Leben in der Dauerbaustelle: Junges Paar kauft Haus mit Schaden und gerät an dubiosen Handwerker

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Ein junges Ottobrunner Paar gerät nach einem Wasserrohrbruch im neuen Haus an einen dubiosen Handwerker. In ihrer Verzweiflung schalten sie einen Anwalt ein.

Ottobrunn – Eine Familie erlebt im frisch bezogenen Haus in Ottobrunn als erstes einen Wasserschaden im Bad und findet aufgrund voller Terminbücher zunächst keine Handwerker, die Abhilfe schaffen können. Über eine Internetplattform gelangt das Paar Kerstin und Alfred Deixler (beide 33 Jahre alt) an einen Handwerker aus dem Landkreis Freising, der in vier Wochen alles erledigt haben will. Aber wie sich herausstellt, bringt er die Arbeiten nicht zu Ende. Deshalb wollen die Geschädigten andere davor warnen, auf diese Masche hereinzufallen.

Die Renovierung stockt: Alfred und Kerstin Deixler mit Baby Phil vor der Langzeitbaustelle. Links das Badezimmer, das seit Monaten unbenutzbar ist.
Die Renovierung stockt: Alfred und Kerstin Deixler mit Baby Phil vor der Langzeitbaustelle. Links das Badezimmer, das seit Monaten unbenutzbar ist. © MSC

Im Oktober 2022 kaufen sie ein Haus in Ottobrunn

Die jungen Eigentümer kommen ursprünglich aus dem Landkreis München. Alfred Deixler ist aus Ottobrunn, Kerstin Deixler in Höhenkirchen aufgewachsen. Zunächst wohnten sie in München, suchten sich dann ein Eigenheim mit dem Wunsch, eine Familie zu gründen und kauften gegen Ende der Coronapandemie, im Oktober 2022, ein Haus in Ottobrunn.

Die Renovierung stockt: Alfred und Kerstin Deixler mit Baby Phil vor der Langzeitbaustelle.
Die Renovierung stockt: Alfred und Kerstin Deixler mit Baby Phil vor der Langzeitbaustelle. © MSC

Zwei Tage nach der Schlüsselübergabe läuft der Eingangsbereich voll Wasser.

Das ungetrübte Glück dauerte nicht lange. Zwei Tage nach der Schlüsselübergabe lief der Eingangsbereich voll Wasser. Wie sich herausstellte, war anno dazumal im Badezimmer ein falsches Rohr in der Dusche verbaut worden. Das Wasser bahnte sich nun ungehindert aus der Dusche einen Weg in den Flur. Für das Ehepaar kam der Schaden einem Super-GAU gleich. Schließlich hatten die beiden über eine Million Euro für das Haus bezahlt. Aber es kam noch schlimmer. Das verbaute Rohrsystem wird in dieser Art nicht mehr produziert, weshalb geraten wurde, alle Rohre auszutauschen und das gesamte Bad zu renovieren.

Im Badezimmer der Deixlers geht seit vielen Monaten nichts voran.
Im Badezimmer der Deixlers geht seit vielen Monaten nichts voran. © MSC

Markt an Handwerkern leer gefegt

Doch der Markt an Handwerkern war zu diesem Zeitpunkt leer gefegt. Es dauerte lange, bis sich ein Handwerker fand. Auf einer Internetplattform stieß das Ehepaar auf den Mann aus dem Landkreis Freising. Man einigte sich darauf, dass das Badezimmer innerhalb von vier Wochen zu einem vereinbarten Fixpreis renoviert werden sollte. Es sollte nach Abschnitten verteilt Teilsummen bezahlt werden. Immer die Hälfte der Summe für Arbeiten, die anstanden, wurden angezahlt. Der Rest sollte nach Ausführung abgegolten werden. Allerdings gingen die Eigentümer bei der Ausstattung der Armaturen, der Badewanne, des Waschbecken et cetera in Vorleistung und warten darauf bis heute.

