Xi Jinping in Frankreich: Nach Putins Atomdrohungen macht Europa Druck auf China

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Zum Auftakt seines Europa-Besuchs muss sich Xi Jinping in Frankreich viele Vorwürfe anhören. Vor allem Ursula von der Leyen nimmt Chinas Staatspräsidenten in die Pflicht.

Xi Jinpings Europa-Besuch begann mit Bildern, wie sie Chinas Staatsmedien lieben. Am Sonntagnachmittag landete der chinesische Staatspräsident am Pariser Flughafen Orly, anschließend ließ er sich in einer schwarzen Limousine ins Zentrum der französischen Hauptstadt fahren, vorbei an Hunderten Chinesen, die große rote China-Flaggen schwenkten und auch ein paar kleine französische. Die Menschen hätten sich „spontan“ am Straßenrand versammelt, um Xi Jinping ein „herzliches Willkommen“ zu bereiten, berichtete der Staatssender CCTV. Gut 24 Stunden später dann wurde Xi von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit militärischen Ehren und all dem Pomp, den die Grande Nation zu bieten hat, am prächtigen Hôtel des Invalides empfangen.

Es ist Xi Jinpings dritter Staatsbesuch in Frankreich und – abgesehen von einem Treffen mit Wladimir Putin in Moskau vor gut einem Jahr – seine erste Europa-Reise seit fünf Jahren. 26 Monate nach Kriegsbeginn stand in Paris nun Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ganz oben auf der Agenda. „Die internationale Situation, das ist ganz klar, erfordert mehr denn je diesen europäisch-chinesischen Dialog“, erklärte Macron am Montagvormittag seinem chinesischen Gast bei einem Dreiergipfel im Élysée-Palast, an dem auch Ursula von der Leyen teilnahm. Die EU-Kommissionspräsidentin forderte, China müsse „seinen ganzen Einfluss auf Russland nutzen, um Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine zu beenden“. Dazu gehöre auch, „die Lieferung von Dual-use-Gütern an Russland einzudämmen, die ihren Weg auf das Schlachtfeld finden“. Gemeint sind Güter, die sowohl zu zivilen als auch zu militärischen Zwecken verwendet werden können, etwa gepanzerte Fahrzeuge oder Drohnen.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (rechts) empfängt Xi Jinping mit militärischen Ehren.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (rechts) empfing Xi Jinping mit militärischen Ehren. © Yoan Valat/AFP

China hält im Ukraine-Krieg weiter zu Russland

Xi habe eine wichtige Rolle gespielt, „Russlands unverantwortliche Atomdrohungen zu deeskalieren“, sagte die Kommissionspräsidentin. „Ich bin zuversichtlich, dass Präsident Xi dies weiterhin tun wird, vor dem Hintergrund der anhaltenden Atomdrohungen.“ Am Montagvormittag hatte Putin Atomwaffenübungen unter Beteiligung der Luftwaffe, der Marine und von nahe der Ukraine stationierten Soldaten angeordnet. Xi selbst erging sich in Paris in Allgemeinplätzen. „Wir sollten uns gemeinsam gegen ein Übergreifen und eine Eskalation des Krieges wehren und gemeinsam die Voraussetzungen für Friedensgespräche schaffen“, sagte er etwa – ohne allerdings konkrete Schritte anzukündigen.

Von seiner Partnerschaft mit Wladimir Putin scheint Xi so schnell jedenfalls nicht abzurücken. Bei seinem Peking-Besuch Mitte April hatte sich auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz eine Abfuhr von Xi geholt, als er die Chinesen dazu drängte, an einem für Juni geplanten Friedensgipfel in der Schweiz teilzunehmen. „Wir werden nicht dabei sein, wenn Russland nicht kommt“, erklärte nun auch Chinas Botschafter in Frankreich, Lu Shaye, im Vorfeld von Xis Frankreich-Besuch.

Während es Gemeinsamkeiten zwischen Frankreich und EU auf der einen und China auf der anderen Seite vor allem bei den Themen Klimaschutz und dem Erhalt der Biodiversität gibt, taten sich anderswo einmal mehr tiefe Gräben auf. So warf von der Leyen den Chinesen unfaire Handelspraktiken vor; beim Treffen mit Xi sprach sie von einem „unerträglichen Ungleichgewicht“ zwischen China und der EU. Sie nannte als Beispiele „Überkapazitäten, die vom Staat generiert werden, ungleichen Marktzugang und exzessive Abhängigkeiten, die ein Risiko darstellen für unsere wirtschaftliche Sicherheit“. Von der Leyen wirft China seit Längerem vor, den europäischen Markt mit subventionierten E-Autos, Windturbinen und Solarmodulen zu fluten. Vor wenigen Monaten leitete die EU Untersuchungen gegen chinesische Autobauer ein, die in Strafzöllen münden könnten.

Europa sorgt sich wegen Handelsdefizit mit China

Sorgen bereitet der EU auch das große Handelsdefizit mit China, das im vergangenen Jahr bei 291 Milliarden Euro lag; alleine Frankreich verzeichnete ein Defizit von 40 Milliarden Euro. Emmanuel Macron will deshalb, dass die Chinesen ihren Markt für Fleisch und Milchprodukte aus Frankreich öffnen. Beim Treffen mit Xi forderte er nun „gleiche Regeln für alle“. Der wies in Paris die Vorwürfe der EU zurück. „Es gibt kein ‚Überkapazitätsproblem Chinas‘“, so Xi. Vielmehr würden Chinas Exporte „den globalen Inflationsdruck abmildern“ und „einen großen Beitrag zur globalen Antwort auf den Klimawandel und die grüne Transformation leisten“.

Für den späten Abend war ein Staatsbankett im Élysée-Palast geplant, bei dem, so munkelte man im Vorfeld in Paris, auch französischer Cognac serviert werden soll. Es wäre ein wenig subtiler Fingerzeig in Richtung Xi, denn im Januar hatte Peking eine Anti-Dumping-Untersuchung gegen europäische Branntweine und Cognacs eingeleitet, von denen 96 Prozent aus Frankreich kommen. Die Maßnahme gilt als Pekings Antwort auf die Brüsseler E-Auto-Untersuchung.

Am Dienstag werden Macron und Xi dann zusammen mit ihren Ehefrauen in die Pyrenäen reisen. Auf einem Gebirgspass, in dessen Nähe Macrons Großmutter einst gelebt hat, soll ein „Rahmen für einen offenen und freundschaftlichen Austausch“ geschaffen werden, wie es im Vorfeld hieß. Am Abend wird Xi nach Belgrad weiterreisen, Mitte der Woche wird er in Budapest erwartet. Es dürften deutlich freundlichere Gespräche werden als in Paris. Denn Serbiens Präsident Aleksandar Vučić und Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán sind nicht nur erklärte Russland-Freunde, sondern auch zwei der engsten Verbündeten, die China in Europa hat.

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