Am 1. Juni wäre er 63 Jahre alt geworden: Jewgeni Prigoschin. Der russische Geschäftsmann und Gründer der Wagner-Gruppe ist spätestens seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine am 24. Februar 2022 vielen Menschen ein Begriff.
Seine private Militärfirma, die in verschiedenen internationalen Konflikten aktiv ist, hat selbst dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Probleme bereitet.
Vor allem durch die Wagner-Gruppe hatte Prigoschin erheblichen militärischen Einfluss in Russland gewonnen. Seine Privatarmee wurde häufig als inoffizielles Instrument der russischen Außenpolitik eingesetzt, was Putins Kontrolle über das Militär und die Sicherheitskräfte bedrohte.
Prigoschins mysteriöser Tod: „Quellen sagten sofort, Putin steckt hinter dem Anschlag“
Im Laufe der Jahre äußerte Prigoschin wiederholt scharfe Kritik an der russischen Militärführung und indirekt auch am Kreml-Chef selbst.
Der Wagner-Boss warf der Militärführung Ineffizienz und Korruption vor, insbesondere mit Blick auf den Krieg in der Ukraine. Diese offene Kritik untergrub die Autorität des Kreml-Chefs und stellte eine potenzielle Gefahr für Putins Macht dar.
Nach dem mysteriösen Flugzeugabsturz im August 2023 gab es zahlreiche Spekulationen über die Hintergründe und mögliche Verantwortliche. Einige vermuteten, dass der Kreml selbst als Reaktion auf Prigoschins Rebellion gegen Putin und seine offene Kritik an der russischen Militärführung in den Absturz verwickelt gewesen sein könnte.
Der bekannte russische Investigativ-Journalist und Geheimdienstexperte Andrej Soldatow erklärte in einem „CNN“-Interview am 26. August 2023, dass bei früheren Anschlägen Insider versucht hätten, mysteriöse Figuren innerhalb des russischen Militärs oder der Sicherheitsdienste für die Attentate verantwortlich zu machen.
Nicht aber in diesem Fall: „Meine Quellen sagten mir sofort, dass Putin selbst hinter dem Anschlag steckt“, so Soldatow.
Prigoschins Imperium lebt auch nach seinem Tod weiter
Die undurchsichtige Informationslage und frühere Konflikte zwischen Prigoschin und der russischen Regierung nährten diese Spekulationen. Dennoch ist die Bedrohung für Putin nicht ganz gebannt: Prigoschins Imperium lebt auch nach seinem Tod weiter und bleibt eine ernsthafte Herausforderung für die Stabilität des russischen Regimes.
Nach seinem Tod blieb sein Imperium größtenteils im Besitz seiner Familie und brachte weiterhin beträchtliche Einnahmen, berichtet das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND).
Nach Angaben der unabhängigen Exilzeitung „Nowaja Gaseta“ brachte das Imperium seinen Besitzern im Jahr 2023 154 Milliarden Rubel (1,6 Milliarden Euro) ein. Die Erben, Prigoschins Sohn Pawel, seine Töchter Weronika und Polina sowie seine Witwe Ljubow, erhielten ein beachtliches Vermögen, darunter umfangreiche Immobilien im elitären St. Petersburger Nobelviertel Nordversailles.
Seine zahlreichen Unternehmen und treuen Anhänger führen Prigoschins Geschäfte fort, und die Wagner-Armee ist weiterhin aktiv an militärischen Operationen in Afrika und im Nahen Osten beteiligt.
Sie sichert strategische Ressourcen wie Öl und Gas und leistet militärische Unterstützung. Mehrere andere Unternehmen, darunter Concord, Evro Polis, Megaline und das Lakhta Center, werden ebenfalls von Progoschins Anhängern weitergeführt.
Undurchsichtige Strukturen und anhaltender Kult um Prigoschin
Einige Aspekte des Imperiums sind jedoch nach wie vor undurchsichtig, und viele seiner juristischen Personen verbergen sich laut RND hinter Strohmännern.
Die „Nowaja Gaseta“ identifizierte mehr als 120 Unternehmen, die nach Prigoschins Tod noch existierten, obwohl die Besitzverhältnisse oft unklar blieben. Es stellte sich sogar heraus, dass in einigen dieser Firmen ehemalige Polizeioffiziere in führenden Positionen arbeiteten.
„Nicht nur in Prigoschins Heimatstadt St. Petersburg ist der Kult um den Unternehmer lebendig“, berichtet die „Zeit“. Auch „in Moskau legen Menschen an einer improvisierten Gedenkstätte nahe dem Kreml Blumen“ für den ehemaligen Wagner-Chef nieder.
Potenzielle Gefahr für die Stabilität der russischen Regierung
Experten des „Atlantic Council”, einer Denkfabrik für internationale Angelegenheiten und geopolitische Analysen, prognostizierten bereits im vergangenen Jahr, dass auch nach Prigoschins Tod die Loyalität seiner Anhänger die Stabilität der russischen Regierung ernsthaft gefährden könnte. Denn sie könnten bereit sein, diese Ressourcen gegen staatliche Eingriffe zu verteidigen.
Auch die unabhängige Zeitung „Moscow Times” deutete zur gleichen Zeit an, dass ein Versuch, das Wagner-Imperium zu zerschlagen oder zu kontrollieren, zu erheblichen militärischen, wirtschaftlichen und politischen Unruhen führen könnte.
Experten sind sich sicher: Die Dynamik innerhalb Russlands und seine internationalen Beziehungen werden noch lange von Prigoschins Imperium geprägt sein.