Lockangebot für Kriegsflüchtlinge: Ukraine verschont Heimkehrer bei Front-Einsatz

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Gut eine Million Ukrainer sind seit der russischen Invasion nach Deutschland geflüchtet – mehr als in jedes andere Land. Kiew räumt ihrer Rückkehr nun eine hohe Priorität ein.

Berlin - Die ukrainische Regierung will sich verstärkt um die Rückkehr von Kriegsflüchtlingen bemühen, die in Deutschland leben. Dazu sind sogenannte „Unity Hubs“ (Einheitszentren) in Berlin und später an weiteren Orten geplant, um Flüchtlinge bei der Arbeits- und Wohnungsvermittlung oder mit Bildungsangeboten zu unterstützen.

„Eine beträchtliche Anzahl von Ukrainern erwägt ernsthaft, in die Heimat zurückzukehren“, sagte der ukrainische Vizeregierungschef Oleksij Tschernyschow, der die Eröffnung der Zentren vergangene Woche bei einem Besuch in Berlin vorbereitete, der Deutschen Presse-Agentur. Er leitet ein im Dezember eigens für die Rückkehr von Flüchtlingen gegründetes Ministerium für nationale Einheit.

Personalmangel in der Ukraine: Kiew will Geflüchtete aus „kritischen Branchen“ zur Rückkehr drängen

Seit der russischen Invasion in der Ukraine im Februar 2022 sind mehr als 1,1 Millionen Ukrainer nach Deutschland geflüchtet - so viele wie in kein anderes Land. In den von der Regierung in Kiew kontrollierten Gebieten leben heute nur noch 32 Millionen Menschen. Zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 waren es nach Regierungsangaben noch 52 Millionen in der gesamten Ukraine. Die Zahl der Ukrainer, die im Ausland leben, wird von der Regierung auf 20 bis 25 Millionen geschätzt.

Der Ukraine gehen neben Soldaten auch die Arbeitskräfte aus.
Die ukrainische Regierung will sich verstärkt um die Rückkehr von Kriegsflüchtlingen bemühen, die in Deutschland leben. © dpa/Christoph Soeder

Tschernyschow sagte, angesichts des Bevölkerungsschwunds würden vor allem in der Rüstungsproduktion, im Energiesektor und beim Wiederaufbau Arbeitskräfte in der Ukraine benötigt. Dies seien „kritische Branchen“, sagte er. Rückkehrer würden vom Militärdienst zurückgestellt, wenn Sie dort arbeiteten. „Wenn Sie also in einem Kraftwerk arbeiten, werden Sie nicht einberufen. Sie haben eine Garantie.“

Ukraine-Armee leidet im Krieg gegen Russland unter Personalmangel

Allerdings leidet die ukrainische Armee nach Aussage ihres Oberkommandeurs Olexander Syrskyj unter Personalmangel. Die Zahl der Soldaten in den mechanisierten Brigaden müsse erhöht werden, sagte er im Rundfunk. Leider aber reichten die Mobilisierungskapazitäten nicht aus, um diesen Bedarf zu decken. Daher habe man begonnen, „innerhalb vernünftiger Grenzen“ Personal aus der Logistik, Versorgung und Instandhaltung abzuziehen, um Lücken zu füllen und die neuen Einheiten aufzustellen.

Aber auch diejenigen Ukrainer, die in Deutschland bleiben wollen, sollen in den „Unity Hubs“ zum Beispiel bei der Jobsuche oder beruflichen Qualifikation unterstützt werden. „Sie sollten keine Last für die Regierung sein“, betonte der Minister.

Viele ukrainische Flüchtlinge haben auch Deutschland wieder verlassen. „374.278 Personen, die zwischen Februar 2022 und Ende August 2024 aus der Ukraine nach Deutschland geflohen waren, sind seither als hierzulande nicht mehr aufhältig im AZR (Ausländer-Zentral-Register) gespeichert. Von ihnen sind rund 5.000 Personen verstorben“, teilt der Mediendienst Integration mit (Stand: 31. August 2024).

Ukraine-Flüchtlinge in Deutschland immer wieder im Visier der Politik

Auch in der deutschen Politik sind ukrainische Flüchtlinge immer wieder zum Ziel von Kritik und Hetze geworden. CDU-Chef Friedrich Merz warf im September 2022 den ukrainischen Flüchtlinge Sozialtourismus vor. Die Flüchtlinge würden sich das Sozialsystem zu Nutzen machen und zwischen Deutschland und der Ukraine hin- und herpendeln. Nach heftiger Kritik an diesen Worten musste Merz zurückrudern. Er wollte damit niemandem „zu nahe treten oder jemandem persönlich etwas vorwerfen.“

Die bayerische AfD hatte zuletzte angekündigt, man wolle alle aus dem Ukraine-Krieg nach Deutschland geflohene Menschen abschieben. Es gebe in der Ukraine „genügend Gebiete“ in die sie zurückkehren könnte, behauptete Fraktionsvorsitzende Kathrin Ebner-Steiner laut der Süddeutschen Zeitung nach der Klausur der Landtagsfraktion am Donnerstag (16. Januar). Der parlamentarische Geschäftsführer der Bayern-AfD, Christoph Maier, ergänzte die Forderung, dass „wenn nötig“ Zäune an deutschen Grenzen erreichtet werden sollten. Der Landesverband wolle zudem versuchen, per Volksbegehren durchzusetzen, dass Kommunen die Zuweisung zur Unterbringung von Asylsuchenden verweigern dürfen. (erpe/dpa)

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