Geschäftsidee mit Weitsicht - Das Schuhhandwerk der Felzmanns in Unterhaching hat eine lange Tradition

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Im Schuhhaus Felzmann: Christian (l.) und sein Vater Franz Felzmann. Foto: Martin Becker © Martin Becker

Das Schuhgeschäft der Familie Felzmann in Unterhaching hat eine sehr lange Geschichte. Sie reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück.

Unterhaching – Es sind zwei Zahlen, die aufhorchen lassen. „99,5 Prozent aller Menschen kommen mit kerngesunden Füßen zur Welt“, berichtet Christian Felzmann. „Aber mit Mitte 30“, so sein Eindruck, „können viele ohne Einlagen nicht mehr laufen.“ Die Ursache? Oft falsches Schuhwerk, schon in jungen Jahren: „Bei Kinderfüßen kann man am meisten kaputtmachen.“

Der 43-Jährige spricht aus Erfahrung: Er ist der jüngste Spross im traditionsreichen Schuhhaus Felzmann in Unterhaching, stieg 2002 ein ins Familienunternehmen, bei dem sein Vater Franz Felzmann (73) noch im Hintergrund die Fäden zieht. Ein Geschäft mit sehr langer Geschichte – diese reicht bis ins Jahr 1885 zurück.

Aus Bayrisch Eisenstein nach München

„Mein Großvater Jakob Felzmann kam damals aus Bayrisch Eisenstein nach München und eröffnete in Schwabing eine Schuhmacherei“, erzählt Franz Felzmann. 1917, noch während des Ersten Weltkriegs, kaufte Jakob Felzmann in Unterhaching ein Wohnhaus in der Bürgermeister-Prenn-Straße und richtete dort seine Werkstatt ein. Eine Geschäftsidee mit Weitsicht: Für die vielen Kriegsversehrten stellte Jakob Felzmann für alle Arten von Fußverletzungen das geeignete Schuhwerk her, entwickelte als einer der Ersten sogar orthopädische Fußbetteinlagen. „Meine Großmutter Anna fing ab 1927 zusätzlich damit an, im Vorraum Fabrikschuhe zu verkaufen. Für die feineren Herrschaften aus Schwabing fertigte mein Großvater natürlich weiterhin teils künstlerisch anmutende Maßschuhe.“

Heimatpfleger und Ehrenbürger

Vier Söhne hatte Jakob Felzmann; einer von ihnen fiel im Zweiten Weltkrieg, Rudolf Felzmann wurde später Heimatpfleger und Ehrenbürger der Gemeinde Unterhaching. Die beiden anderen Nachkommen führten mit ihren Namen den ausgezeichneten Ruf in der Schuhbranche fort: Max Felzmann mit dem seit 1939 weltbekannten Schuhhaus am Alten Peter in München – und Franz Felzmann, Vater des gleichnamigen heutigen Inhabers. Der Senior stieg 1935 mit ein und kaufte, nachdem er aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt war, 1952 das Grundstück an der Münchner Straße 46 in Unterhaching. Wo bis heute der Firmensitz ist.

Drei Jahrzehnte später zog der heutige Franz Felzmann, heute 73 Jahre alt, in den Familienbetrieb ein. „Ich hatte zuvor in einem Schuhhaus im Allgäu gearbeitet, war dort auch Filialleiter. 1982 habe ich von meinem Vater das Schuhhaus Felzmann in Unterhaching übernommen“, schildert er die Entwicklung. „Im Lauf der Jahre haben wir immer wieder etwas dazugebaut.“ Mittlerweile liegt die Gesamtfläche des Unterhachinger Traditionsgeschäfts bei rund 500 Quadratmetern, die bis dato letzte Erweiterung erfolgte 2005.

Viele Dependancen

Ein Zeitpunkt, an dem auch Christian Felzmann schon mitwirkte – 2002 stieg der heute 43-Jährige ein, forcierte über Tamaris-Stores Dependancen im OEZ (2007), in Pasing (2011), in den Riem-Arcaden (2014) und im PEP (2023). Herzstück des kleinen Imperiums ist und bleibt aber das Schuhhaus in Unterhaching.

Wie hat sich das Schuhgeschäft im Lauf von inzwischen 139 Jahren verändert, wie trotzen die Felzmanns der digitalen Konkurrenz oder Discount-Angeboten im Gewerbegebiet? „Wer billig kauft, kauft doppelt – diese Weisheit stimmt bei Schuhen am meisten“, glaubt Christian Felzmann. Natürlich umfasst das Angebot heute auch einen Onlineverkauf, aber: „Es gibt so viele Nuancen. Ein falscher Schuh verändert die Geometrie des Fußes, der Körper steht und geht nicht so, wie er soll – Haltungsschäden bin hin zu Kreuz- und Kopfschmerzen können die Folge sein.“ Was also passt, jenseits modischer Präferenzen zwischen buntem Sneaker und dunklem Langschaftstiefel, zur persönlichen Fußform? „Bei der Beratung“, sagt Christian Felzmann“, „sind wir besser als jeder Onliner der Welt.“ Was die (Stamm)kundschaft zu schätzen weiß.

Galanterie wieder im Kommen

Bei Trends sind die Firmenchefs vorsichtig. „Der Slipper war eine wichtige Warengruppe und bleibt es auch. Aber die Galanterie ist wieder im Kommen“, sagt Franz Felzmann. Sohn Christian ergänzt: „Der Sneaker-Hype war extrem, hat nun seinen Zenit gefunden.“ Die Schuhmode werde wieder „etwas angezogener“. Und immer, ganz wichtig: bei Bedarf die passende Einlage.

Die Symbiose zwischen Fuß und Schuh bleibt die Fachberatung. Dazu passend steht seit 2001 eine von Künstler Ivo Krizan kreierte Skulptur vor dem Laden: Sie symbolisiert die Tradition der Schuhmacher-Familie Felzmann – deren Prinzipien bis heute gelten.

In der Serie

„Die ältesten Geschäfte im Ort“ stellen wir in loser Reihenfolge alteingesessene Läden im Landkreis vor.

Dieses Bild vom Schuhhaus Felzmann in Unterhaching stammt von 1960. In der Ladentür stehen Franz (links) und sein Bruder Helmut Felzmann. Fotos (2): privat
Dieses Bild vom Schuhhaus Felzmann in Unterhaching stammt von 1960. In der Ladentür stehen Franz (links) und sein Bruder Helmut Felzmann. Fotos (2): privat © privat
Das Schuhhaus ist seit 1952 in der Münchner Straße 46. Dieses Foto stammt aus dem Jahr 1966.
Das Schuhhaus ist seit 1952 in der Münchner Straße 46. Dieses Foto stammt aus dem Jahr 1966. © privat

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