Während das Herzogliche Brauhaus in Wilparting bei Irschenberg ein Millionenprojekt präsentiert hat und auch konsequent verfolgt, kommt die Verwirklichung der Guggemos-Pläne in Tegernsee nicht voran. Wie geht es weiter? Im Bauausschuss gab es zuletzt kritische Nachfragen.
Tegernsee - „Man liest von Investitionen über Millionen außerhalb des Tegernseer Tals, da könnte man mal an die Ruinen in Tegernsee erinnern“, merkte Peter Hollerauer (FWG) jüngst im Bauausschuss kritisch an und erkundigte sich nach einem neuen Sachstand zu der aktuell wohl markantesten „Ruine“ mitten in Tegernsee an der Hauptstraße: dem früheren Gasthof Guggemos.
Herzogliches Brauhaus plant ein Ensemble mit fünf Gebäuden
Schon vor 17 Jahren gingen hier die Lichter aus, seitdem verschlechtert sich der Zustand zusehends. 2019 hatte das Herzogliche Brauhaus Tegernsee erstmals Pläne vorgestellt, die dann, im Sommer 2022, mit der Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans sowie einem Vorhaben- und Erschließungsplan auch seitens der Stadt Fahrt aufnahmen. Ein Ensemble mit fünf Gebäuden ist demnach geplant, zwei davon je viergeschossig und mit einer überdachten Passage zum See verbunden – mit Läden unten, Büros und Praxen darüber sowie mehreren Drei- und Zweizimmerwohnungen, teils zu günstigen Konditionen nach dem Tegernseer Modell. Auch ein Gastrogebäude mit Terrasse und Biergarten am See ist geplant, zudem zwei kleinere Wohnhäuser am See. Für Autos soll‘s eine Tiefgarage geben.
Guggemos liegt direkt im Hochwassergebiet
Woran liegt‘s, dass das Vorhaben nicht vorankommt? An Problem Nummer eins, dem Hochwasserausgleich? Das Projekt liegt am See und damit direkt im Hochwassergebiet. Grundsätzlich, merkt Brauhaus-Geschäftsführer Christian Wagner auf Nachfrage an, werde mit der geplanten Bebauung die unversiegelte Fläche mindestens gleich groß oder nach Möglichkeit sogar etwas größer, als bei der derzeitigen Bebauung. „Das Guggemos-Grundstück fällt von der Straßenkante bis zum See um etwa einen Meter ab“, erklärt Wagner. Der Geländeausgleich erfolge in erster Linie durch den Bau einer erforderlichen Tiefgarage.
Weil sich Teile der oberirdisch errichteten Gebäude in der Zone eines anzunehmenden Jahrhunderthochwassers (HQ100-Zone) befinden und bei einem eintretenden Jahrhunderthochwasser den Überschwemmungsbereich um rund 300 Kubikmeter Ausbreitungsfläche einschränken, sei ein Retentionsausgleich nötig, legt Wagner erneut schriftlich dar. Dieser Ausgleich mit einem Gesamtvolumen von 364 Kubikmetern, das ist bereits bekannt, soll am Seeufer in Gmund geschaffen werden. Eine Mulde von 33 Metern Länge, 18 Metern Breite und maximal 1,20 Metern Tiefe ist geplant, mit dem See verbunden durch ein zwölf Meter langes Rohr, das durch die Schilfzone gelegt werden soll. Die Gemeinde Gmund hatte, begleitet von einem Fragenkatalog, das Einvernehmen erteilt.
Retentionsausgleich: Antrag ist laut Landratsamt genehmigt
Ist dieses Vorhaben bereits in sicherem Gewässer? Das Landratsamt Miesbach sagt, Ja. Der Antrag der Brauhaus Tegernsee KG zur Errichtung eines Beckens zur Neuschaffung von Retentionsvolumen sei mit Bescheid vom 19. August 2024 genehmigt worden, teilt eine Sprecherin schriftlich mit. Die Fachstellen Wasser, Abfall, Bodenschutz und Fachlicher Naturschutz seien beteiligt gewesen. Und: „Es wurden keine Bedenken geäußert, beziehungsweise, es liege keine Klage vor“, so die Sprecherin.
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Das zweite große Problem ist die Verlegung des Abwasserkanals
Problem Nummer zwei: der Abwasserkanal. Der Ringkanal des Abwasserzweckverbands läuft bisher mitten durch das Guggemos-Grundstück und muss verlegt werden. Zuletzt hatte Wagner bereits erklärt, dass eine Verlegung des Kanals in die Bundesstraße nur mit extremem Aufwand und einer langen Sperrung zu machen wäre. Um dies zu vermeiden und auch, um keine Stellplätze in der Tiefgarage zu verlieren, werde nach Alternativen gesucht. Jetzt muss Wagner einräumen: „Leider ist eine alternative Kanalführung noch nicht gefunden. Es werden nach wie vor einige Überlegungsansätze auf Durchführbarkeit geprüft.“
Für das Neubau-Projekt gibt es noch keinen konkreten Zeitplan
Gibt es einen Zeitplan für das weitere Vorgehen? Auch hierzu kann Wagner keine konkreten Aussagen treffen: „Sobald aus den Untersuchungen belastbare Ergebnisse vorliegen, werden wir weitere Schritte einleiten.“ Sprich: Dann könnte auch das Bebauungsplanverfahren wieder aufgenommen werden. Laut Bauamtsleiterin Bettina Koch wird das Verfahren nämlich aktuell nicht weiter bearbeitet, nachdem der Entwurf für den Bebauungsplan Nummer 61 „Guggemos, Hauptstraße 23“ im August und September 2022 öffentlich ausgelegen hatte. „Für die Fortsetzung des Bebauungsplanverfahrens wird die Genehmigung für den Retentionsausgleich abgewartet“, teilt Koch im Gegensatz zum Landratsamt schriftlich mit. „Dann werden die Abwägung für die eingegangenen Stellungnahmen und der Entwurf für den Durchführungsvertrag erarbeitet.“ Einen Zeitpunkt für weitere Beratungen im Stadtrat könne auch sie nicht nennen.
„Ich frage regelmäßig nach, aber es ist zach“, kommentierte Bürgermeister Johannes Hagn (CSU) die Nachfrage Hollerauers im Bauausschuss. Dass der neue Moarwirt neben der berühmten Wallfahrtskirche von Wilparting, für dessen Neubau von einer zweistelligen Millionensumme die Rede ist, den Guggemos überholt, davon müssen die Tegernseer wohl ausgehen.
gr