Last-Minute-Gespräche der EU mit China ergaben keine Einigung. Deshalb treten die Brüsseler Sonderzölle für die Importe chinesischer Elektroautos nun wie geplant in Kraft.
Bis zum Schluss haben Brüssel und Peking über die Sonderzölle auf Einfuhren chinesischer Elektroautos verhandelt. Es waren Last-Minute-Gespräche zwischen der EU-Generaldirektion für Handel und dem chinesischen Handelsministerium, die überhaupt erst vor wenigen Tagen zustande gekommen waren. Doch am Ende gab es keine Einigung. Und so treten die – von vielen deutschen Firmen inklusive der Autoindustrie abgelehnten – EU-Strafzölle am Freitagmorgen in Kraft, wie die EU-Kommission am Donnerstag in ihrem Amtsblatt mitteilte.
Brüssel geht auf Basis einer Untersuchung bei chinesischen Elektroauto-Firmen davon aus, dass sie von der Regierung in Peking übermäßig hohe Subventionen erhalten. Damit verstoße China gegen die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO). Auf EU-Forderungen nach einer Änderung der Subventionspolitik sind die Vertreter aus Peking in den vergangenen Tagen anscheinend nicht eingegangen.
Elektroautos aus China: Wachsender Marktanteil in Europa
Der bisherige Zollsatz von zehn Prozent auf Elektroautos aus der Volksrepublik wird nun deutlich steigen. Für den E-Marktführer BYD – erst im Januar zum Mobilitätspartner der Uefa für die Fußball-EM der Männer ernannt – beträgt der Aufschlag laut EU-Kommission 17,4 Prozent, für die Volvo-Konzernmutter Geely 20 Prozent und für den Staatskonzern und VW-Partner Shanghai Automotive (SAIC) sogar 38,1 Prozent. Für alle anderen Autobauer, die mit der EU-Untersuchung kooperiert haben, gilt ein Aufschlag von 21 Prozent, berechnet auf Basis der durchschnittlichen Subventionen. Für jene Unternehmen, die eine Kooperation verweigert haben, werden die maximalen 38,1 Prozent fällig. Die Sonderzölle gelten auch für internationale Unternehmen wie Tesla oder BMW, die Produktionen nach China verlagert haben und von dort aus in die Welt exportieren.
Noch ist der Marktanteil chinesischer Elektroautos in Europa gering, doch er steigt schnell. Im vierten Quartal 2023 lag er nach Angaben des Analyseunternehmens Jato Dynamics bei 7,8 Prozent. Marken wie BYD dürften aber durch die Strafzölle nicht vom europäischen Markt verschwinden. „Selbst mit einem Zollsatz von 30 Prozent würden viele chinesische E-Modelle immer noch einen hohen Gewinnaufschlag in der EU erzielen“, heißt es in einer Studie der Beratungsfirma AlixPartners. Die EU-Strafzölle könnten die Importe aus der Volksrepublik zwar „kurzfristig verlangsamen“. Doch „sie werden zugleich die lokale Fertigung chinesischer Fahrzeuge und Komponenten in Europa beschleunigen“, wie AlixPartners-Branchenexperte Fabian Piontek sagt.
Sonderzölle auf Elektroautos: Endgültige Entscheidung im November
Davon profitiert nach einer Studie der Denkfabrik Rhodium Group aktuell vor allem Ungarn, wo BYD derzeit ein Werk für Elektroautos baut. Knapp drei Milliarden Euro an Investitionen flossen demnach 2023 in das von dem China-Freund Viktor Orbán regierte Land. Auf Rang zwei der Investitionen lag Frankreich, vor Deutschland auf Platz drei.
Die Strafzölle treten nun erst einmal provisorisch in Kraft; spätestens am 4. November muss die EU-Kommission final darüber entscheiden. Bis dahin müssen die Importeure von Elektroautos zunächst nur eine Bankgarantie abgeben. China hat aber bereits Vergeltung angekündigt. Unter anderem leitete Peking eine Anti-Dumping-Untersuchung gegen Schweinefleischexporte der EU ein, auch Strafzölle auf Verbrennerautos mit großem Hubraum ab 2,5 Liter sind im Gespräch. Diese würden vor allem deutsche Premiumhersteller wie Mercedes, BMW und Audi treffen.
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Verhandlungen über Elektroauto-Importe gehen weiter
Peking dürfte zudem versuchen, parallel zu den Gesprächen mit Brüssel auch die Positionen der EU-Staaten zu beeinflussen. Einige Länder wie Irland, Tschechien oder Polen schwanken, wie eine Befragung von Reuters ergab. Ungarn, das seit Juli die EU-Ratspräsidentschaft innehat, ist gegen die Zölle. Und auch in Deutschland haben sich Politik und Wirtschaftsverbände gegen Strafzölle positioniert. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte sich wiederholt dagegen ausgesprochen, und auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte sich bei seiner China-Reise Ende Juni um eine Entschärfung des Konflikts bemüht und damit zum Zustandekommen der letztlich gescheiterten Last Minute-Gespräche beigetragen.
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) warnte mehrfach vor einem eskalierenden Handelskonflikt, der insbesondere deutsche Autobauer treffen würde. Diese sind in China deutlich aktiver als die Konzerne anderer EU-Länder. Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer befürchtet zudem schwere Folgen für deutsche Verbraucher und die Antriebswende, wenn E-Autos noch teurer würden.