„Das Geld sitzt nicht mehr so locker“: Gastwirte am Tegernsee beobachten Entwicklung
Die Gastronomen am Tegernsee machen unterschiedliche Erfahrungen mit der Anhebung der Mehrwertsteuer. Beim Konsumverhalten der Gäste wird unisono eine Veränderung festgestellt.
Tegernseer Tal – Der Berggasthof Neureuth überm Tegernsee lebt von Wanderern. Wenn aber – wie vergangene Woche – die Lokführer streiken und Protestfahrten um den See den Ausflugsverkehr beeinträchtigen, die Anreise zeitraubend ist, spürt dies auch Wirt Thomas Gigl. Bei Kaiserwetter war seine Sonnenterrasse kaum besetzt. „Der Umsatz war relativ schwach“, räumt Gigl ein, die potenziellen Gäste seien verunsichert gewesen. Am Wochenende habe sich glücklicherweise wieder ein anderes Bild geboten. Die Ausflügler waren wieder da, der Umsatz stimmte. Dennoch will Gigl die Mehrwertsteuererhöhung um zwölf Prozent vorerst nicht auf seine Gäste umlegen. Er fährt nach eigenen Worten eine „Strategie des Beobachtens“.
Ausflug auf die Neureuth soll nicht zum Luxus werden
„Uns widerstrebt es einfach, wenn ein Ausflug auf die Neureuth mit der Familie zum Luxus wird“, sagt Gigl. Deshalb versucht er, über „geschicktes Einkaufsverhalten der Rohware die Verluste durch die höhere Mehrwertsteuer teilweise zu kompensieren“. Dass dies bei den Stammgästen ankommt, sieht Gigl an deren Reaktion. „Wir haben auffällig viele positive Rückmeldungen zur Beibehaltung der Preise bekommen“, freut sich der Gastronom. „Bei all den schwierigen Rahmenbedingungen tut so ein Feedback mehr als gut“.
Wirtin der Monialm hat die Preise angeglichen
Anders läuft es dagegen im Suttengebiet auf der Monialm. Sie ist auch mit dem Bus bequem erreichbar. „Dadurch haben wir sogar mehr Gäste“, sagt Wirtin Maximiliane Hellersberg, Denn es würden nicht mehr „so viele im Winter wandern, vor allem die ältere Generation, die Angst vor Stürzen auf den nicht geräumten Wanderwegen hat“, beobachtet Hellersberg. Sie hat die Preise wieder auf 19 Prozent Mehrwertsteuer angehoben, aber sie prozentual „mit den Rennern und Verlierern auf der Speisekarte ausgeglichen“.
Wirt Johannes Rabl stellt „viele Unsicherheiten“ bei Gästen fest
Ein verändertes Konsumverhalten der Gäste beobachtet Johannes Rabl, Betreiber des Lieberhofs und des Leeberghofs in Tegernsee. „Man teilt sich heute gerne einen Kaiserschmarrn zu zweit, bestellt nur zwei statt drei Gänge oder einen Schoppen statt einer Flasche Wein“, berichtet Rabl. „Das Geld sitzt nicht mehr so locker, jeder muss irgendwie aufpassen.“ Er habe aber das „Gefühl, dass die Gäste weiter ausgehen wollen und gutes Essen und freundlichen Service schätzen. Dennoch sieht der Gastronom „viele Unsicherheiten“. Die Bauern kämpften aktuell nicht alleine für die Agrardieselsubvention, es gehe schon lange um die „Herausforderungen der breiten Gesellschaft“. Rabl spricht sich daher für die „Unterstützung der friedlich Demonstrierenden“ aus.
Großes Protest-Banner am Voitlhof soll aufmerksam machen
Als Wirt steht Josef Wolfgang Bogner aktiv hinter den Protesten. Dies zeigt nicht nur ein drastisches Banner an seinem Voitlhof in Rottach-Egern, Bogner war auch bei der Demo am 8. Januar dabei. Die Berliner Ampelregierung sei „unser Untergang“: „Danke für die versprochenen sieben Prozent“, frotzelt Bogner sarkastisch. Sein optischer Widerstand rege „zu Fragen und Diskussionen an“, sagt Bogner. Tatsache sei, dass die Löhne der Mitarbeiter sowie die Preise für Energie und Lebensmittel gestiegen seien. In der Nebensaison werde sich laut Bogner jetzt zeigen, „was von der Diskussion um die Mehrwertsteueranhebung geblieben ist“. Noch habe er die zwölf Prozent nicht auf die Preise aufgeschlagen. Aber wenn nach den ersten Monatsabrechnungen eine Erhöhung unumgänglich sei, stelle sich für Bogner die Frage, „ob sich das Ganze noch trägt“. Denn wenn der Schweinsbraten mehr als 20 Euro koste, „sagen die Leute, jetzt hat er einen totalen Schuss“. Daher wolle er, wenn die Zahlen auf dem Tisch liegen, im März abwägen, wohin die Reise geht.
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kw