Xi Jinping in Ungarn: Besuch bei Europas größtem China-Freund

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In Ungarn beendet Xi Jinping seine Europa-Reise, von Viktor Orbán gibt es warme Worte für Chinas Staatschef. Doch anderswo in Osteuropa blickt man kritisch auf Peking.

Frankreich, Serbien, Ungarn: Für Xi Jinping war es ein erfolgreicher Kurztrip durch Europa. Anfang der Woche begrüßte der französische Präsident Emmanuel Macron seinen chinesischen Amtskollegen mit militärischen Ehren und einem opulenten Staatsdinner im Élysée-Palast, ein paar Tage später, in Belgrad, nahm ihn eine riesige Menschenmenge in Empfang, in den Händen rot-gelbe China-Fahnen und im Herzen offenbar sehr viel Peking-Liebe. China sei eine „Inspiration“ für sein kleines Land, jubelte Serbiens Präsident Aleksandar Vučić.

Den Höhepunkt seines knapp einwöchigen Europa-Hoppings hob sich Xi für den Schluss auf, und er sollte nicht enttäuscht werden: Am Donnerstag kam er in Budapest mit Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orbán zusammen, dem wohl größten China-Fan innerhalb der EU.

„Die Beziehungen zwischen China und Ungarn sind so gut wie nie zuvor in der Geschichte“, erklärte Xi seinem Gastgeber und ließ mehr als ein Dutzend Abkommen zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit unterzeichnen. Schon jetzt sind die Chinesen stark vertreten in Ungarn, im Osten des Landes begannen im vergangenen Jahr die Arbeiten an einer Fabrik des chinesischen Batterieriesen CATL, und auch der Autobauer BYD investiert viele Milliarden in ein neues Werk in Ungarns drittgrößter Stadt Szeged. Zudem baut China eine neue Eisenbahnverbindung zwischen Budapest und Belgrad. 2023 erhielt Ungarn mehr chinesische Direktinvestitionen als jedes andere Land in Europa, laut einer Analyse des American Enterprise Institute flossen 4,3 Milliarden US-Dollar in das Land.

Viktor Orbán empfängt Xi Jinping am Mittwochabend in Budapest.
Viktor Orbán persönlich empfing Xi Jinping am Mittwochabend in Budapest. © Vivien Cher Benko/AFP

Ungarn soll innerhalb der EU für China werben

Wie zum Dank erklärte die Regierung in Budapest in bestem Propagandasprech, sie wünsche „dem chinesischen Volk, dass es unter der Führung der Kommunistischen Partei Chinas in jeder Hinsicht ein starkes sozialistisches modernes Land aufbaut“. Zur Feier des 75. Jahrestags der Aufnahme diplomatischer Beziehungen vereinbarten beide Regierungen zudem eine „umfassende strategische Partnerschaft“.

Dass er sich ein paar Tage zuvor noch von Ursula von der Leyen eine Standpauke anhören musste zu den Überkapazitäten, mit denen Chinas staatlich gepäppelte Autobauer angeblich den europäischen Markt überfluten, dürfte Xi Jinping da längst vergessen haben. Zumal die EU-Kommissionspräsidentin aus chinesischer Sicht ohnehin eher zur zweiten Garde gehört. Wichtiger sind für Xi Freunde wie Viktor Orbán. Im Juli übernimmt Ungarn die rotierende Präsidentschaft des Rats der Europäischen Union, für Xi die perfekte Gelegenheit, gut Wetter zu machen innerhalb der EU. Er hoffe, sagte Xi nun in Budapest, dass Ungarn dann „eine aktive Rolle bei der Förderung einer gesunden und stabilen Entwicklung der Beziehungen zwischen China und der EU spielen wird“.

Osteuropa geht auf Abstand zu China – nur Ungarn hält Peking die Treue

Es ist tatsächlich noch gar nicht so lange her, da hatte Xi Jinping viele Freunde in Europa. Doch vor allem in den östlichen Mitgliedsstaaten hat sich der Wind längst gedreht, geblieben ist ihm vor allem Ungarn. Litauen und Tschechien etwa haben sich zum Ärger von Peking Taiwan angenähert, der demokratischen Inselrepublik, die Xi seiner Volksrepublik angliedern will. In Osteuropa blickt man mit zunehmendem Befremden auf ein China, das Wladimir Putin die Treue hält und Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine mit Drohnen, gepanzerten Fahrzeugen und anderen sogenannten Dual-use-Gütern unterstützt. Mitte kommender Woche wird Xi, einmal mehr, Putin in Peking hofieren.

Für Orbán ist all das kein Problem, auch er unterhält beste Beziehungen zum Kreml. Außerdem ist Ungarn, als erstes und mittlerweile einziges Land der EU, Mitglied von Chinas globaler Infrastrukturinitiative Neue Seidenstraße, von der Kritiker sagen, sie diene Peking auch geopolitischen Zwecken. Im Februar unterzeichneten Ungarn und China zudem einen Sicherheitspakt, der Pekings Einfluss in dem Land noch stärken dürfte. Ungarn gilt vielen deshalb als Chinas Einfallstor in die EU. Von De-risking, also einer Minderung der China-Abhängigkeit, wie sie in fast allen Hauptstädten der EU diskutiert wird, will in Ungarns Regierung jedenfalls niemand etwas wissen.

EU uneins über Umgang mit China

Dabei macht sich Peking zunutze, dass die EU uneins ist, wie sie einem erstarkten China begegnen sollen. Zwar ist die Skepsis gewachsen – siehe Osteuropa, aber auch zum Beispiel Italien, das vor ein paar Monate die Seidenstraßen-Initiative verlassen hat. Wie das neue Verhältnis zur Volksrepublik aussehen soll, ist aber umstritten. Nicht einmal Frankreich und Deutschland schaffen es, sich auf eine gemeinsame China-Politik zu verständigen. Aktuelles Beispiel sind die Untersuchungen der EU gegen chinesische Autohersteller der von-der-Leyen-Kommission, die in Strafzölle münden könnten. Paris unterstützt den Vorstoß, Berlin hingegen ist skeptisch, aus Angst um seine eigenen Autobauer, die für den heimischen Markt teils in China produzieren lassen.

Die Ironie dabei: Sollten sich Macron und von der Leyen durchsetzen, könnte ausgerechnet Ungarn profitieren. Denn auf China-Autos, die in der EU produziert werden, fallen naturgemäß keine Strafzölle an. Weitere chinesische Investitionen könnten also folgen, nach BYD dürfte auch der Autobauer Great Wall Motors in Ungarn ein Werk hochziehen. Möglicherweise übrigens mit Subventionsmillionen aus einem Fördertopf der EU.

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