Weitere Radikalisierung: Bayern-AfD will alle Ukraine-Flüchtlinge ausweisen

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Vor der Bundestagswahl stellt Bayerns AfD weitere radikale Forderungen auf. Wie diese mit dem Grundgesetz vereinbar seien, erklärt die Partei nicht.

München – Die bayerische AfD will alle aus dem Ukraine-Krieg nach Deutschland geflohenen Menschen abschieben. Es gebe in der Ukraine „genügend Gebiete“ in die sie zurückkehren könnte, behauptete Fraktionsvorsitzende Kathrin Ebner-Steiner laut der Süddeutschen Zeitung nach der Klausur der Landtagsfraktion am Donnerstag (16. Januar).

Am selben Tag griff Russland die Ukraine mit dutzenden Raketen und Drohnen an. Ziel war, wie seit Kriegsbeginn üblich, die zivile Infrastruktur des ganzen Landes. Der bayerische Landesverband der AfD wird vom Verfassungsschutz als „Verdachtsfall“ beobachtet, radikalisierte sich zuletzt aber deutlich.

„Osten im Westen“ – Das radikale Selbstverständnis der Bayern-AfD

Der Rechtsextremismusforscher Hajo Funke bezeichnete die Bayern-AfD im November als eine der „schärfsten Ausprägungen der AfD“. Das Machtzentrum in Bayern bestehe aus Angehörigen des offiziell aufgelösten, rechtsradikalen, „Flügel“-Netzwerkes innerhalb der Partei, sagte Funke dem Bayerischen Rundfunk. Inhaltlich sei der bayerische Landesverband auf Linie mit der vom Rechtsextremen Björn Höcke geführten Thüringer AfD. Der bayerische AfD-Bundestagsabgeordnete Rainer Rothfuß fasste dies Programmatik auf dem Landesparteitag im Dezember zusammen: Man sei „gewissermaßen der Osten im Westen“, zitierte der Münchner Merkur den AfD-Mann.

Abgeordnete der Bayern-AfD fielen zuletzt immer wieder mit einer auffälligen Nähe zu Russland auf: So reisten beispielsweise drei Landtagsabgeordnete zur mutmaßlich gelenkten Präsidentschaftswahl in Russland, die Wladimir Putin erneut im Amt legitimieren sollte. Die Fraktion kritisierte die Reise damals.

1,2 Millionen Menschen – Bayern-AfD will Ukraine-Flüchtlinge ausweisen

Auf dem Parteitag Ende Dezember beschloss die Bayern-AfD eine Resolution, in der sie „millionenfache Remigration“, also Ausweisung von Ausländern forderte. „Remigration“ ist ein Kampfbegriff der rechtsextremen „Identitären Bewegung“, die diesen an die Verschwörungserzählung vom „Großen Bevölkerungsaustausch“ knüpft, die seit Jahren weltweit Rechtsterroristen antreibt.

Ausreisepflichtig sind, dem Bundesinnenministerium zufolge, aktuell etwa 230.000 Ausländer. Ergo müssten bereits aufgestellte Aufenthaltstitel zurückgenommen werden, oder gar deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund ausgebürgert werden. Letzteres ist eine Vermutung vieler Beobachter, auf die Ebner-Steiner der SZ zufolge nicht einging. In der Resolution verlangte die Bayern-AfD bei „schwerwiegenden Straftaten“ deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund auszubürgern. Eine Forderung, die Verfassungsrechtler kritisch sehen, da sie gegen Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verstoßen könnte.

Eine Position, die auch CDU-Chef Friedrich Merz teilt, auch wenn er eine Koalition mit der AfD wiederholt strikt ausschloss. Von den neuerlichen AfD-Forderungen zur Abschiebung von Geflohenen aus der Ukraine wären 200.000 in Bayern und bundesweit 1,2 Millionen Menschen betroffen. Umsetzen wird die AfD dies wohl kaum, da bisher alle anderen Parteien eine Koalition mit ihr ausschließen.

Bayern-AfD will Grenzzäune und Volksbegehren zur Unterbringung von Asylsuchenden

Der parlamentarische Geschäftsführer der Bayern-AfD, Christoph Maier, ergänzte die Forderung, dass „wenn nötig“ Zäune ab deutschen Grenzen erreichtet werden sollten. Der Landesverband wolle zudem versuchen, per Volksbegehren durchzusetzen, dass Kommunen die Zuweisung zur Unterbringung von Asylsuchenden verweigern dürfen. Unklar blieb, ob dies überhaupt per bayerischen Volksentscheid festgelegt werden könnte. Um eine Abstimmung herbeizuführen, braucht es im Freistaat etwa 900.000 Unterschriften.

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AfD-Landtagsfraktionschefin Katrin Ebner-Steiner will Geflohene aus der Ukraine ausweisen. © Peter Kneffel/dpa

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Auch schlägt die Bayern-AfD weiter anti-islamische Töne an: Ein bayernweites Minarettverbot und eine Verpflichtung zur Predigt auf Deutsch, Burka-Verbot im öffentlichen Raum, Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst und ein Verbot aller Vereinigungen des „politischen Islams“, sowie die Abschaffung des Islamunterrichts an Bayerns Schulen forderte die AfD in einem „Anti-Islamisierungs-Paket“. Der Deutschen Presse-Agentur (dpa) zufolge hat lediglich „etwas mehr als eine Handvoll“ auch ein Minarett. Ebner-Steiner ließ offen, wie sie die Forderungen mit der grundgesetzlich verbrieften Religionsfreiheit vereinbar seien.

Der aktuellen „Bayerntrend“-Umfrage des BR zufolge verlor die AfD im Freistaat leicht. 16 Prozent der Befragten gaben an, die in Rechtsaußen-Partei wählen zu wollen. Im November seien dies noch 17 gewesen. Bundesweit steht die Partei in Umfragen bei etwa 20 Prozent. Viele Beobachter sahen auf dem Bundesparteitag der AfD Anfang Januar eine weitere Radikalisierung der Gesamtpartei. Deshalb forderte die fraktionsübergreifende Gruppe von Abgeordneten, die einen Antrag auf Einleitung des Parteiverbotsverfahrens gegen die AfD gestellt hatte, diesen im Bundestag zu beschließen. Entscheiden über ein Verbot der AfD müsste das Bundesverfassungsgericht. (kb mit dpa)

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