„Popanz aufgebaut“: Kanzler-Vertrauter zu Briten-Soldaten in der Ukraine

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Rolf Mützenich verteidigt Bundeskanzler Olaf Scholz im Taurus-Abhörskandal. Der SPD-Fraktionschef betont sensible Informationen zu Nato-Partner Großbritannien.

Köln - Ob Deutschland der Ukraine den Taurus-Marschflugkörper liefert und das Nein von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in dieser Frage schlägt neben dem Abhörskandal durch Russland bei der Bundeswehr weiter hohe Wellen.

Olaf Scholz: Bundeskanzler verriet wohl geheime Informationen zum Ukraine-Krieg

Damit nicht genug: Der Kanzler hatte am Montag (26. Februar) in Berlin womöglich öffentlich verraten, dass sich britische Soldaten in der Ukraine befinden könnten, um die ukrainischen Streitkräfte beim Einsatz mit Storm-Shadow-Marschflugkörpern zu unterstützen.

Politiker aus Großbritannien warfen Scholz daraufhin Verrat von geheimen Informationen vor. Der Chef der SPD-Fraktion im Bundestag, Rolf Mützenich, verteidigte den Kanzler nun. Und: Der Scholz-Vertraute bestätigte ebenfalls öffentlich in einem ZDF-Interview, „dass offensichtlich auch vielleicht britische Soldaten in der Ukraine für das dort gelieferte Waffensystem sind“. Der nächste Affront aus Berlin gegen London?

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich verteidigte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Sendung „Berlin direkt“ im ZDF.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich verteidigte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Sendung „Berlin direkt“ im ZDF. © Screenshot ZDF Mediathek

Nach Äußerung von Olaf Scholz: Deutliche Kritik aus Großbritannien

„Es ist eine sehr weitreichende Waffe. Und das, was an Zielsteuerung und an Begleitung der Zielsteuerung vonseiten der Briten und Franzosen gemacht wird, kann in Deutschland nicht gemacht werden. Das weiß auch jeder, der sich mit diesem System auseinandergesetzt hat“, hatte Scholz am vergangenen Montag gesagt.

„Dies ist ein eklatanter Missbrauch von Geheimdienstinformationen, der absichtlich dazu dient, von Deutschlands Zögern abzulenken, die Ukraine mit einem eigenen Langstrecken-Raketensystem zu bewaffnen“, meinte daraufhin etwa Tobias Ellwood, der frühere Vorsitzende des britischen Verteidigungsausschusses, im Telegraph.

Wir wissen doch seit Monaten, auch aus Veröffentlichungen aus britischen Medien, dass offensichtlich auch vielleicht britische Soldaten in der Ukraine für das dort gelieferte Waffensystem sind.

Nach Olaf Scholz: Auch Rolf Mützenich spricht von Briten-Soldaten in der Ukraine

Mützenich meinte am Sonntag (3. März) in der Sendung „Berlin direkt“ dazu: „Das ist doch eine pure deutsche Diskussion. Wir wissen doch seit Monaten, auch aus Veröffentlichungen aus britischen Medien, dass offensichtlich auch vielleicht britische Soldaten in der Ukraine für das dort gelieferte Waffensystem sind.“ Scholz habe zum Ukraine-Krieg etwas aufgegriffen, „was schon längst bekannt ist. Da wird mittlerweile auch ein Popanz aufgebaut“. Man solle „nicht einfach irgendwas aufscheuchen, was schon längst in der Öffentlichkeit bekannt ist“, sagte der SPD-Politiker.

Die ukrainischen Streitkräfte setzen seit Monaten die britischen Storm-Shadow-Marschflugkörper und die französischen Scalp-Marschflugkörper sehr effizient vor allem gegen russische Ziele auf der völkerrechtswidrig annektierten Krim ein. Experten spekulieren seit Längerem, ob mit dem Taurus die symbolträchtige Krim-Brücke von Kreml-Autokrat Wladimir Putin angegriffen werden könnte.

Schwerer Luft-Boden-Marschflugkörper: der „Taurus“. (Archivfoto)
Schwerer Luft-Boden-Marschflugkörper: der „Taurus“. (Archivfoto) © IMAGO/Sven Eckelkamp

Olaf Scholz: Bundeskanzler lehnt Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern ab

Der Bundeskanzler habe mit seinem Nein zu einer Lieferung des Taurus „eine klare Haltung geäußert“ und er habe „gute Gründe, zu dieser Entscheidung zu kommen“, meinte Mützenich. Scholz hatte behauptet, dass es für die Zielsteuerung die Hilfe von Bundeswehr-Soldaten brauche, und er hatte für seine Argumentation den Vergleich zu den britischen und französischen Soldaten gezogen. Weder London noch Paris hatten jedoch bestätigt, dass sie Soldaten in der Ukraine stationiert haben, um den ukrainischen Streitkräften beim Einsatz mit den Storm Shadows und den Scalp zu helfen.

Mützenich bekräftigte im ZDF die Argumentation des Kanzlers und erklärte, „dass Bundeswehr-Soldaten, wenn sie in einen militärischen Konflikt verwickelt sein könnten“ vom Deutschen Bundestag ein Mandat ausgesprochen werden müsste. Der 64-jährige Rheinländer bemühte ferner einen Seitenhieb in Richtung London und Paris: „Im Gegensatz zu Großbritannien und Frankreich haben wir auch andere Institutionen, nämlich das Parlament , das von den Wählerinnen und Wählern legitimiert ist, um in solchen sensiblen sicherheitspolitischen Fragen mitentscheiden zu können.“ (pm)

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