Unmut über neue Flüchtlingsunterkunft: Gemeinde mietet Einfamilienhaus an

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Tegernsee
  4. Bad Wiessee

Kommentare

Dieses alte Einfamilienhaus in Bad Wiessee wird derzeit als Unterkunft für Geflüchtete hergerichtet. Etwa acht Ukrainer sollen dort so schnell wie möglich Obdach finden. © Thomas Plettenberg

In Bad Wiessee fällt demnächst die letzte Großunterkunft für Geflüchtete weg. Um die Menschen dennoch unterbringen zu können, mietet die Gemeinde derzeit kleinere Objekte an. Darunter ist auch ein Haus an der Breitenbachtalstraße. Hier regt sich Unmut in der Nachbarschaft.

Bad Wiessee – „Wir sind dankbar für jede Liegenschaft, die uns zur Verfügung gestellt wird“, sagt der Wiesseer Bürgermeister Robert Kühn (SPD). Knapp 100 ukrainische Kriegsflüchtlinge leben derzeit in der Gemeinde, 22 von ihnen sind aktuell noch im früheren Bayerischen Hof untergebracht. Dort können die Menschen allerdings nicht mehr lange bleiben, bis Ende März muss das Gebäude geräumt sein, berichtet Karen Lange, die im Rathaus zuständig ist für die Betreuung der Geflüchteten. Die Strüngmann-Firma Athos möchte ab dem Frühjahr auf dem Areal mit der Umsetzung ihrer Pläne für ein Personalhaus beginnen (wir berichteten).

Weil ein Nachfolge-Objekt dieser Größenordnung nicht in Sicht ist, mietet die Gemeinde derzeit kleinere Einheiten an, um Wohnraum für die ukrainischen Mitbürger zu schaffen. „Wir bemühen uns, die Geflüchteten dezentral unterzubringen“, betont der Bürgermeister. Bad Wiessee geht damit einen Sonderweg: Anders als die meisten anderen Kommunen, mietet sie die Objekte in Eigenregie an, der Landkreis bleibt hier außen vor. Auch die Verteilung der Bewohner übernehmen die zuständigen Rathaus-Mitarbeiterinnen selbst.

Haus ist schon 90 Jahre alt

Unter den nun angemieteten Häusern und Wohnungen ist auch ein Einfamilienhaus an der Breitenbachtalstraße. Das Haus ist gut 90 Jahre alt, die Gemeinde hat es seit 1. November für fünf Jahre angemietet und ist laut Lange gerade dabei, es herzurichten und bewohnbar zu machen. „Eine Heizung ist bereits eingebaut, auch die Elektrik ist gemacht“, berichtet Lange. Um die acht Ukrainer werden in dem Gebäude wohl unterkommen können.

So erleichtert die Kommune über jedes weitere Wohnobjekt für Geflüchtete ist, so wenig angetan sind scheinbar Teile der Nachbarschaft, wie zwei Anrufe von Anliegern in der Redaktion unserer Zeitung zeigen. Namentlich in Erscheinung treten wollen die Nachbarn aus der Breitenbachtalstraße mit ihrer Kritik nicht, mit Nachdruck weisen sie aber auf den „schrecklichen Zustand“ des Gebäudes hin, das ihrer Ansicht nach kaum oder nur mit viel Geld überhaupt noch sanierungsfähig sei. Die Rede ist von Schimmel im ganzen Haus, mangelndem Brandschutz und undichten Fenstern. Im August sind offenbar die letzten Mieter ausgezogen.

Nachbarin hält Vermietung des Wohnhauses im Wohngebiet für unpassend

Außerdem sorgt man sich um die eigene Ruhe. Eine Nachbarin macht deutlich, dass sie die Lage der neuen Unterkunft inmitten eines Wohngebiets mit vielen älteren Bewohnern für unpassend hält. „Das ist eine ruhige Siedlung“, sagt sie.

Aussagen, die der Bürgermeister nicht nachvollziehen kann. Das Zusammenleben der ukrainischen Geflüchteten und der einheimischen Bevölkerung habe in Bad Wiessee immer sehr gut funktioniert. „Nirgends hat es bisher Probleme gegeben, weder mit den Nachbarn noch unter den Geflüchteten selbst“, betont Kühn. Sogar bei den Großunterkünften sei alles reibungslos gelaufen. „Und eine Unterkunft mit acht bis zehn Leuten ist ja eine weitaus weniger große Belastung“, macht der Bürgermeister deutlich. Das Haus in der Breitenbachtalstraße stelle hier „keine Besonderheit“ dar, fügt er hinzu.

Was den Zustand des Hauses betrifft, so erklärt der Rathauschef nur: Es werde alles so hergerichtet, dass das Gebäude bewohnbar sei – „wir bringen das in Ordnung“. Was die Kosten für die nötigen Maßnahmen anbelangt, so weist Kühn darauf hin, dass die Gemeinde den Wohnraum nicht zum Nulltarif zur Verfügung stelle: „Wir kriegen dafür ja Miete.“

Dass der Widerstand gegen neue Flüchtlingsunterkünfte immer dann besonders groß ist, wenn diese in der direkten Nachbarschaft entstehen sollen, ist ein bekanntes Phänomen. Auch in Bad Wiessee hat es sich schon gezeigt: Die Gemeinde hatte ursprünglich vor, das ehemalige Trachtenheim an der Söllbachtalstraße ebenfalls als Unterkunft für bis zu acht Personen herzurichten. Hier gab es nicht nur Skepsis im Gemeinderat, sondern offenbar auch Widerspruch aus der Nachbarschaft. Das Vorhaben wurde „auf Eis gelegt“, wie Kühn bestätigt. gab

Auch interessant

Kommentare