich bei dem Mann um einen ehemaligen Kämpfer der berüchtigten Söldnergruppe Wagner handeln.
Finnland: Grenzübertritt über ungesichertes Waldgebiet
Wie der finnische Rundfunk „YLE" berichtete, wurde der Mann, der mit Vornamen Jewgeni heißen soll, am Abend des 17. Juni 2025 in einem Waldstück bei Välivaara festgenommen, als er unerlaubt aus Russland durch Wälder nach Finnland schlich. Das Gebiet nördlich der russischen Stadt Sortavala ist auf finnischer Seite nicht eingezäunt.
Ein Grenzüberwachungssystem hatte die Bewegung registriert, woraufhin eine Patrouille ausrückte und den Mann festnahm. Er stellte einen Asylantrag und gab nach Angaben von „YLE" an, vor dem Krieg zu fliehen.
Russischer Mann mit Verbindung zur Wagner-Gruppe
Bereits im Sommer hatte „YLE" berichtet, dass finnische Behörden den Mann wegen seines militärischen Hintergrunds überprüften. Auf öffentlichen Social-Media-Profilen präsentierte sich Jewgeni selbst als Wagner-Kämpfer und postete Videos in Uniform aus Gebieten in der Ostukraine, darunter Bachmut und Selydowe – Orte, an denen laut internationalen Ermittlern schwere Kriegsverbrechen begangen wurden.
Zudem kritisierte er in den Videos die russische Armeeführung scharf und warf ihr schlechte Behandlung der Soldaten und Lügen gegenüber deren Familien vor.
Nach „YLE"-Informationen wurde er ursprünglich direkt aus einem russischen Gefängnis rekrutiert, wo er 2023 wegen eines Juwelierraubs in Omsk eine sechsjährige Haftstrafe verbüßte – ein bekanntes Rekrutierungsmuster der Wagner-Gruppe.
Hintergrund: Was aus der Wagner-Gruppe wurde
Die russische paramilitärische Organisation Wagner galt jahrelang als inoffizielles Werkzeug russischer Machtprojektion – brutal, kaum kontrolliert und eng mit dem Kreml verflochten.
Sie kämpfte weltweit in Konfliktregionen, unter anderem in Syrien, Libyen, der Zentralafrikanischen Republik und ab 2022 in der Ukraine. Während des Kriegs erlangte sie traurige Bekanntheit durch massive Menschenrechtsverletzungen und extrem verlustreiche Sturmangriffe, oft mit zwangsrekrutierten Sträflingen.
Im Sommer 2023 kam es zum dramatischen Bruch: Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin marschierte mit seinen Truppen Richtung Moskau. Der Aufstand scheiterte – und wenige Wochen später starb Prigoschin bei einem Flugzeugabsturz, der nach Einschätzung westlicher Geheimdienste auf den Kreml zurückgehen dürfte.
Wagner-Flagge an der EU-Außengrenze – Umbau zum „Africa Corps“
In den vergangenen Monaten gab es verschiedene Meldungen über die Gruppe: Estland meldete kürzlich, ein russisches Grenzschutzboot sei mit einer Wagner-Flagge auf dem Grenzfluss Narva unterwegs gewesen. Außenminister Margus Tsahkna sprach von möglichen „Provokationen“ und fragte ironisch, ob der „Geist Prigoschins“ noch lebe.
Gleichzeitig berichten internationale Medien, dass die Gruppe Wagner inzwischen unter dem Dach des russischen Verteidigungsministeriums weitergeführt wird – unter dem neuen Namen „Africa Corps“. Nach Recherchen des Schweizer Rundfunks (SRF) operiert die Gruppe heute vor allem in Afrika, unter anderem in Mali, wo russische Kämpfer kürzlich in einen Hinterhalt islamistischer Milizen gerieten. Das Ziel Russlands: Rohstoffe sichern, politischen Einfluss ausbauen und westliche Staaten verdrängen. In Mali kontrollieren Wagner-Ableger demnach inzwischen bedeutende Goldminen und haben Paris sowie die UN-Mission MINUSMA faktisch aus dem Land gedrängt.
Nach Abschiebung: Aufenthaltsort des Überlaufers unbekannt
Ob der Überläufer Jewgeni wirklich der Gruppe angehört ist noch nicht offiziell bestätigt. Der finnische Grenzschutz bestätigte zwar einen „militärischen Hintergrund“, wollte aber keine weiteren Details nennen.
Die Behörde betonte, man veröffentliche den Fall ausnahmsweise, da bereits im Sommer Spekulationen über die Identität des Mannes öffentlich geworden waren. Jewgenis aktueller Aufenthaltsort nach seiner Rückführung nach Russland ist unbekannt.