„Peinlich“: Ex-CIA-Mitarbeiter rechnet nach Taurus-Affäre mit deutschem Geheimdienst ab

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Der Taurus-Skandal lenkt die Aufmerksamkeit auf die Sicherheitslücken. Ein Ex-CIA-Analyst fordert deswegen mehr Zusammenarbeit der westlichen Geheimdienste.

Berlin – Die russische Veröffentlichung eines Mitschnitts deutscher Luftwaffen-Offiziere hat die Bundeswehr erschüttert und in Berlin für Entsetzen gesorgt. Die zentrale Frage: Deutschlands Sicherheitslücken. Auch aus dem Ausland kommen ernüchternde Einschätzungen. Ein ehemaliger CIA-Agent spricht von einer Überheblichkeit des Bundesnachrichtendienstes – trotz Abhörskandalen.

„Peinlich“: Ex-CIA-Spion kritisiert Sicherheitsbedenken der Bundeswehr und Geheimdienste

In Deutschland und besonders der Bundeswehr zeige „sich ein Mangel an Sicherheitsbedenken, der ausgesprochen peinlich und extrem unprofessionell ist“, erklärte der US-Geheimdienstexperte John Sipher Focus Online. Er war 28 Jahre lang für die CIA tätig, unter anderem für die Spionageabwehr. „Deutschen Sicherheitsbehörden müsste doch eigentlich klar sein, dass der russische Geheimdienst ein großes Interesse an Deutschland hat“, fügte Sipher hinzu.

Für den Kreml sei Deutschland der wichtigste Spionageort. „Auf deutschem Boden spionieren die Russen nicht nur Deutschland aus, sondern auch die USA und andere demokratische, westliche Verbündete“, erklärte der Sicherheitsexperte. Dazu komme, dass sowohl „der deutsche Geheimdienst als auch die Regierung sehr arrogant in Bezug auf Putin und sein Regime ist. Sie hielten ihre Beziehungen zu ihm für etwas ganz Besonderes und meinten, sie würden Putin viel besser als andere verstehen.“ Es sei Zeit, die Bedrohung aus Russland ernst zu nehmen.

Deutscher Geheimdienst
Ehemaliger CIA-Analyst fordert mehr Zusammenarbeit westlicher Geheimdienste, um russische Spionage zu verhindern. © picture alliance/dpa | Christophe Gateau

„Leicht abhören“: Bundeswehr muss Kommunikationssicherheit prüfen

Hintergrund der Kritik ist ein brisantes Gespräch von Luftwaffenoffizieren über mögliche Lieferungen von Taurus-Marschflugkörpern im Ukraine-Krieg. Zuvor hatte Bundeskanzler Olaf Scholz einer solchen Lieferung an die Ukraine eine Absage erteilt. Die Kommunikation der Offiziere soll nicht über speziell gesicherte Kanäle geführt worden sein – sondern über die Plattform WebEx. „Solche Telefonate können nicht nur die Russen, sondern das kann nahezu jeder andere auch ganz leicht abhören“, so Sipher.

Videotelefonie anzuwenden sei zu leichtfertig, meinen auch andere Experten. „Der Vorfall sollte Anlass sein, in der Bundeswehr die eigene Kommunikationssicherheit zu prüfen und hochzufahren“, sagte Cybersicherheitsexperte Thomas Rid dem Spiegel. Zugleich sei die Bundeswehr kein Einzelfall, es betreffe auch die Mitarbeiter von Behörden, Nachrichtendiensten und Streitkräften.

„Informationskrieg“: Russland verfolgt eigene Einschüchterungsstrategie

Erste Einschätzungen sehen eine Strategie hinter der Veröffentlichung des Gesprächs durch Russland. „Ich denke, die Veröffentlichung ist ein klarer Einschüchterungsversuch der Russen. Putin hofft, dass die Regierung nun Angst hat, die Taurus-Raketen zu liefern“, erklärte Sipher. „Es ist ein klarer Manipulationsversuch.“

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) wertete den Vorfall als „hybriden Angriff zur Desinformation“. „Es ist Teil eines Informationskriegs, den Putin führt“, sagte der SPD-Politiker am Sonntag in Berlin mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Pistorius sicherte zu, nach der Prüfung des Vorfalls zügig die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen. 

„Potenzial“: Ex-CIA-Mitarbeiter wünscht sich mehr Kooperation

Ex-CIA-Analyst Sipher wünscht sich mehr Zusammenarbeit, um sich gemeinsam gegen russische Spionage zu stellen. „Das Potenzial der deutschen Nachrichtendienste als Zentralfiguren im Westen ist enorm“, erklärte er. Das Problem sei jedoch, dass der deutsche Geheimdienst lieber belehrt, als anderen zuzuhören. Er fügte hinzu: „Sie sind immer noch nicht wirklich dazu bereit, mit anderen demokratischen Geheimdiensten zu kooperieren.“ (dpa/hk)

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