Mehrere Tausend Euro gezahlt

Dabei handelt es sich um mehrere Tausend Euro, die zu viel gezahlt wurden. Auch die erbrachte Qualität stimme nicht, was Gutachter bestätigt hätten. Deshalb müssen auch schon verbaute Teile wieder herausgerissen werden. Zunächst schien alles gutzugehen: Der Abriss des alten Bades erfolgte zeitnah, doch dann plötzlich war der Handwerker wochenlang nicht erreichbar. „Erst als wir drohten, einen Anwalt einzuschalten, meldete er sich plötzlich wieder.“

Krisengespräche

Die Arbeit ging schleppend voran. In Krisengesprächen versuchten die Ottobrunner, eine Lösung zu finden, und boten an, dass der Handwerker den Auftrag abgeben und das bezahlte Geld zurückzahlen solle. „Wir dachten zwischenzeitlich: ,Jetzt hat er verstanden und macht die Arbeit zu Ende.‘“ Immer wieder aufs Neue habe er Termine jedoch nicht eingehalten – mit immer neuen Entschuldigungen. Kerstin Deixler: „Inzwischen sind neun Monate vergangen, und wir leben immer noch ohne Badezimmer.“

Mit ihrem Neugeborenen müssen sie auf einer Baustelle leben

Das ist umso schlimmer, als mitten in der Misere etwas ganz Besonderes anstand: Im August kam ihr Sohn Phil auf die Welt. „Dass wir mit unserem Neugeborenen auf einer Baustelle leben müssen, hat den Herrn offenbar nicht interessiert.“ In dieser Hinsicht ist für Kerstin Deixler das Erlebnis auch menschlich eine Katastrophe. „Das Moralische stresst mich sehr. Wie man das nur mit seinem Gewissen vereinbaren kann. Ich war doch hochschwanger.“

Anwalt eingeschaltet

Mittlerweile ist der Anwalt eingeschaltet und hat eine Frist zur Beendigung sämtlicher Arbeiten gesetzt. Auf das Schreiben habe sich der Handwerker nicht gemeldet, die Frist ist abgelaufen. Deshalb geht die Familie davon aus, dass er auch weiterhin kein Werkzeug anfassen wird. Die nächsten Schritte können nun erfolgen. Zuerst muss der Vertrag aufgekündigt werden. Dann können die Arbeiten weiter vergeben werden. Ein Teil der vorgestreckten Summe wollen die Kläger vor Gericht erstreiten. Die Gerichte aber seien stark überlastet, weshalb der Anwalt der Familie mit einem langen Verfahren rechnet. Das könne sich mindestens über zwei Jahre hinziehen.

Zum Glück gibt es noch eine Dusche im Keller.

Zum Glück gibt es noch eine Dusche im Keller. Andernfalls könnten die Deixlers gar nicht im neuen Haus wohnen bleiben. Der kleine Phil ist jetzt fünf Monate alt und wird im Wohnzimmer in einer Babywanne gebadet. Die Unannehmlichkeiten, das Geld, das Warten: Der Ottobrunner Familie ist es ein Anliegen, andere Menschen vor einem ähnlichen Unglück zu warnen und aufzuzeigen, mit welchen Tricks gewisse Handwerker ihre Kunden hinhalten, um Geld zu bekommen, die Arbeit aber nicht umsetzen. „Wenn wir mit unserer Geschichte verhindern können, dass einer anderen jungen Familie ein ähnliches Schicksal blüht, wäre viel gewonnen.“

Hilfeaufruf

Professionelle Handwerker, die der jungen Familie helfen können, melden sich bitte in der Redaktion (marc.schreib@merkurtz.de). Es geht um die letzten Arbeiten. Das Bad ist halb gefliest (Fliesen müssen nicht mehr bestellt werden), außerdem fehlt die Endmontage der Sanitärinstallation: Waschbecken, Toilette, Dusche und Badewanne.

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